Der Schock sitzt tief
Der Schock sitzt tief
Montag, 11. Februar 2013, von Natalie Nordio
Alles dachte zunächst, es sei ein übler Karnevalsscherz. Doch bald war – zumindest in Rom – niemand mehr zum Scherzen aufgelegt.
Zugegeben, es war Rosenmontag, aber das interessiert in Rom im Grunde niemanden. Also ein stink normaler Montagmorgen schien es mir zu sein, als ich mich bei typisch römischem Februar-Regen-Wetter mit einem kräftigen eiskalten Wind gepaart ins Büro aufmachte. Dies allerdings ungewohnt früh, als hätte ich irgendwie schon gespürt, dass heute rein gar nichts so sein würde wie an einem stink normalen Montag.
Kaum im Büro angekommen klingelt mein Mobiltelefon, dran ist mein Freund. “Hast du es schon gehört?” “Nein was denn”, frage ich, und dann kam er, der Satz, den ich wohl so schnell nicht mehr vergessen werde: “Der Papst ist zurückgetreten!” “Ja na klar”, sage ich und denke nur, dass ist wieder mal typisch, immer diese Wichtigmacher von der italienischen Presse. Als ich aber im weiteren Gesprächsverlauf erfahre, dass Benedikt XVI. selbst in lateinischer Sprache seinen Rücktritt auf den 28. Februar erklärt habe, krampft sich mein Magen zusammen. Ich beende das Gespräch und rufe zuhause in Deutschland an, denn das eben Gehörte musste doch einfach eine Falschmeldung sein. Meine Mutter zappt mit mir am Hörer einmal quer durch alle Kanäle, um mir nach wenigen Sekunden gleiches zu berichten.
Nun rufe ich den Chef an in der Annahme, der wisse natürlich längst Bescheid. Doch weit gefehlt. Der Chef nimmt ab und ich sprudle los wie ein Wasserfall. Er versteht kein Wort und ich wiederhole alles noch einmal ganz langsam: “Der Papst tritt zurück.” Am anderen Ende der Leitung ist es erst Mal still. Auf die Stille folgt Unglaube, ich hab den Chef mit meinem Anruf ganz kalt erwischt, denn er wusste auch noch von nichts. Als wir uns nach weiteren fünf Minuten unter den Kolonnaden des Petersplatzes begegnen, hat auch er Gewissheit. “Es stimmt”, und ich antworte ihm: “Aber das kann ER doch nicht machen!”. Das Telefon im Büro steht nicht mehr still. Und auf dem Petersplatz sausen die ersten Kamerateams ziemlich orientierungslos hin und her. Die Sonne, die sich zur Mittagsstunde für eine kurzen Augenblick gezeigt hatte, ist wieder hinter einer dicken Wolkendecke verschwunden und hat nicht als undurchsichtiges Grau am Himmel zurückgelassen.
Und dies gerade am 11. Februar, einem Feiertag, ja einem Festtag, an dem der Vatikan den 84. Jahrestag der Unterzeichung der Lateranverträge feiert.
Von Politikern und Kirchenmännern aus Deutschland, Europa und der Welt kommen Respektsbekundungen für die Entscheidung Benedikts XVI. Eine Entscheidung, die er wohl ganz mit sich selbst ausgemacht hat, mit Sicherheit die schwerste seines Lebens und die nicht nur bei uns vor den Toren des Vatikans wie ein Blitz eingeschlagen hat.
Nun sitze ich hier im Büro und blicke in Richtung Vatikan und kann es einfach immer noch nicht glauben, dass wir am diesjährigen Osterfest nicht mehr den Worten Benedikts lauschen werden.
Immer noch leicht schockiert verbleibe ich mit römischen Grüssen
Ihre Natalie Nordio
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