Der Gedächtnistag Allerseelen

Der Gedächtnistag aller armen Seelen

Festtag, Gedenktag oder auch Verehrungstag ist der 2. November

Am Tag aller Heiligen richtet die heilige Kirche den Blick ihrer Kinder zum Himmel und zeigt ihnen die Glorie und Seligkeit ihrer verklärten Glieder; heute aber spricht sie trauernd zu uns:

“Ich habe noch andere, teuere Glieder, die ohne Freude, ohne Trost, ohne Erquickung und Ruhe im Ort der Qual und Peinen unaufhörlich nach Erlösung seufzen, die erfasst von einem unvorstellbaren Sehnen nach der Vereinigung mit Gott, noch unwürdig sich fühlen, zu schauen sein heiligstes Angesicht und erst vom Feuer gereinigt werden müssen, um dieser Gnade teilhaftig werden zu können. Sie sind Glieder meines Leibes, aber arm und elend, hilflos und jeglichem Leid preis gegeben. Ihr aber, meine Kinder, die ihr noch lebt, ihr könnt ihnen helfen, ihr könnt abkürzen, ja enden die Tage ihrer Qual und stillen ihre Sehnsucht nach der Anschauung Gottes. Sie sind ja eure Brüder und Schwestern, eure Freunde, eure Glaubensgenossen, wollt ihr sie vergeblich rufen lassen nach eurer Hilfe? ”

Wer diese hilflosen Brüder und Schwestern sind, das sagt dir dein katholisches Herz. Es sind die armen Seelen im Fegefeuer. Da sie abgeschieden von dieser Welt, hatten sie das Werk der schuldigen Busse für ihre Sünden noch nicht vollbracht und sich nicht gereinigt von jeder Makel der Sünde. Darum hat sie der dreimal heilige und gerechte Gott von sich gewiesen, aber nicht für immer verstossen, denn in seiner Gnade sind sie gestorben. Nicht würdig, in den Himmel einzugehen, wo nur die reinen, lauteren Seelen wohnen dürfen, aber auch nicht schuldig der ewigen Strafe der Hölle, weil keine Todsünde sie belastet, mussten sie hinab steigen in den Ort der Reinigung, um dort geläutert zu werden, wie das Gold im Feuerofen. Dort nun dass es jede Pein übersteigt, welche ein Mensch jemals gelitten hat oder leiden kann. “Alle Strafen, Qualen und Peinen der Welt, die man sich nur denken mag, sind im Vergleich mit den Leiden des Fegefeuers vielmehr Erquickungen,” schreibt der heilige Bischof Cyrillus an den heiligen Augustin. Ihr grösstes Leid aber, das allen Begriff übersteigt, ist die Trennung von Gott, dem allerhöchsten Gut. Ihre Liebe zu Gott, losgelöst von jeder Anhänglichkeit an das Irdische, ist grenzenlos; mit unbeschreiblicher Sehnsucht verlangen sie nach der Vereinigung nach ihm, der Urquelle aller Seligkeit, ja, sie fühlen sich, wie die heilige Katharina von Genua sagt, von einer unvorstellbaren Gewalt zu Gott hingezogen und können doch nicht zu ihm gelangen, ja sie fühlen es mit ungeheurem Schmerz, dass sie der Anschauung Gottes nicht würdig sind, weil noch Flecken an ihnen haften und ihre Schuld noch nicht gebüsst ist. So finden sie sich einerseits zu Gott hingezogen, ja von Gott selbst angezogen, aber andererseits von den Fesseln ihrer Sünden und ihrer Schuld zurück gehalten. Der Schmerz hierüber, der ihr Inneres gleichsam zerreisst, ist nicht zu schildern. Dazu kommt noch, dass sie sich nicht helfen können und auch kein Mittel haben, ihren Schmerz zu lindern. Dass sie zu Gott kommen werden, das wissen sie, aber die von Gottes Gerechtigkeit bestimmte Zeit ihrer Pein können sie nicht abkürzen. Die Zeit des Verdienstes ist für sie abgelaufen, ihre Leiden, die sie mit vollster Geduld und Ergebung tragen, bilden kein verdienstliches Werk mehr, womit sie ihre Schuld bezahlen können: Es ist die Nacht für sie angebrochen, wo niemand mehr wirken kann. Sie können und müssen nur leiden.

Doch da kommt ihnen die katholische Liebe zu Hilfe und bringt ihnen Trost, Erquickung und Erlösung. Gemäss der Lehre von der Gemeinschaft der Heiligen sind die Seelen der Abgestorbenen im Reinigungsort von uns nicht getrennt, wie die verdammten, die da abgeschnitten sind vom Leibe Christi. Der Glaube, die Hoffnung und die Liebe verbindet sie mit uns, sie sind unsere Brüder und Schwestern im Herrn und wenn sie sich selbst nicht helfen können, so können wir es tun. Wir können für sie beten, wir können gute Werke für sie verrichten, durch Almosen spenden, wir können das heiligste Opfer für sie darbringen und die Früchte der heiligen Ablässe ihnen schenken.

Schon im alten Bund beteten und opferten die Juden für ihre Verstorbenen; denn, heisst es im Buch der Machabäer, es ist ein heiliger und heilsamer Gedanke, für die dahin geschiedenen zu beten, damit sie von ihren Sünden erlöst werden (2. Mach 12, 46.), und das selbe Buch erzählt, dass der fromme Judas zwölftausend Drachmen Silber nach Jerusalem sendete, damit man daselbst opfere für die Sünden der Verstorbenen. (2 Mach. 12, 43.) Noch häufiger, inniger und wirksamer geschah dies im neuen Bund. Man soll nicht zweifeln, schreibt der heilige Chrysostomus, dass die Verstorbenen durch das Gebet der heiligen Kirche, durch das heilsame Opfer und durch das Almosen, welches für ihre Seelen ausgespendet wird, Hilfe bekommen. Denn dieses ist von den Vätern übergeben worden und die ganze Kirche beobachtet es. Dass aber auch die heiligen Ablässe den armen Seelen Trost und Erquickung und auch Erlösung gewähren, erhellt aus der Erklärung der Päpste, welche die selben verleihen, nur muss immer beigesetzt sein, dass sie den armen Seelen zugewendet werden können. Dieses Zuwenden der heiligen Ablässe besteht aber darin, dass man bittet, es möge Gott um der Verdienste Jesus und seiner Heiligen willen die Gnade des Ablasses den armen Seelen zu Gute kommen lassen und bei der Barmherzigkeit Gottes steht es dann, in wie weit er diese Zuwendung annehmen will. Wie sehr aber das Gebet und die guten Werke den armen Seelen im Reinigungsort helfen, davon haben wir aus dem Leben der Heiligen eine Menge der überweisendsten Zeugnisse. Die heilige Ludwina, die grosse Dulderin, wurde öfters von ihrem Heil. Schutz-Engel in den Reinigungsort geführt; dort sah sie die verschiedenen Leiden der selben, je nach ihrer Schuld. Dieser Anblick ergriff dann ihre Seele so sehr, dass sie unaufhörlich für sie betete und weinte. Oft geschah es, dass ihr die natürlichen Tränen ausgingen und dafür blutige Zähren aus ihren Augen drangen. Dafür aber belohnte sie Gott mit der Erlösung vieler armer Seelen, die sie voll himmlischer Wonne in die Seligkeit eingehen sah. Das nämlich war auch der Fall bei der seligen Margareta Alacoque, die oft mit den armen Seelen verkehrte und Tag uns Nacht für sie betete und büsste. Als die Oberin Philiberta starb, wurde ihre Seele besonders dem Gebete der seligen Margareta empfohlen, da man wusste, dass sie grosses Mitleid mit den armen Seelen trage und ihr Gebet viel vermöge. Sie sah auch die Seele der ehrwürdigen Oberin im Reinigungsort, welche dort wegen kleiner Fehler weilen musste und erkannte, dass Gott diese Seele liebt und ihr eine reichliche Belohnung im Himmel bereitet hat, sobald sie ihre Reinigung vollbracht hat. Grosse Linderung wurde ihr zu teil durch die Gebete und guten Werke, die alle Tage im Orden der Heimsuchung Mariä für sie dargebracht wurden. In der Nacht vom grünen Donnerstag auf den Karfreitag betete Margareta wieder für diese Oberin und da zeigte ihr der Herr die Seele der Oberin, als sie unter dem Kelche lag, worauf die heilige Hostie war und einen Teil der Verdienste seines Kampfes auf dem Ölberg empfange. Am Ostersonnntag sah sie die selbe voll freudiger Sehnsucht nach der Anschaung Gottes und am Sonntag des guten Hirten, wie sie aus dem Reinigungsort empor stieg und in einer Glorie von Licht verschwand, jubelnd und singend. Sechundachtzig Tage musste diese heilige Seele im Reinigungsort weilen. Ein anderes Mal betete sie für zwei Personen von hohem Stande. Da wurde ihr eine davon gezeigt, verurteilt auf mehrere Jahre zu den Peinen des Feuers, ungeachtet dass feierliche Hochämter und eine grosse Anzahl Messen für sie gehalten wurden. Alle diese Gebete und Fürbitten aber wurden von der göttlichen Gerechtigkeit den Seelen einiger Familien, die Untertanen dieser Person und wegen ihres Mangels an Nächstenliebe gegen sie ganz in Armut versunken waren, zugewendet, weil nämlich diese Familien so arm starben, dass sie nach ihrem Tode nicht für sich hatten beten lassen können und vergessen wurden.

Der heiligen Brigitta erschien ihr Gemahl Ulpho und bat sie, alles Silbergerät und die Pferde an denen er so viel Vergnügen gehabt hat, zu seiner Erlösung zu verkaufen und das Geld dafür den Armen auszuteilen, auch die silbernen Becher an dürftige Kirchen zum Dienste des Altars zu verschenken, indem solches Almosen Gott höchst angenehm sei.

Du siehst also, lieber Leser, wie du den armen Seelen helfen kannst.

Quelle
AlleSeelen: Heiligenlexikon
Hl.JohannesChrysostomus
Hl.Lidwina: Die Dulderin
Hl.MargaretaMariaAlacoque

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