Verheiratete Priester?

30 brisante Fragen zum Zölibat

Kurzbeschreibung

Warum heiraten die Priester eigentlich nicht? Warum legt die Kirche so grossen Wert auf den Zölibat, wenn Jesus selbst ihn nicht einmal von seinen Aposteln verlangt hat? Kann diese Pflicht nicht zu sexuellen und affektiven Abirrungen und sogar zu Pädophilie führen? Das sind nur drei der zahlreichen Fragen, die sich viele heute stellen und auf die sie oft keine überzeugenden Antworten finden. In letzter Zeit scheinen sich die Argumente für eine Öffnung im Hinblick auf verheiratete Priester zu häufen. Man wendet ein, der Zölibat sei schliesslich kein Dogma, sondern nur eine disziplinarische Norm aus dem Mittelalter; er sei gegen die Natur und schade deshalb dem psychophysischen Gleichgewicht und der Reife der menschlichen Persönlichkeit. Und wenn die Priester heiraten dürften, würden die Berufungen ganz sicher wieder zunehmen.

Diese und andere brisante Fragen werden von verschiedenen Experten beantwortet, und ihre Antworten bieten dem Leser die Chance, den Wert zu entdecken, den der Zölibat auch heute noch im Leben tausender Priester und Seminaristen darstellt. Angefangen bei den Verfassern, die in ihre Berufung verliebt sind.

Rezension amazon

Eine Rezension von Michael Gurtner

2. Juni 2012, von S. Marschik

Verheiratete Priester? Dies ist eine Frage, besser gesagt eine Forderung, welche seit nunmehr Jahrzehnten immer wieder gestellt wird. Und oft geschieht dies mit historisch oder theologisch unrichtigen Argumenten, weshalb auch bei vielen Gläubigen viel Verwirrung und viele brisante Fragen entstehen.

Hochwürden Arturo Cattaneo, Dozent an der Kirchenrechtlichen Fakultät Pio X. in Venedig sowie in Lugano hat unter Mitarbeit von Hw. Prof. Manfred Hauke, Professor für Dogmatik in Lugano, Hw. André-Marie Jerumains (Priester und Arzt sowie Dozent in Lugano) und Hw. Ernesto William Volonté Regens am mailänder Priesterseminar sowie Dozent in Lugano und Mailand die dreissig brisantesten Fragen gesammelt und gemeinsam mit weiteren Theologen, darunter so bekannte Namen wie Dr. Manfred Lütz, Hw. Johannes Maria Schwarz oder Msgr. Stefan Heid beantwortet. Das Buch richtet sich dabei nicht in erster Linie an die theologische Fachwelt, sondern an einen ‘grossen Kreis’ (13), wie der Herausgeber betont. Es hat realistischerweise dabei auch stark im Blick, woher das weitgehende Unverständnis für den Zölibat herrührt, nämlich aus einem Priesterbild, welches ‘den Priester nur als eine Art Sozialarbeiter betrachtet, und die übernatürliche Dimension seines Amtes in Abrede stellt’ (13). Von daher ist der rechte Ansatz der einzelnen Beiträge garantiert, nämlich ein geistlich-theologischer. Die Aufsätze selbst sind, trotz dieses gemeinsamen Grundansatzes, thematisch sehr weit gestreut. Die dreissig Fragen teilen sich auf in historische, theologische, psychologische und soziologisch-kulturelle Aspekte. Weshalb die Unterschiede zur orthodoxen Praxis? Welches sind die Verbindungen von Zölibat und Eucharistie? Wie steht es um die vermeintlichen Zusammenhänge von Zölibat und Homosexualität und Pädophilie? Wirkt sich der Zölibat nicht in Privatleben und Arbeit negativ auf den Priester aus? Dies sind nur einige (zusammengefasste) Fragen, welchen die Autoren nachgehen.

Die Antworten auf die verschiedenen Fragen sind relativ knapp zusammengefasst, mitunter nicht mehr als ein oder zwei Seiten, und bringen das Wesentliche auf den Punkt, wobei die Argumente klar und nicht an deutlichen Worten sparen. Mit präziser Hand greifen die einzelnen Beiträge vor allem Fehlinformationen und Schieflagen auf, welche hinsichtlich des Themas in weiten Kreisen vorherrschen. Beispielsweise wenn man hinsichtlich des Zölibates den Verzichtsaspekt immer überbetont. Dazu sagt der Herausgeber: ‘Den Zölibat nur als Verzicht zu betrachten, ist eine einseitige und verzerrte Sicht der Wirklichkeit. Ebenso falsch wäre es, die Ehe als Opfer zu betrachten, weil man mit der Heirat auf alle anderen Frauen verzichtet.’ (95).

Nicht weniger einprägsam ist es, wenn es an anderer Stelle heisst: ‘Der Zölibat um des Himmelsreiches willen hilft, im durchbohrten Herzen Christi das Modell und die Quelle der vollkommenen Verschmelzung von Eros und Agape zu finden, nach der jede menschliche Liebe streben muss, weil sie dazu berufen ist, sich auf ihre eigentliche Grösse hin zu läutern’ (69).

Auf wohltuende Art und Weise verbinden sich in der Argumentationsführung wissenschaftliche Vernunft und religiöse Frömmigkeit. Alte Grundsätze der weisen Tradition der Kirche, welche man in den letzten Jahrzehnten in Vergessenheit geraten liess, deren universale Gültigkeit nun aber gerade durch die Konsequenzen dieser Nachlässigkeiten deutlich werden, kommen zur neuen Geltung: ‘Wer sich dafür entscheidet, sein Leben in der Kirche ganz und gar Christus zu weihen, kann dieser Entscheidung nur treu bleiben, wenn sie seinen Verstand, sein Herz und sein Leben erfüllt. Eine solche Entscheidung bringt Opfer mit sich; sie erfordert eine gewisse Charakterfestigkeit und die Entschlossenheit, alles zu meiden oder sich gegen alles zu verteidigen, was die einmal getroffene Entscheidung ins Wanken bringen könnte.’ (86).

Ebenso wird mit der alten Mär aufgeräumt, der Zölibat liesse Priester vereinsamen und fruste sie. Ganz im Gegenteil: ‘Wird die Gabe des Zölibates mit der richtigen Motivation, das heisst als Geschenk an Christus und an die Seelen angenommen, ist sie nicht nur keine Quelle von Einsamkeit, sondern im Gegenteil ein fruchtbarer Nährboden für Geselligkeit und Freundschaft. Freundschaft zunächst einmal mit Christus, dem man täglich in der Eucharistie und im Gebet begegnet, aber auch mit den Mitmenschen’ (92).

Dieses Schema ‘Von Christus her ‘ für die Seelen’ zieht sich gleichsam wie ein roter Faden durch das Buch und lässt den heiligen Zölibat in seiner gesamten Sinnhaftigkeit und Nützlichkeit erkennen ‘ für den zölibatären Priester selbst, wie auch seiner Hirtensorge anvertrauten Menschen.

Eigens erwähnt werden sollte die Krone, welche dem Buch aufgesetzt wurde: nämlich die ausführliche Mitwirkung Seiner Eminenz, des hochwürdigsten Herrn Kardinalpräfekt der Kleruskongregation der heiligenkatholischen Kirche, Mauro Kardinal Piacenza.

Der Kurienkardinal hat nicht nur das Vorwort zu diesem Buch verfasst, sondern dazu noch einen beinah 40 Seiten umfassenden Beitrag zum Thema: ‘Was die Päpste über den Zölibat lehren: Von Pius XI. bis Benedikt XVI.’. In diesem umfassenden Beitrag zeigt der Kirchenfürst die Lehrkontinuität innerhalb des jüngeren päpstlichen Lehramtes auf und beleuchtet im Speziellen einige besonders signifikante Stellen aus dem Lehrwerk der letzten Päpste, in deren Denken der Leser quasi im Zeitraffer und verdichtet eindringt. Diesen seinen Beitrag schliesst der Kardinal mit sieben überaus bedenkenswerten (und befolgenswerten!) Schlussfolgerungen.

Bereits in seinem Vorwort erkennt der Kardinal, dass ‘der kirchliche Zölibat, apostolica vivendi forma, ein wichtiges und wahrheitsmächtiges Gut und eines der grössten Geschenke, die der Herr seiner Kirche hinterlassen hat’ ist. ‘Der Zölibat ist im Laufe der Jahrhunderte ‘und auch in den letzten Jahrzehnten-‘, so der Kardinalpräfekt, ‘oft genug attackiert worden, und diese Angriffe kommen nicht selten aus Kontexten und Mentalitäten, denen der Glaube als Lehre wie auch als Praxis weitgehend fremd ist’. Wir Seelsorger dürfen die jungen Menschen nicht verraten, indem wir geringere Ansprüche stellen, sondern müssen ihren Ambitionen dienen, indem wir sie ermutigen, nach Höherem zu streben. Um dies zu erreichen, dürfen wir die Welt nicht fürchten und uns in keiner Weise von ihr konditionieren lassen’, so der Kardinal.

Diese exemplarischen, erfrischenden und ermutigenden Passagen aus dem Vorwort können ohne Weiteres für den Geist des gesamten Buches stehen, aus welchem selbiges atmet.

Im Anhang des Buches haben Hw. Arturo Cattaneo und Hw. Prof. Manfred Hauke noch einen Überblick der wichtigsten Lehramtstexte über den Priesterzölibat für den Leser bereitgestellt, deren Zeitspanne sich von der frühchristlichen Zeit bis hinein in die Gegenwart erstreckt. Somit hat der geneigte Leser die Gelegenheit, selbst direkt in die betreffenden Quellen hinein zu tauchen und sich in der Materie weiter zu vertiefen.

Als Gesamturteil bleibt zu sagen, dass, soviel auch schon zum Thema geschrieben worden sein mag, ein solches Werk wirklich noch ausständig war. Es bietet in geraffter Form und mit einer Sprache die klar und deutlich ist die wichtigsten, theologisch gut fundierten Argumente an, die sofort zum Punkt kommen und dennoch alles Wesentliche beinhalten.

Es ist sowohl für jene geeignet, welche selbst noch Fragen zum Thema haben, als auch für jene, welche in ihrer täglichen Arbeit im Weinberg des Herrn ständig mit der einen oder anderen Frage zum Thema Zölibat konfrontier sind. Für dieses Werk, welchem eine weitest mögliche Verbreitung zu wünschen ist, ist nur zu danken.

Michael Gurtner ist Magister der Theologie. Quelle: kath.net

Verheiratete Priester? 30 brisante Fragen zum Zölibat

Herausgeber: Manfred Hauke, André-Marie Jerumanis, Erensto William Volonté, Arturo Cattaneo
Übersetzer: Gabriele Stein
Broschiert: 160 Seiten
Verlag: Bonifatius Druckerei (24. April 2012)
Sprache: Deutsch

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