Die Worte des Franziskus

Was Benedikt gesammelt und verwahrt hatte, streut Franziskus als Saatgut aus

Ignatius von LoyolaIgnatius von Loyola

Rom, kath.net/as, 25. März 2013, von Armin Schwibach

“In einem besseren Sinn, als dies die Entgegenstellung allgemein zum Ausdruck bringt, ist es richtig zu sagen, dass der heilige Franziskus das, was der heilige Benedikt gesammelt und verwahrt hatte, ausstreute. Aber in der Welt der geistlichen Dinge wurde das, was in Scheunen wie Korn gespeichert worden war, über die ganze Welt als Saatgut verstreut.

Die Diener Gottes, die eine belagerte Garnison waren, wurden zu einer marschierenden Armee. Die Strassen der Welt wurden wie mit Donner vom Lärm ihrer Füsse erfüllt und dem immer grösser werdenden Heer weit voran ging ein Mann und sang; so einfach, wie er an jenem Morgen im winterlichen Wald gesungen hatte, in dem er allein unterwegs war” (Gilbert Keith Chesterton, Saint Francis of Assisi [1923], London 1964, S. 116).

Was Benedikt gesammelt und verwahrt hatte, streut Franziskus als Saatgut aus, so der britische Schriftsteller und Konvertit. Und die ersten knapp zwei Wochen eines sich als unter vielen äusseren und inneren Aspekten “revolutionär” ankündigenden Pontifikats scheinen dies mehr als deutlich zu machen. Franziskus hat den Weg der Reinigung eingeschlagen, den sein Vorgänger machtvoll gewiesen hat und der zum grossen Erbe der Lehre Benedikts XVI. gehört.

Der “poverello” von Assisi ist für Franziskus der Mann, der den Menschen den Geist des wahren Friedens gibt, “der Mann der Armut”: “… Ach, wie möchte ich eine arme Kirche für die Armen!“, rief der Papst unter dem Beifall der Anwesenden bei der Audienz für die Medienvertreter am 16. März aus. “Ach, wie möchte ich….” heisst: diese Kirche ist noch nicht da.

Franziskus spornt die von ihm auf die Strassen der Welt gebrachte Armee an, den Samen der Botschaft des Evangeliums auszustreuen, und er tut dies in Treue seines Ordengelübdes, das er als Jesuit abgelegt hatte: “Da wir wissen, dass unser Herr Jesus Christus seinen Dienern, die allein nach dem Reiche Gottes trachten, alles Notwendige an Nahrung und Kleidung zur Verfügung stellen wird, so sollen alle für sich und als Gemeinschaft ewige Armut geloben” (Ignatius von Loyola, Regel, 1539).

Worte des Papstes: Verweltlichung – Teufel. In seiner ersten Predigt vor den versammelten wahlberechtigten Kardinälen am 14. März teilte Franziskus der Welt sozusagen sein “Programm” mit und fasste dies in drei Worten zusammen: gehen – aufbauen – den gekreuzigten Jesus bekennen. Wer ohne das Kreuz gehen oder etwas aufbauen will, ist kein Jünger des Herrn, so der Papst, er ist “weltlich”: “Wir sind weltlich, wir sind Bischöfe, Priester, Kardinäle, Päpste, aber nicht Jünger des Herrn”.

Die Entweltlichung ist die Bedingung dafür, Jünger Christi sein zu können. Denn wenn man Jesus Christus nicht bekennt, “bekennt man die Weltlichkeit des Teufels, die Weltlichkeit des Bösen”, dann betet man den Teufel an: den Teufel, der den Menschen jeden Tag dazu verleitet, dem Pessimismus, der Verbitterung und der Mutlosigkeit nachzugeben (vgl. Ansprache vor dem Kardinalskollegium, 15. März). Wir hingegen “haben die feste Gewissheit, dass der Heilige Geist mit seinem mächtigen Wehen der Kirche den Mut schenkt, fortzufahren und auch nach neuen Wegen der Evangelisierung zu suchen, um das Evangelium bis an die Grenzen der Erde zu bringen”.

Die entweltlichte, “arme” Kirche ist für Franziskus keine idealisierte Kirche als Gesinnungsgemeinschaft, die sich aus der Welt zurückzieht. Sie ist die Kirche, die in der Welt, aber nicht von der Welt ist: die in der Welt den Weg der Armut, des Erbarmens, des Kampfes für das Gute beschreitet: “Wir können gehen, wie weit wir wollen, wir können vieles aufbauen, aber wenn wir nicht Jesus Christus bekennen, geht die Sache nicht”, so der Papst: “Wir werden eine wohltätige NGO, aber nicht die Kirche, die Braut Christ” (Predigt am 14. März in der Sixtinischen Kapelle).

Auf diese Weise ist die Kirche für den Papst dazu berufen, die geistliche Armut unserer Tage zu bekämpfen und sich mit einem Wort Benedikts XVI. gegen die “Diktatur des Relativismus” zu wenden, die das Zusammenleben unter den Menschen gefährdet (vgl. Ansprache an das beim Heiligen Stuhl akkreditierte diplomatische Korps, 22. März).

So ruft der Papst wie sein heiliger Vater Ignatius von Loyola auf, “sub crucis vexillo Deo militare”, unter dem Banner des Kreuzes Gott besondere “Kriegsdienste” zu leisten, den Dienst der Armut und der Barmherzigkeit. Darin sieht Franziskus die wahre Macht und die “Macht des Papstes”:

“Vergessen wir nie, dass die wahre Macht der Dienst ist und dass auch der Papst, um seine Macht auszuüben, immer mehr in jenen Dienst eintreten muss, der seinen leuchtenden Höhepunkt am Kreuz hat” (Predigt zum Beginn des Petrusdienstes, 19. März).

Ziel des Dienstes des Papstes und aller Christen muss es so sein, immer mehr Christus gleichgestaltet zu sein. Dann entsteht die wahre Freude, eine Freude die nicht vom Kreuz absehen kann und die Hoffnung der Kirche ist. “Drei Worte” hatte der Papst daher am Palmsonntag zu sagen: “Freude – Kreuz – Jugend”.

Das Kreuz und der Christkönig. Der Königsthron Christi ist das Holz des Kreuzes, ruft Franziskus den Menschen zu, und erinnert dabei an das, was Benedikt XVI. einmal zu den Kardinälen sagte: “Ihr seid Fürsten – aber die eines gekreuzigten Königs. Das ist der Thron Jesu” (Predigt am Palmsonntag, 24. März). Christus nimmt das Kreuz auf sich, weil er “das Böse, den Schmutz, die Sünde der Welt – auch unsere Sünde, unser aller Sünde! – auf sich nimmt, und er wäscht es, wäscht es mit seinem Blut, mit der Barmherzigkeit, mit der Liebe Gottes”.

So führt für Franziskus das mit Liebe aufgenommene Kreuz niemals in die Traurigkeit, “sondern zur Freude, zur Freude, gerettet zu sein, und ein klein wenig das zu tun, was er an jenem Tag seines Todes getan hat”.

Prinzip und Fundament (Ignatius von Loyola):

Der Mensch ist geschaffen dazu hin, Gott Unseren Herrn zu loben, Ihm Erfurcht zu erweisen und zu dienen, und damit seine Seele zu retten.
Die anderen Dinge auf der Oberfläche der Erde sind zum Menschen hin geschaffen, und zwar damit sie ihm bei der Verfolgung des Zieles helfen, zu dem hin er geschaffen ist.
Hieraus folgt, dass der Mensch dieselben so weit zu gebrauchen hat, als sie ihm auf sein Ziel hin helfen, und sie so weit lassen muss, als sie ihn daran hindern.
Darum ist es notwendig, uns allen geschaffenen Dingen gegenüber gleichmütig zu verhalten in allem, was der Freiheit unseres freien Willens überlassen und nicht verboten ist. Auf diese Weise sollen wir von unserer Seite
Gesundheit nicht mehr verlangen als Krankheit, Reichtum nicht mehr als Armut, Ehre nicht mehr als Schmach, langes Leben nicht mehr als kurzes, und folgerichtig so in allen übrigen Dingen.

Einzig das sollen wir ersehnen und erwählen, was uns mehr zum Ziele hinführt, auf das hin wir geschaffen sind.

Soli Deo gloria – miserando atque eligendo: dem einen Gott zu Ehren, im Lobpreis der Barmherzigkeit, die erwählt. Im Herzen eines Papstes, der die Last des Namens “Franziskus” auf sich genommen hat, steht das Motto, unter das der heilige Ignatius seine Brüder gestellt hat: “Omnia ad maiorem Dei gloria” – alles zur grösseren Ehre Gottes. “Franziskus” und “Ignatius”: sie weisen den Weg in die Zukunft, in der Gewissheit der rettenden Hoffnung. So rief der Papst den Menschen am Palmsonntag zu: “Lasst nicht zu, dass die Hoffnung geraubt wird! Jene, die Jesus uns schenkt”.

Was Benedikt gesammelt und verwahrt hatte, streut Franziskus als Saatgut aus. Die Zeit der geistlichen Übungen für die Kirche ist angebrochen.

Quelle
Thermometer der Sympathie

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