Sand im Getriebe

RKZ ist über Zusammenarbeit mit SBK enttäuscht

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Vademecum
Schweiz: Katholisch

Zürich, 24.8.13, Kipa

Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) hat soeben ein “Vademecum für die Zusammenarbeit von katholischer Kirche und staatskirchenrechtlichen Körperschaften in der Schweiz” veröffentlicht. Die Römisch-katholische Zentralkonferenz (RKZ) ist darüber enttäuscht. Denn sie erhielt keinerlei Gelegenheit, “vor Verabschiedung und Veröffentlichung zum Inhalt Stellung zu nehmen” – obwohl ihr dies nach Angaben der RKZ von Seiten der SBK zugesagt gewesen sei. Das Bistum Chur hat das Dokument schon breit bekannt bekannt. Seit Freitag ist das Vademecum auf der Internetseite der Bischöfe einsehbar.

Das Dokument beinhaltet die Ergebnisse einer Fachkommission, die von der SBK nach der Studientagung “Katholische Kirche und Staat in der Schweiz” in Lugano 2008 eingesetzt wurde. Die Kommission unter Leitung von Libero Gerosa, Professor für kanonisches Recht an der Theologischen Fakultät Lugano, sei unter Ausschluss der Öffentlichkeit zur Prüfung “einzelner offener Fragen” zum Thema beauftragt worden, erklärt RKZ-Generalseketär Daniel Kosch in einem Schreiben an die RKZ-Mtglieder, das der Presseagentur Kipa vorliegt. “Der Wunsch der RKZ, in dieser Kommission vertreten zu sein, wurde mit dem Hinweis darauf abgelehnt, es handle sich um ein Expertengremium”, schreibt Kosch weiter. Der RKZ sei jedoch zugesichert worden, “dass sie nach Vorliegen der Resultate der Kommissionsarbeit von der Schweizer Bischofskonferenz einbezogen würde”.

Die Bischöfe hätten sich die Empfehlungen der Fachkommission “zu eigen gemacht”, sagte Walter Müller, Informationsbeauftragter der SBK, auf Anfrage gegenüber Kipa. Das vorliegende Vademecum sei “als Leitfaden zu verstehen, den Experten ausgearbeitet haben im Bemühen, zur Klärung verschiedener Problemfelder beizutragen und praktische Hinweise zur Lösung von bestehenden Schwierigkeiten zu geben”.

Keine “Kirche” sondern “Körperschaft”

Der 13-seitige Leitfaden weist in der Einleitung darauf hin, dass es “aus theologischen Gründen in der katholischen Kirche nicht zwei nebeneinander stehende Leitungen geben” kann. Staatskirchenrechtliche Organisationen seien nur dann legitim, “wenn sie helfender sowie unterstützender Natur sind und auxiliaren Charakter” hätten. Auch sei eine “verlässlichere Art und Weise der Zusammenarbeit zwischen der kirchlichen Leitung und den staatskirchenrechtlichen Kantonalorganisationen vonnöten”.

Ferner geht das Vademecum auf die Terminologie von Kirche und Synode ein. Es soll der Grundsatz gelten, dass “staatskirchenrechtliche Körperschaften oder Einrichtungen nicht mit Begriffen bezeichnet werden, die in der Theologie oder im kirchlichen Recht bereits in anderem Sinne verwendet werden”. Nach ihrer Ansicht sollte “die (staatskirchenrechtliche) Körperschaft daher nicht als ‘Kirche’ oder ‘Landeskirche’ bezeichnet werden. Geeignete Begriffe sind dagegen etwa ‘Körperschaft’, ‘Corporation’, ‘Corporazione’ und ‘Corpus’. So sollte die Zusammenfassung kirchlicher und staatskirchenrechtlicher Organe nicht als ‘Katholische Kirche im Kanton X’ bezeichnet werden.”

Beschneidung von Wahlrechten

Auch der Gebrauch des Begriffs “Synode” für Parlamente der Körperschaften sollten vermieden werden, weil sie mit den Bezeichnungen “Diözesansynode” oder “Bischofssynode” bereits einen eigenen Sinn in der Sprache der Kirche hätten.

Hinsichtlich der “Wahl und Wiederwahl des Pfarrers” spricht sich das Dokument gegen bestehende Wahlrechte von “Gemeindeleitern/Gemeindeleiterinnen” aus. Aus kirchenrechtlicher Sicht wird dies damit begründet, dass der Gemeindeleiter nicht das Amt des Pfarrers übernimmt und aus diesem Grund eine Volkswahl nicht gerechtfertigt ist. In einigen staatskirchenrechtlichen Körperschaften ist eine Volkswahl von”Gemeindeleitern/Gemeindeleiterinnen” vorgesehen.

Vatikanische Kommission

Laut SBK-Sprecher Walter Müller ist das Vademecum bereits vor einigen Wochen den Bistümern, Generalvikaren und der RKZ zugestellt worden. Dabei sei den Adressaten der Entscheid überlassen worden, an wen sie das Dokument weitergeben wollten. Gemäss RKZ hat das Bistum Chur bereits “einen breiten Versand” gemacht. Die SBK hat das Dokument mit Datum vom 23. August auf ihrer Internetseite aufgeschaltet.

Das RKZ-Präsidium bedauert in seiner Mitteilung an die Mitglieder, dass die RKZ “weder in die Erarbeitung des Dokuments einbezogen war, noch die Gelegenheit erhielt, vor seiner Verabschiedung und Veröffentlichung zum Inhalt Stellung zu nehmen”. Diese Art des Vorgehens wolle man im nächsten Gespräch mit der SBK erörtern.

Mit dem Vademecum wird sich auch die Kommission für Staatskirchenrecht und Religionsrecht der RKZ befassen. Auch besteht laut RKZ parallel zur schweizerischen Fachkommission, die mit der Entgegennahme des Dokumentes durch die Bischöfe aufgelöst wurde, eine Kommission des Heiligen Stuhls, die über die Arbeit der Fachkommission informiert ist. Wie die Zukunft dieser vatikanischen Kommission aussieht, ist gemäss RKZ nicht bekannt.

Für die Umsetzung der Empfehlungen des Vademecums in der Schweiz soll nach Informationen der RKZ eine “kleine Begleitgruppe” zur Beratung zur Verfügung stehen, heisst es weiter.

Der Kommissionsbericht wird voraussichtlich Anfang nächsten Jahres in Buchform publiziert und in der Reihe “Kirchenrechtliche Bibliothek” erscheinen.

Grichtings Kampf

Die Existenzberechtigung der bestehenden staatskirchenrechtlichen Körperschaften in der Schweiz wird insbesondere vom Churer Generalvikar Martin Grichting, Stellvertreter von Bischof Vitus Huonder, seit Jahren in Frage gestellt. Grichting spricht sich auch für eine Abschaffung der Kirchensteuer aus. Grichting hat sich bereits 1997 als 30-jähriger Jungtheologe mit seiner Dissertation auf die staatskirchenrechtlichen Körperschaften eingeschossen (“Kirche oder Kirchenwesen? Zur Problematik des Verhältnisses von Kirche und Staat in der Schweiz, dargestellt am Beispiel des Kantons Zürich”).

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