Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt

Impuls zum Fest Taufe des Herrn, Lesejahr C – 10. Januar 2016

Msgr. Dr. Peter von Steonitz, 8. Januar 2016, Zenit.org

Wie schon in der Adventszeit steht heute die mächtige Gestalt des hl. Johannes des Täufers vor unseren Augen. Er ist damit befasst, sehr viele Menschen im Jordan zu taufen. Diese Taufe ist kein Sakrament, dafür ist aber der Aspekt der Busse und Umkehr umso deutlicher zu erkennen.

Auch Jesus kommt zu ihm, um sich taufen zu lassen. Busse und Umkehr hat er nicht nötig, aber er will zeigen, dass er das Tun des Johannes gutheisst und unterstützt. Er widerspricht ihm nicht, wenn dieser die Leute “Schlangenbrut” nennt, wenn er Früchte verlangt, die die Umkehr zeigen, ja wenn Johannes sogar sagt: “Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen” (Lk 3,8-9).

Wenn Jesus später das Reich Gottes verkündet, wird auch er auf Umkehr und Erneuerung des Lebens bestehen. Sein Predigtstil ist aber anders. Seine Rede ist barmherzig und voller Güte, besonders im Umgang mit den Sündern. Allerdings nicht mit allen geht er so um.  Gegenüber den Pharisäern und Schriftgelehrten schlägt er einen ganz anderen Ton an. Wenn er sie Natterngezücht oder gar übertünchte Gräber nennt, denken wir unwillkürlich, er hat sich über sie geärgert und will sie auf diese Weise abstrafen.

Aber nein! Er will, dass alle Menschen gerettet werden und eben auch die Heuchler und Pharisäer. Da sie um ihr Herz eine dicke Kruste gelegt haben, muss er diese aufbrechen. Das tut er, indem er sie beschimpft und auf diese Weise wach rüttelt, weil sie seine sanfte Rede gar nicht ernst nehmen würden.

Diese Haltung, die bei Jesus gelegentlich, bei Johannes aber durchweg zu erkennen ist, kommt einem gerade jetzt, im Jahr der Barmherzigkeit in den Sinn. Denn diese vom Papst ausgerufene Gnadenzeit soll ja nicht nur den ohnehin reuigen Sündern den Weg zur Erneuerung öffnen, vielmehr sollen sich auch diejenigen angesprochen fühlen, die noch gar nicht auf dem Weg der Umkehr sind. Und das sind heute die meisten.

In diesen ohnehin dramatischen Tagen des soeben begonnenen Jahres jährt sich ein brutaler islamistischer Terroranschlag, der einer Satirezeitschrift namens “Charlie Hebdo“ in Paris galt und Angst und Schrecken verbreitet hat. Unwillkürlich haben damals alle Sympathien den Angegriffenen gegolten. Natürlich mit Recht. Erst später stellte sich heraus, dass die Verfasser von blasphemischen Angriffen auf die religiösen Gefühle der Muslime wie der Christen gerade nicht als Vertreter des freiheitlichen Rechtsstaates geeignet sind.

Nicht zu Unrecht haben sich viele Menschen in Frankreich und überall auf der Welt gefragt, ob diese Leute wirklich die Werte vertreten, für die der Westen eintritt, und die anzugreifen den Islamisten verwehrt werden muss.

In dem seither verstrichenen Jahr hat man in der Öffentlichkeit vergeblich nach etwas besseren “Werten“ Ausschau gehalten, für die wir eintreten. Das äusserste zu schützende Gut wäre die Freiheit, aber auch da nur die Freiheit, sich zu amüsieren und möglichst ungehindert Karneval feiern zu können.

Es wäre gar nicht schlecht, sich einmal vorzustellen, was der Täufer Johannes zu einer solchen geistigen Gemengelage gesagt hätte. Wenn in diesen Tagen eine Karikatur mit einer Millionenauflage unter die Leute gebracht wird, die Gott als Terroristen beschimpft, und obendrein diesen Leuten öffentlich Beifall gezollt wird, dann kann man sich um die Zukunft des offensichtlich nicht mehr christlichen Europa ernsthafte Sorgen machen.

Ein strafender Gott? Nein, die Menschen werden sich selber strafen, denn solche Dinge bringen Hass hervor. Zusätzlich zu dem schon seit langem aufgestauten Hass.

Gottes Barmherzigkeit möchte auch diese im Kopf ziemlich kranken Karikaturisten an sich ziehen, aber er scheitert, wie so oft, an der von ihm so sehr respektierten Freiheit der Menschen.

Am Jordan steht mitten unter den auch damals nicht gerade vorbildlichen Menschen plötzlich einer, der da gar nicht hinzupassen scheint. Die reine Lichtgestalt des Erlösers mischt sich unter die Betrüger, Ehebrecher und Intriganten. Johannes zögert mit Recht ihn zu taufen. Hat er nicht soeben eine scharfe Rede gegen Herodes gehalten, der sich die Frau seines Bruders genommen und geheiratet hatte? Aber Jesus sagt: “Lass es ruhig geschehen!“

Und obwohl er bescheiden und unauffällig auftritt, steht er plötzlich im Mittelpunkt eines übernatürlichen Geschehens: der Himmlische Vater bezeugt ihn als seinen Sohn, und der Hl. Geist kommt in Gestalt einer Taube auf ihn herab.

Da liegt die Lösung für alle Probleme, auch die unseren. Hass und Krieg, Lüge und Missgunst, alles Üble, zu dem wir Menschen fähig sind, löst sich auf, wenn wir es “ruhig geschehen lassen”, wenn wir uns reuevoll der Barmherzigkeit des Dreieinigen Gottes überlassen.

Msgr. Dr. Peter von Steinitz war bis 1980 als Architekt tätig; 1984 Priesterweihe durch den hl. Johannes Paul II.; 1987-2007 Pfarrer an St. Pantaleon, Köln; seit 2007 Seelsorger in Münster. Er ist Verfasser der katechetischen Romane: „Pantaleon der Arzt“, „Leo – Allah mahabba“ (auch als Hörbuch erhältlich) und „Katharina von Ägypten“.

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