Die Familiensynode ist in aller Munde

Worum es in der Bischofssynode Ehe und Familie eigentlich geht

Die sieben SakramenteSakrament
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Ganze Heere von Journalisten, die sonst das Wort Kommunion nur mühsam schreiben können, verfassen nun Artikel über die eigentlich sehr komplexe Sakramententheologie.

Von Peter Winnemöller

Geseke, kath.net/Blog katholon.de , 26. September 2014

Die Familiensynode ist in aller Munde. Jetzt muss es gelingen. Wiederverheiratete- Geschiedene müssen zur Kommunion zugelassen werden. Oder eben nicht. Dazu schreiben Autoren dicke Bücher. Es verfassen ganze Heere von Journalisten, die sonst das Wort Kommunion nur mühsam schreiben können, Artikel über die eigentlich sehr komplexe Sakramententheologie. Es mag nicht immer katholisch sein, was man dort liest, mit Verve geschrieben ist es in jedem Fall. Und natürlich weiss jeder, was kommen mussmussmuss.

Von Theologenkrieg ist die Rede. Dabei ist das nur ein ganz normaler Dialog, ein Meinungsstreit in einer pastoralen Frage, die natürlich lehrmässig untermauert werden muss.

Doch ist das wirklich ein Thema, mit solcher Massen- und Breitenwirkung? Wieviele Menschen in unseren Land interessieren sich wirklich dafür, ob jemand, der zum zweiten, dritten, vierten mal verheiratet ist, in der katholischen Kirche zur Kommunion gehen darf? Mir wäre nicht bekannt, dass Sonntag für Sonntag hehre Massen an wvh-gesch. Männern und Frauen frustriert, weil abgewiesen die Mittelgänge unserer Pfarrkirchen füllen. Der Papst hat erkannt und benannt, dass das Problem der Ehescheidung und die erneute zivile Heirat für die Kirche eine pastorale Herausforderung ist. Papst Franziskus ist ein sehr pastoraler Papst, der allerdings noch nie die Neigung gezeigt hat, die Lehre der Kirche ändern zu wollen.

Warum nun die Hoffnungen genährt werden, es könne sich eine Revolution in der Sakramentenlehre der Kirche anbahnen, erschliesst sich rational gar nicht.
Es muss etwas anderes dahinter stecken. Der Druck, der da jetzt aufgebaut medial aufgebaut wird, erinnert sehr an Torschlusspanik.
Um wirklich zu verstehen, vor welchem Hintergrund die immerneuenalten Reformszenarien aufgezogen werden, muss man gedanklich wohl bis Ende der 60er – Anfang der 70er zurück gehen.

Wer in der damaligen Zeit Theologie studierte, um Priester zu werden, ging (vermutlich nicht ganz zu unrecht, berücksichtigt man das gedankliche Klima der Zeit) davon aus, dass die Reformen des II. Vat. mal ganz locker so weiter gehen.
Es herrschte ja die These vor, der Papst (Johannes XXIII.) habe viel mehr gewollt, die Bischöfe seien ihm aber gar nicht gefolgt. Und einige Konzilsväter hätten deutlich mehr gewollt, sich aber gar nicht durchsetzen können. Das Konzil endete 1965 mit einem Wust bedruckten Papiers und einer unklaren Verbindlichkeit, weil es eben kein dogmatisches Konzil war und sein sollte.

Gesellschaftlich, hier mal nur Deutschland betrachtet, zeichneten sich einschneidende Veränderungen ab. Die politische Stimmung der 68er und die erste sozialliberale Koalition unter Willy Brandt peitschten die Stimmung im Land weiter auf. An den Universitäten tobte natürlich auch in der Theologie die Revolution.

Mir hat einmal ein Priester glaubhaft versichert, damals sei ein grosser Teil seiner Kollegen davon ausgegangen, dass es in 10 Jahren kein Zölibat und keine Kirchenspaltung mehr geben werde. Immerhin forderte selbst ein Prof. Ratzinger eine Überprüfung des Zölibats. Dass die inzwischen stattgefunden hat und der Zölibat als Lebensform des katholischen Priesters mehrfach bestätigt worden ist, vergisst man nur zu gerne.
Manche Priesteramtskandidaten hatten an der Uni ganz offen eine Freundin, mit der sie später schon mal prophylaktisch zusammen gezogen sind. In ganz unterschiedlichen Modellen, bevorzugt war die Haushälterin mit Hochschulabschluss. Einige Theologieprofessoren und Pfarrer, das ist ein offenes Geheimnis, haben die Abschaffung des Zölibats zumindest in der Praxis für sich schon einmal vorweg genommen.
In dieser Gesinnungsatmosphäre haben die Priesteramtskandidaten damals ihre Studienzeit und später frühen Priesterjahre erlebt.
Als sich Ende der 70er – Anfang der 80er dann abzeichnete, dass der junge polnische Papst nicht etwa die Revolution brachte, sondern eine nachkonziliare Lehrentwicklung ins Werk setzte, die auf den Buchstaben und nicht auf dem Geist des Konzils beruhte, war für einige klar, der Papst will das Konzil zurück drehen.

Nicht nur Priester, auch Laien reagierten verstört. Die Würzburger Synode war doch gerade erst ein paar Jahre her. Und nun sollte der vermeintliche “Frühling” in der Kirche wieder vorbei sein? Einige Jahre später folgte dann in Deutschland die Kölner Erklärung, bei der die Theologieprofessoren die Ernennung von Kardinal Meisner zum Anlass nahmen, den Aufstand zu proben.

Das war in meiner Erinnerung der erste richtig heftige Aufeinanderprall der wissenschaftlichen Theologen mit dem Episkopat.
Und? Wem gehörten schon damals die Sympathien der Veröffentlichten Meinung?

Diese Geschichte lässt sich so linear weiter schreiben.
Alle, die jetzt die Veröffentlichte Meinung und “Kirche” in Sachen Reformagenda immer wieder und wieder durchs Dorf trieben und treiben, haben sich in den 70er Jahren ihre theologischen Kinderschuhe abgelaufen. Eine grosse Zahl der heute aktiven Kirchenfachleute in den grossen Zeitungen haben entweder in der Zeit Theologie studiert oder waren sogar mal Priesteramtskandidaten oder Priester. Allen zu eigen ist die damals formulierte Reformagenda. Als da wäre: Abschaffung des Zölibats, Frauenpriestertum, Interkommunion mit Protestanten, Demokratisierung der Kirche und in jüngster Zeit noch die Anerkennung alternativer Lebenspartnerschaften sowie Kommunion Wiederverheirat-Geschiedener.

Alle durch die Bank haben sie diese 60er/70er – Jahre Reformagenda im Kopf. Doch mehr noch – und das könnte die Nachdrücklichkeit, mit der jetzt zuweilen agiert wird erklären – müssen sie mit der biografischen Kränkung leben, dass sich weder ihre eigenen noch die Postulate ihrer Professoren auch nur ansatzweise hätten durchsetzen können.

Wer wie ich Anfang der 90er Jahre Theologie studiert hat, hat es erlebt, wie die Professoren, bei aller Wertschätzung ihrer Leistungen in Forschung und Lehre, ihre massiv anitrömische Propaganda verbreiteten. Diese waren natürlich alle Studenten in den 70er Jahren gewesen.
Eine solche Romfeindlichkeit bei gleichzeitiger, geradezu trotziger Verfolgung der konsequenten Protestantisierung der Kirche habe ich mir vor meinem Studium in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können.
In unseren Tagen nun sind viele der Protagonisten aus Wissenschaft, Journalismus, Politik und Klerus schon pensioniert oder gehen mit strammen Schritten auf die Pensionierung zu. Es ist für sie die letzte Chance noch umzusetzen, was bislang einfach immer noch nicht umgesetzt ist. Und dabei greift man dann nach jedem Strohhalm, den man nur eben packen kann.

Nur drei Beispiele:

Die Missbrauchsskandale vor 3-4 Jahren waren der Auslöser für das Memorandum. Was stand drin? Die Reformagenda der 60er/70er.
Dann kam Papst Franziskus. Die Hassfigur, ja, Hassfigur(!) Ratzinger war weg. Was habe ich an Tiraden gegen den Panzerkardinal Ratzinger an der Uni über mich ergehen lassen müssen!Wohin gingen die Hoffnungen mit dem neuen Papst? Auf die Reformagenda der 60er/70er.
Jetzt sind es die Geschiedenen-Wiederverheirateten, die in den Mittelpunkt einer Synode über die Familie gerückt werden. Was ist das eigentliche Ziel? Die Reformagenda der 60er/70er.

Und morgen kommt garantiert irgendetwas anderes.

Natürlich ist das alles grob verallgemeinert und verkürzt dargestellt, aber bei einem Blick auf die Länge, die der Beitrag jetzt schon erreicht hat, sollte es reichen, um die Tendenz erkennen zu können. Meine grosse Befürchtung ist, dass die Protagonisten dieser eigentlich nun rund 40 Jahre alten Reformagenda es tatsächlich wegen einer Banalität zur Kirchenspaltung kommen lassen könnten. Dabei geht es, wie Kardinal Pell betonte, gar nicht um eine grosse Sache. Es geht um eine pastorale Frage, nicht etwa um Dreifaltigkeit oder Auferstehung. Und doch, eine solche Kleinigkeit kann der Tropfen sein, der das Fass überlaufen lässt.

Doch warum jetzt so ein grosses – auch mediales – Bohai um eine pastorale Frage?

Zu Anfang seines Pontifikates wurde natürlich auch Papst Franziskus mit der kompletten Reformagenda konfrontiert. Frauenweihe? Tür zu. Zölibat? Mehrfach gelobt. Demokratisierung der Kirche? Da steht sein Priester- und Bischofsbild gegen. Gendermainstreaming? Vom Teufel. … Doch dann kam die Sache mit den Geschiedenen. Eine pastorale Herausforderung!

Hier steht jetzt doch – so die Hoffnung – die Eingangstür offen, um die Reformagenda zumindest als trojanisches Pferd irgendwie in die Synodenaula hinein zu schieben. Das jedenfalls scheint der Plan zu sein. Ob es gelingen wird, ist noch offen. Und ob man die Trojaner am Ende nicht doch auflaufen lässt ebenfalls.

Letztendlich also wird hier auf Kosten von Menschen, deren schwerer Situation sich der Papst annehmen will, dazu beruft er die Synode ein, nur Politik gemacht. Es geht um die Reformagenda und die Abarbeitung der biografischen Kränkung bislang erfolglos gewesen zu sein.

Das also ist des Pudels Kern, ein alternder Scholast. Der Kasus macht mich weinen.

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