Warnung vor “kirchlichem Mikroklima”

Papstpredigt: Warnung vor “kirchlichem Mikroklima”

Wenn Christen zwar Jesus nahe sein wollen, nicht aber den Armen und Vernachlässigten in der Welt, dann entsteht ein “kirchliches Mikroklima”, das nichts mit Kirche zu tun hat. Das sagte Papst Franziskus bei seiner Predigt während der Morgenmesse an diesem Montag. Die Versuchung, sich in einem solchen Mikroklima zu isolieren, begegne der Kirche in jeder Epoche der Geschichte.

Papst Franziskus legte das Tagesevangelium aus (Lk 18: 35-43), in dem Jesus vor Jericho einem Blinden begegnet. Hier zeige sich eine “Klassengesellschaft”, so der Papst: Der Blinde gelte nichts, aber er habe den Wunsch nach Rettung, nach Heilung. Deshalb schreie er laut gegen die Mauer der Gleichgültigkeit an, die ihn umgebe. Der Ring der Jünger um Jesus stehe ihm entgegen und wolle – unter dem Vorwand, Unruhe zu vermeiden – verhindern, dass Jesus mit der Peripherie in Kontakt kommt.

“Das passiert oft unter uns Gläubigen: Wenn wir den Herrn gefunden haben, dann bildet sich dieses kirchliche Mikroklima. Nicht nur unter Priestern und Bischöfen, sondern auch unter den Gläubigen: ‘Aber wir sind es doch, die beim Herrn sind’. Und über das viele auf Jesus schauen übersehen wir das, was Jesus will, wir sehen nicht den Hunger und den Durst des Herrn, wir sehen nicht, dass er im Gefängnis ist oder im Krankenhaus. Der Herr, der Vernachlässigte.”

Von der falschen Kirchlichkeit

Von dieser bitteren Ironie ging Papst Franziskus über zur Beschreibung einer Gruppe, die sich selbst als auserwählt betrachtet: ‘Wir Erwählten, die wir beim Herrn sind’. Diese kleine Welt wollten sie erhalten und alles fernhalten, was Unruhe bringen könnte, auch die Kinder. Diese Menschen hätten ihre ‘erste Liebe’ verlassen, so der Papst.

“Wenn in der Kirche die Gläubigen zu einer solchen Gruppe werden, einer Gruppe mit einer falschen Kirchlichkeit des Privilegs der Nähe zum Herrn, dann besteht für sie die Versuchung, ihre erste Liebe zu vergessen, diese Liebe, die wir alle gespürt haben, als uns der Herr das erste Mal gerufen hat, uns errettet hat und uns gesagt hat: ‘Ich will nur Gutes für dich’. Das ist die Versuchung der Jünger: Die erste Liebe vergessen, das heisst auch die Peripherie vergessen, wo ich vorher war, auch wenn ich mich dafür schämen muss.”

rv 17.11.2014 ord

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