Keine Weltbefragung der Katholiken

Warum die kommende Synode die Frage nach der Familie in den Kontext der Neuevangelisierung stellt

Lombardi Rom, die Tagespost, 6. November 2013, von Guido Horst

Bischöfe sollen bei der Vorbereitung der Familien-Synode die Gläubigen einbinden und deren Voten “kanalisieren”.

Der Generalsekretär der römischen Bischofssynode, Erzbischof Lorenzo Baldisseri, hat am Dienstag klargestellt, dass sich das Papier samt Fragebogen seines Sekretariats zur Vorbereitung der Familien-Synode vom 5. bis 19. Oktober kommenden Jahres an die Bischöfe der Weltkirche richtet. Baldisseri zufolge bedeute das nicht, dass die Befragung an den einfachen Gläubigen vorbeigehen solle. Die Bischöfe sollten die Fragen in Pfarreien und katholischen Bewegungen zur Debatte stellen und das Echo “kanalisieren”. “Wir wollen keine persönlichen Bewertungen der Bischöfe, sondern wollen wissen, was die Menschen denken und wie sie leben”, sagte Baldisseri. Der Vatikan hat also keine globale Meinungsumfrage angestossen, will aber eine Beteiligung der Gläubigen bei der Vorbereitung der Synode, die unter dem Thema “Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung” stehen wird.

Baldisseri sprach bei einer Pressekonferenz zum Stand der Vorarbeiten für die Familien-Synode – zusammen mit dem Primas von Ungarn, Kardinal Peter Erdö aus Budapest, der als Generalrelator der Synode der praktischen Arbeit der Synodenväter vorstehen wird, sowie Erzbischof Bruno Forte von Chieti-Vasto, der bei der Bischofsversammlung im kommenden Oktober als Sondersekretär fungiert.

Dass der Vatikan vor Synoden Fragebögen verschickt, die auch Reizthemen ansprechen, ist genauso langjährige Praxis wie die Einbindung der einfachen Gläubigen. Schon 1979, vor der letzten Bischofssynode, die sich dann ein Jahr später mit Familienfragen befasste, bat der Vatikan um eine entsprechende Beteiligung der Laien. Auch damals ging es unter anderem um wiederverheiratete Geschiedene und die Empfängnisverhütung.

Gegenüber dem katholischen Pressedienst “Catholic News Agency” in den Vereinigten Staaten musste Vatikansprecher Federico Lombardi ebenfalls am Dienstag klarstellen, dass der Fragenkatalog nur einen beratenden Charakter habe und Teil der üblichen Vorbereitung auf eine Bischofssynode sei. Der Vatikansprecher dementierte damit Medienberichte, wonach erstmals auch Gläubige befragt werden sollen. Es war die amerikanische Zeitschrift “National Catholic Reporter” gewesen, die in der vergangenen Woche Gerüchte über eine weltweite Befragung von Gläubigen zu den Synodenthemen gestreut hatte. Allerdings können die nationalen Bischofskonferenzen die unterschiedlichsten Wege wählen, um an die Voten der Gläubigen zu kommen. Die Bischofskonferenz von England und Wales hatte kurz nach dem Eingehen des Briefes den Fragenkatalog als Online-Fragebogen ins Netz gestellt. Mit den Worten: “Sie können sich aktiv an der Vorbereitung der Synode beteiligen”, wirbt die britische Bischofskonferenz um eine rege Teilnahme von Gläubigen an der Online-Befragung. Doch diese Stimmen sollen dann laut Baldisseri von den Bischöfen “kanalisiert” werden.

Der Generalrelator der Bischofssynode, Kardinal Peter Erdö, sagte bei der Pressekonferenz, die anstehende Synode wolle keinesfalls zentrale Aussagen der katholischen Lehre infrage stellen. Es gehe vielmehr um einen “lebendigen Dialog” zwischen Kirchenführung und Gläubigen. Die kirchliche Lehre gründe auf dem Evangelium Jesu. Die Familie sei in jedem Fall eine “Realität, die aus dem Willen des Schöpfers hervorgegangen ist und eine soziale Wirklichkeit darstellt.” Sie sei keine Erfindung der menschlichen Gesellschaft oder einer rein menschlichen Macht, “sondern eine natürliche Realität, die von Christus, dem Herrn, zur göttlichen Gnade erhoben worden ist”.

Das jetzt verschickte Papier zu Vorbereitung der Synode, das in den besagten Fragebogen mündet, stellt die Frage der Familie in einen direkten Zusammenhang mit der Ehe, wie es die Kirche immer getan habe, sagte Erdö weiter. Auch von der Ehe könne man sagen, dass sie dem Willen des Schöpfers entspringe. “Ehe und Familie sind untrennbar”, zitierte der Kardinal Papst Johannes Paul II., “denn die Männlichkeit und die Weiblichkeit der verheirateten Personen sind in grundlegender Weise offen für das Geschenk der Kinder”. Erdö hob auch hervor, dass Ehe und Familie einen naturrechtlichen Charakter hätten. Auch das jetzt versandte Vorbereitungspapier halte daran fest: “Wenn man in das Universum oder in die Tiefe unseres Herzens schaut, entdecken wir das Angesicht des Schöpfers und hören wir seine Stimme, die uns ruft”, meinte der Kardinal. Dass viele Menschen heute das nicht mehr so sehen, erklärt, warum die kommende Synode die Frage nach der Familie in den Kontext der Neuevangelisierung stellt.

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