Die Reise des Papstes in die “Stadt der Toten”
Der Papst wird Ende November nach Afrika reisen
Sein Ziel ist unter anderem am 29. und 30. November die Zentralafrikanische Republik, fast drei Jahre nachdem ein von Muslimen angeführter Aufstand das Land in einen Bürgerkrieg stürzte. Zwischenzeitlich waren die Spannungen und gewalttätigen Ausschreitungen so zahlreich, dass man an dem Papstbesuch zweifelte. Der Erzbischofs von Bangui, Dieudonné Nzapalainga, spricht angesichts der vielen Toten und Verletzten der vergangenen Monate von der Hauptstadt Bangui als einer “Stadt der Toten”, man habe den Eindruck, als würde man mitten im Krieg stehen. Doch die Erwartungen im Lande sind gross.
Vor Ort ist auch die aus Köln stammende Esther Kurz. Sie ist seit 30 Jahren für humanitäre Organisationen in Afrika im Einsatz und zurzeit Landesdirektorin des Jesuiten-Flüchtlingsdienstes in der Zentralafrikanischen Republik. Der Flüchtlingsdienst ist seit 2009 in der Zentralafrikanischen Republik tätig. Zurzeit sind insgesamt 20 Angestellte vor Ort. Schwerpunktmässig arbeiten sie in den Bereichen Bildung und Versöhnung. In einem Interview mit Radio Vatikan erzählt uns Esther Kurz über die Situation im Papstreiseland. Auf die Frage, ob sie diesen Eindruck der “Stadt der Toten“ teilt, sagt sie: “Das ist nicht ganz mein Eindruck, aber phasenweise ja. Wenn es zum Beispiel zu bestimmten kriegerischen Auseinandersetzungen in Bangui kommt, zwischen verfeindeten Gruppen, ob Moslem oder nicht Moslem, dann kann man schon zumindest für zwei, drei Tage den Eindruck gewinnen: da wird jetzt eine Säuberung durchgeführt. Aber global gesehen sehe ich es nicht so.“ In der Zentralafrikanischen Republik leben 4,6 Millionen Menschen. Rund ein Drittel davon sind Katholiken. Das Land ist reich an Bodenschätzen, wie Öl, Gold und Diamanten. Dennoch ist die politische und wirtschaftliche Lage sehr instabil. Seit 2014 sind neben den französischen Truppen auch Friedenstruppen der Vereinten Nationen vor Ort. Der Konflikt in den vergangenen Jahren habe sich von einem ethnischen auf einen religiösen verlagert, so Kurz:
“Dies ist ja ein richtig neues Phänomen. Früher waren es mehrere Konflikte zwischen ethnischen Gruppen und jetzt hat es sich verlagert auf die religiösen Gruppen, was aber für mich so auch eine aufgesetzte, eine künstliche Sache war und ist.“
In dem Konflikt stehen sich die mehrheitlich muslimisch geprägten Séléka-Milizen und die von Christen dominierten Anti-Balaka gegenüber. Beide Gruppen verübten schwere Menschenrechtsverletzungen und begingen Massaker an der Zivilbevölkerung. Die Spannung zwischen den Religionen konnte erst kürzlich eine Delegation erleben, die im Rahmen der Vorbereitungen der Papstreise die Moschee besuchten, die auch auf Franziskus‘ Besuchs-Programm steht. Dabei begegneten sie Anfeindungen. Die gegen die vatikanische Delegation gerichteten verbalen Drohungen seien kein Einzelfall, berichtet Esther Kurz:
“Dadurch, dass wir einen Kindergarten gegenüber der Moschee haben, erlebe ich diese Anfeindungen täglich. Aber ist das denn ein Grund, nicht da hinzugehen? Diese Anfeindungen, die kommen ja von den Gruppen, die eben nicht die moderaten Gruppen sind, sondern ich nenne sie “faschistische“ Gruppen, die den Anspruch haben, mich zu bedrohen. Aber ich denke nicht, dass das der Fall sein wird, wenn der Papst kommt, denn die Sicherheit ist ja auch ein Thema da. Man soll sich nicht unterkriegen lassen, von irgendwem, von einer Minderheit – das ist nämlich eine Minderheit in der muslimischen Bewegung, die so denken.“
Dass der Papst trotz der aktuellen Lage das Land besuchen wird, ist für viele ein Hoffnungszeichen. Gerade der geplante Besuch in der Moschee spielt in diesem Zusammenhang eine grosse Rolle:
“Also zunächst mal muss ich grossen Respekt davor zeigen, dass der Papst überhaupt den Mut hat, nach Zentralafrika zu kommen. Also ich finde es grossartig und ich finde auch, er ist der grosse Vermittler zwischen den verschiedenen Gruppen. Und er kann da Zeichen setzen. Ich finde das wahnsinnig gut, dass er diesen Mut hat und er wird bestimmt sehr sehr freundlich empfangen von den Muslimen. Weil es gibt ja sehr viele moderate Muslime. Es gibt natürlich auch Muslime, die faschistische und radikale Einstellungen haben, aber es gibt durchaus sehr viele Muslime, die den Besuch des Papstes ganz positiv sehen und ich persönlich auch.“
So berichtete auch der örtliche Imam Kobine Layama von zahlreichen Anrufen von Moslems, die auf den Besuch des Papstes warten.
rv 2015
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