Berühre die Wunden
Über Leid, Vertrauen und die Kunst der Verwandlung
Zum 65. Geburtstag des Prager Theologen Tomas Halik
Nachtgedanken eines Beichtvaters
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Kurzbeschreibung
Zum christlichen Glauben gehört der Mut, die Wunden unserer Welt wahrzunehmen und sie mit dem Glauben zu berühren. Denn wir begegnen Gott überall dort, wo die Menschen leiden. Und auch wenn jemand Christus nicht im traditionellen kirchlichen Umfeld finden kann, ist für ihn noch immer die Möglichkeit gegeben, ihm in den offenen Wunden unserer Welt zu begegnen. In 14 Essays zeigt Tomáš Halík, dass sich ein Glaube “ohne Wunden” als Illusion erweist.
Rezension amazon (2)
Wunden berühren?
11. September 2013, Von U.S.
Es ist ein Glück, dass Tomas Halik, Professor an der Universität und Pfarrer der akademischen Gemeinde Prag, sich einmal im Jahr während der Sommermonate in eine Einsiedelei zurückzieht und sich seinen Gedanken und Erfahrungen des Jahres überlässt. Und wenn ein sehr belesener und geistreicher Mann ohne äusseren Zwang reflektieren kann, dann entsteht nicht selten Grosses.
Tomas Halik ist ein leidenschaftlicher Gottsucher, der ebenso leidenschaftlich sich mit der westlichen gesellschaftlichen Realität auseinandersetzt. Fundamentalismus ist ihm fern, ebenso wie der moralische Zeigefinger.
Der Autor geht von Joh 20,24-29 aus: Den Jüngern ausser Thomas war der auferstandene Jesus erschienen. Thomas glaubt ihnen nicht. Als sie nach einigen Tagen wieder versammelt sind, tritt Jesus bei verschlossener Tür in ihre Mitte und sagt: Friede sei mit euch! Dann fordert er Thomas auf, seine Hände auf seine verheilten Wunden zu legen. “Und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!” Thomas antwortet ihm: Mein Herr und mein Gott! Jesus sagt zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig, die nicht sehen und doch glauben.”
Diese Szene zieht sich wie ein Leitmotiv durch alle 14 Kapitel dieses Buches.
Im 1. Kap. schildert er das schreckliche Leid in einem Waisenhaus in Madras (Indien). “Vielleicht wollte Jesus Thomas, indem er seinen Glauben durch die Berührung der Wunden auferweckte, genau das sagen … Wo du das menschliche Leid berührst, …, dort erkennst du, dass ich lebendig bin, dass ich es bin.” (S. 22)
Im 2. Kap. schildert er, dass nur weniges so stark den Durst nach Gott in ihm hervorgerufen hat, wie die Schmerzen, die das Leben mit sich bringen kann.
Tomas Halik schreibt über die Kirche, die eigentlich eine “schöne Braut” ist, die aber gleichzeitig alle Wunden der “menschlichen Schwäche, Sündigkeit und Kleingläubigkeit” aufweist. (S. 156)
Ganz interessant: Jeder Mensch ist schon durch sein Menschsein (und nicht erst durch seinen Glauben) mit Christus verbunden. “Die Kirche als die fortdauernde Menschwerdung … umfasst auf geheimnisvolle Weise …alle Menschen.” (S. 173) Wir wissen, wo die Kirche ist, aber wir wissen nicht, wo ihre Grenzen sind.
Das Buch ist Ausdruck des leidenschaftlichen Ringens des Charismatikers und Mystikers Tomas Halik um den Glauben. Am Ende allerdings stehen nicht Verzweiflung, sondern überzeugte Hoffnung und Vertrauen.
Wer ein sehr unübliches, aber staunenswertes Buch über Glauben und Kirche lesen will, hier findet er es. Es ist ein zutiefst ehrlicher und aufbauender Text, auch wenn der Sprachstil recht kompliziert, weil sehr dicht ist.
Über den Autor
Tomáš Halík, zuvor als Psychotherapeut tätig, wurde 1978 heimlich zum Priester geweiht und war naher Mitarbeiter von Kardinal Tomášek und Václav Havel. Er ist Professor an der Universität Prag und Pfarrer der Akademischen Gemeinde Prag. Benedikt XVI. verlieh ihm den Ehrentitel päpstlicher Prälat.
Berühre die Wunden – Über Leid, Vertrauen und die Kunst der Verwandlung
Autor: Tomás Halík
Übersetzer: Markéta Barth, Benedikt Barth
Gebundene Ausgabe: 240 Seiten
Verlag: Verlag Herder; Auflage: 1 (15. April 2013)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3451307391
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