Dienstanweisung

Einer kann nicht Zweie sein, auch Thomas Neuwirth nicht!

C. S. LewisThe scretape lettersQuelle
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Gendermainstreaming wird eine grosse Zukunft haben. Daran müssen wir arbeiten – Abermals gelang eine Dienstanweisung für einen Unterteufel in meine Hände. Eine KATH.NET-Glosse der besonderen Art von Dr. Helmut Müller

Koblenz, kath.net, 15. Mai 2014

Und wieder gelangte eine informative Dienstanweisung aus der Unterwelt in meine Hände:

Mein lieber Wormwood,

steter Tropfen höhlt den Stein, sagen die Irdischen. In der Nacht vom 10. auf den 11. Mai ist unser grandioses Konzept einmal mehr aufgegangen, den Begriff des Normalen nach und nach in die Mottenkiste zu verabschieden. Europaweit wurde eine Person, die als Thomas Neuwirth auf die Welt kam und als Conchita Wurst mit “sie” bezeichnet werden will, als Sieger (in?) im Eurovision Song Contest gewählt. Ganz selbstverständlich wurde noch in der Nacht vermeldet, dass sie sich im Vorfeld gegen homophobe Anfeindungen durchgesetzt hat. Das gefällt mir. Es werden nur zwei Möglichkeiten gelassen: Distanz und Akzeptanz. Nur Akzeptanz wird mit der Vokabel Toleranz versehen. Alle anderen sind homophob. Ich freue mich unbändig, dass “homophob” jetzt schon in einem nüchternen Nachrichtentext mir nichts dir nichts verwendet wird. Noch mehr freue ich mich über Äusserungen des russischen Ultranationalisten Schirinowski und ähnliche Wortmeldungen. Niemand möchte mit so einem einer Meinung sein, auch wenn er bei schönem Wetter sagen würde, der Himmel ist blau. Blauer Himmel wäre von sofort an wegen seiner Bläue verdächtig. Ganz Eifrige suchen dann ein neues politisch korrektes Wort für Himmelsblau, weil es der Falsche verwendet hat. Was lernen wir daraus? Ermuntere, rege an, inspiriere, dass unmögliche Leute richtige Dinge sagen. In der Wortwahl sind sie sowieso nicht wählerisch. Dann ist es um die Richtigkeiten, die hinter den Worten stehen geschehen.

Jedenfalls hat unsere Diskriminierungskampagne voll durchgeschlagen. Homophob lässt sich immer mehr flächendeckend verwenden. Wer nicht gleich in die Knie geht wie Udo Jürgens vor Conchita Wurst nach anfänglichem Unbehagen, muss damit rechnen als homophob abgestempelt zu werden. Homohasser ist dann die nächste Stufe. Auch diese Vokabel ist im Kommen. Diejenigen, die diese Vokabeln zu Recht oder zu Unrecht treffen, sind dann die Diskriminierten von morgen, ja immer mehr schon von heute. Gegen eine solche Diskriminierung der zu Unrecht Getroffenen haben wir natürlich nichts.

Blicken wir zurück. Mit Foucault und Derrida ist uns damals der Durchbruch gelungen. Sie hatten begonnen “das Normale” zu hinterfragen. Derrida “dekonstruiert”, d. h. er diskreditiert und zerstört das bis dahin Gültige und “konstruiert” das bis dahin Gegensätzliche oder einfach Beliebiges. Foucault schafft “Andersorte”, gemeint ist alles, was gegen das bisher Selbstverständliche gerichtet ist und räumt dem “Wahnsinn”, damit meint er im engen und weiten Sinn das Widersinnige, eine Chance ein. Wütend hat mich gemacht, dass kürzlich die lesbische Kulturhistorikerin Camille Paglia bei sich und ähnlich Fühlenden eine “Störung” konstatiert und das, worüber wir uns so freuen, als “französischen Quatsch” abgetan hat. Und so eine Person nennt sich auch noch Feministin! Geht’s noch? Dem Vater der Tiefe sei Dank, dass dies nicht weiter wahrgenommen worden ist. Freude bereitet uns dagegen wie immer Judith Butler, die die Welt “reparieren” will und sie von ihrer Zwangsheterosexualität befreien möchte.

Dieser Sieg vom letzten Wochenende hätte terminlich nicht besser fallen können. Alle Putinversteher fühlen sich nun bestärkt, dass der Westen dekadent ist. Das verschärft den Konflikt in der Ukraine. Der russische Gebietsdämon hat eine Steilvorlage bekommen. Er braucht sich nicht mal geschickt anzustellen. Er kann einen Dämon in Ausbildung schicken um weiter zu zündeln. Das ist ein Leichtes und gleicht einem Wink mit dem Zaunpfahl: Schaut mal, wie verdorben der Westen ist und wie kulturell gesund und kraftstrotzend wir mental daherkommen. Die Dekadenz ist schon bis Kiew vorgedrungen. Wir müssen sie mit aller Kraft zurückdrängen. Wir sind die Retter Europas.

Auch alle Gebietsdämonen im übrigen Europa haben leichtes Spiel bei solchen Vorgaben. Zu nennen ist auch die Ausstellung in der gegenwärtigen Kulturhauptstadt Europas (!) in Marseille, Féminin et masculin en méditeranée. Da wird ein nackter schwangerer Mann, ein bärtiger mit Ballerinakleid und – was mich besonders freut – eine im Stehen mit einem Plastikteil urinierende Frau gezeigt. Das ist Realität pur und so soll es immer mehr werden: Weg vom Schöpfungswerk des Feindes mit diesem langweiligen, eintönigen männlich/weiblich hin zu schillernder Buntheit und provozierender Pornographie. Den Schlag, den wir dem Schöpfungswerk schon im Garten Eden versetzt haben, kommt in allen Spätkulturen so richtig ins Blühen.

Europawahlen stehen an. Das eben Genannte sollte nicht weiter bekannt werden, sonst gehen Ewiggestrige tatsächlich wählen und geben den, wie sie meinen, wenigen seriösen Parteien und Kandidaten ihre Stimmen. Bekennende muslimische Bürger Europas wären mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn sie sich bemühen würden sich in eine solche Kultur zu integrieren. Also eine schwierige Strategie. Diese “Entgleisungen” vor Ewiggestrigen verbergen, damit sie nicht wählen gehen und muslimische Bürger müssen wir mit der Nase draufstossen. In Afghanistan scheint sie gelungen zu sein. Mir kam zu Ohren, dass ein afghanischer Analphabet davon gehört habe, konkret, dass man im Westen Hunde heiraten könne. Er hat wahrscheinlich mit bekommen, dass Karl Lagerfeld für solches aufgeschlossen ist, wie immer er das gemeint hat. Arrangiere einmal ein Gespräch mit dem afghanischen Gebietsdämon. Ich möchte ihn wegen seiner genialen Medienarbeit näher kennen lernen. Es ist wichtig, dass solche Dinge in Gebieten bekannt werden, in denen Dschihadisten tätig sind. Das stärkt die Kampfkraft und den Sinn für eine gerechte Sache zu kämpfen und senkt die Hemmschwelle Gewalt einzusetzen.

Ganz allgemein haben Christen nun ein Problem. Sie sollen ihren Nächsten lieben wie sich selbst, ihn respektieren, achten und ehren, auch Conchita Wurst. Ich muss mir den Bauch halten vor Lachen. Das kriegt keiner hin, ohne in Konflikt mit der Schöpfungsordnung zu geraten. Der Bruch in ihr seit Eden ist auch unter Theologen nicht mehr in Mode. Deshalb ist alles so wie es ist irgendwie von Gott, auch das, was wir angerichtet haben, weil es uns ja gar nicht gibt. Sowas liebe ich. Deshalb spiele ich so gerne Mühle. Das ist eine echte Zwickmühle für einen so aufgewachsenen Christen. Alles ist doch von Gott. Erbsünde, Sündenfall, das hört man nicht gern und das erklärt nichts.

Hoffentlich kommt keiner auf die Idee, Thomas Neuwirth als Nächsten zu lieben wie sich selbst, auch als Homosexuellen, und Conchita Wurst als seine Künstlerfigur abzutun. Kein Mensch hat nach Ansicht unseres Feindes ein Recht darauf in allem, was er tut, Anerkennung zu finden. So hat auch Thomas Neuwirth kein Recht darauf, als Conchita Wurst geliebt und geachtet zu werden, auch wenn er das möchte. Selbst in der besten Ehe gibt es immer eine Differenz zwischen dem, wie man geliebt werden möchte und man tatsächlich geliebt wird. Erst recht kann keiner Zweie sein, einmal so, wie man ins Leben gekrochen ist und dann anders, wie man sich nach her stilisiert. Niemand kann sich selber ganz neu entwerfen, etwas an ihm wird immer der Alte bleiben. Aber die Illusion, dass man das kann, sollten wir nähren. Gendermainstreaming wird eine grosse Zukunft haben. Daran müssen wir arbeiten.

Ich bin nur gespannt, wie die Kirchen darauf reagieren. Der Boden ist ja schon bereitet.

Dein Dich liebender Oheim

Screwtape

Dr. Helmut Müller ist Akademischer Oberrat am Institut für Katholische Theologie der Universität Koblenz

Diese Glosse basiert auf dem Buch “Dienstanweisung an einen Unterteufel”, die “Dienstanweisungen sowie weitere Bücher von C.S. Lewis können im kathShop bestellt werden.

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