32. Sonntag im Jahreskreis

Evangelium nach Markus 12,38-44

Er lehrte sie und sagte: Nehmt euch in acht vor den Schriftgelehrten! Sie gehen gern in langen Gewändern umher, lieben es, wenn man sie auf den Strassen und Plätzen grüsst, und sie wollen in der Synagoge die vordersten Sitze und bei jedem Festmahl die Ehrenplätze haben. Sie bringen die Witwen um ihre Häuser und verrichten in ihrer Scheinheiligkeit lange Gebete. Aber um so härter wird das Urteil sein, das sie erwartet. Als Jesus einmal dem Opferkasten gegenübersass, sah er zu, wie die Leute Geld in den Kasten warfen. Viele Reiche kamen und gaben viel. Da kam auch eine arme Witwe und warf zwei kleine Münzen hinein. Er rief seine Jünger zu sich und sagte: Amen, ich sage euch: Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten hineingeworfen als alle andern. Denn sie alle haben nur etwas von ihrem Überfluss hergegeben; diese Frau aber, die kaum das Nötigste zum Leben hat, sie hat alles gegeben, was sie besass, ihren ganzen Lebensunterhalt.

Kommentar zum heutigen Evangelium
Hl. Therese vom Kinde Jesus (1873-1897), Karmelitin, Kirchenlehrerin, Selbstbiographie

“Sie hat alles gegeben”

“Ich will dich im Buch des Lebens lesen lassen, das die Wissenschaft der Liebe enthält”. Die Wissenschaft der Liebe, o ja, dies Wort tönt süss im Ohr meiner Seele; nur diese Wissenschaft begehre ich. Nachdem ich alle meine Schätze für sie dahingab, habe ich, wie die Braut des Hohenliedes (vgl. Hld 8,7), die Empfindung, nichts gegeben zu haben… Ich begreife so gut, dass nur die Liebe uns dem lieben Gott wohlgefällig zu machen vermag, und so ist diese Liebe das einzige Gut, das ich begehre.

Jesus gefällt es, mir den einzigen Weg zu zeigen, der zu diesem göttlichen Glutofen führt; dieser Weg ist die Hingabe des kleinen Kindes, das angstlos in den Armen seines Vaters einschläft… “Wer unerfahren ist, kehre hier ein” (Spr 9,4), hat der Heilige Geist durch den Mund Salomos gesagt, und derselbe Geist der Liebe hat ferner gesagt: “Der Geringe erfährt Nachsicht und Erbarmen” (Weish 6,6) In seinem Namen verkündet uns der Prophet Jesaja, dass am letzten Tage der Herr “wie ein Hirt seine Herde zur Weide führt und die Lämmer auf dem Arm trägt” (Jes 40,11)…

Ach! Fühlten doch alle schwachen und unvollkommenen Seelen, was die kleinste aller Seelen empfindet, die Seele Ihrer kleinen Therese; so würde keine einzige daran verzweifeln, den Gipfel des Berges der Liebe zu erreichen; denn Jesus fordert keine grossen Taten, sondern nur Hingabe und Dankbarkeit. Sagt er doch im Psalm 50: “Ich nehme von dir Stiere nicht an noch Böcke aus deinen Hürden. Denn mir gehört alles Getier des Waldes, das Wild auf den Bergen zu Tausenden. Ich kenne alle Vögel des Himmels… Hätte ich Hunger, ich brauchte es dir nicht zu sagen, denn mein ist die Welt und was sie erfüllt. Soll ich denn das Fleisch von Stieren essen und das Blut von Böcken trinken? Bring Gott als Opfer dein Lob” (Ps 50,9-13). Das ist alles, was Jesus von uns fordert. Er bedarf unserer Werke nicht, sondern nur unserer Liebe; denn derselbe Gott, der erklärt, er brauche es uns nicht zu sagen, wenn er hungere, hat sich nicht gescheut, von der Samariterin ein wenig Wasser zu erbitten (Joh 4,7). Ihn dürstete… Er hatte Durst nach Liebe. Ach! Mehr denn je fühle ich: Jesus dürstet. Er trifft nur auf Undankbare und Gleichgültige unter den Jüngern der Welt, und unter seinen eigenen Jüngern findet er – ach! – so wenig Herzen, die sich ihm ohne Rückhalt hingeben und die ganze Zärtlichkeit seiner unendlichen Liebe verstehen.

Lesungen

Erstes Buch der Könige 17,10-16

Er machte sich auf und ging nach Sarepta. Als er an das Stadttor kam, traf er dort eine Witwe, die Holz auflas. Er bat sie: Bring mir in einem Gefäss ein wenig Wasser zum Trinken! Als sie wegging, um es zu holen, rief er ihr nach: Bring mir auch einen Bissen Brot mit! Doch sie sagte: So wahr der Herr, dein Gott, lebt: Ich habe nichts mehr vorrätig als eine Hand voll Mehl im Topf und ein wenig Öl im Krug. Ich lese hier ein paar Stücke Holz auf und gehe dann heim, um für mich und meinen Sohn etwas zuzubereiten. Das wollen wir noch essen und dann sterben. Elija entgegnete ihr: Fürchte dich nicht! Geh heim und tu, was du gesagt hast. Nur mache zuerst für mich ein kleines Gebäck und bring es zu mir heraus! Danach kannst du für dich und deinen Sohn etwas zubereiten; denn so spricht der Herr, der Gott Israels: Der Mehltopf wird nicht leer werden und der Ölkrug nicht versiegen bis zu dem Tag, an dem der Herr wieder Regen auf den Erdboden sendet. Sie ging und tat, was Elija gesagt hatte. So hatte sie mit ihm und ihrem Sohn viele Tage zu essen. Der Mehltopf wurde nicht leer und der Ölkrug versiegte nicht, wie der Herr durch Elija versprochen hatte.

Psalm 146(145),7.8-9a.9bc-10

Recht verschafft er den Unterdrückten, den Hungernden gibt er Brot; der Herr befreit die Gefangenen. Der Herr öffnet den Blinden die Augen, er richtet die Gebeugten auf. Der Herr beschützt die Fremden und verhilft den Waisen und Witwen zu ihrem Recht. Der Herr liebt die Gerechten, doch die Schritte der Frevler leitet er in die Irre.

Der Herr ist König auf ewig, dein Gott, Zion, herrscht von Geschlecht zu Geschlecht. Halleluja!

Brief an die Hebräer 9,24-28

Denn Christus ist nicht in ein von Menschenhand errichtetes Heiligtum hineingegangen, in ein Abbild des wirklichen, sondern in den Himmel selbst, um jetzt für uns vor Gottes Angesicht zu erscheinen; auch nicht, um sich selbst viele Male zu opfern, (denn er ist nicht) wie der Hohepriester, der jedes Jahr mit fremdem Blut in das Heiligtum hineingeht; sonst hätte er viele Male seit der Erschaffung der Welt leiden müssen. Jetzt aber ist er am Ende der Zeiten ein einziges Mal erschienen, um durch sein Opfer die Sünde zu tilgen. Und wie es dem Menschen bestimmt ist, ein einziges Mal zu sterben, worauf dann das Gericht folgt, so wurde auch Christus

P.BernhardSirch: Wir sollen von Zeit zu Zeit Gott ein Opfer darbringen
Impuls zum 32. Sonntag im Jahreskreis
Tagesheiliger: Hl. Martin von Tours

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