23. Sonntag im Jahreskreis
Evangelium nach Markus 7,31-37
Jesus verliess das Gebiet von Tyrus wieder und kam über Sidon an den See von Galiläa, mitten in das Gebiet der Dekapolis. Da brachte man einen Taubstummen zu Jesus und bat ihn, er möge ihn berühren. Er nahm ihn beiseite, von der Menge weg, legte ihm die Finger in die Ohren und berührte dann die Zunge des Mannes mit Speichel; danach blickte er zum Himmel auf, seufzte und sagte zu dem Taubstummen: Effata!, das heisst: Öffne dich!
Sogleich öffneten sich seine Ohren, seine Zunge wurde von ihrer Fessel befreit, und er konnte richtig reden. Jesus verbot ihnen, jemand davon zu erzählen. Doch je mehr er es ihnen verbot, desto mehr machten sie es bekannt. Ausser sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gut gemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.
Kommentar zum heutigen Evangelium
Johannes Tauler (um 1300 – 1361), Dominikaner in Strassburg, 49. Predigt
“Er hat alles gut gemacht: den Tauben gibt er das Gehör und den Stummen die Sprache”
Wir müssen genau untersuchen, was den Menschen taub macht. Weil es sein Ohr den Einflüsterungen des Feindes geliehen hatte, weil es seine Worte angehört hatte, darum ist das erste Ehepaar unserer Vorfahren als erstes taub geworden. Und wir sind es nach ihm geworden, so dass wir die liebevollen Eingebungen des ewigen Wortes weder hören noch verstehen können. Dennoch wissen wir sehr wohl, dass das ewige Wort auf dem Grund unseres Seins ist, so unaussprechlich nahe bei uns und in uns, wie unser Sein selbst; unsere eigene Natur, unsere Gedanken, alles, was wir benennen, sagen oder verstehen können, das alles ist uns nicht so nahe und nicht so innerlich gegenwärtig, wie es das ewige Wort ist. Und dieses Wort redet unaufhörlich im Menschen. Doch der Mensch hört es nicht, weil er von einer grossen Taubheit befallen ist… Gleichzeitig wurde er dergestalt in seinen anderen Möglichkeiten beschnitten, dass er ebenfalls stumm geworden ist und sich selbst nicht kennt. Wenn er von seinem Inneren sprechen wollte, so könnte er es nicht, da er nicht weiss, wo er steht und sein eigenes inneres Sein nicht kennt…
Was hat es also auf sich mit der Einflüsterung des bösen Feindes? Es ist die Unordnung, die er dich sehen lässt mit ihrer schillernden Seite. Und er überredet dich, sie anzunehmen, indem er sich der Liebe oder der Suche nach den geschaffenen Dingen dieser Welt und allem, was an ihr hängt, bedient: der Reichtümer, der Ehren, selbst der Freunde und Verwandten, ja sogar deiner eigenen Natur, kurz, aller Dinge, die dir Geschmack an den Reichtümern dieser gefallenen Welt vermitteln. Das alles enthält seine Einflüsterung …
Aber dann kommt unser Herr: er legt seinen heiligsten Finger in das Ohr des Menschen und etwas von seinem Speichel auf seine Zunge. Und dadurch lässt er den Menschen sein Wort wieder finden.
Hl.Petrus Claver: Tagesheiliger
P.Bernhard Sirch: vor den Menschen und vor Gott sind wir oft taubstumm
Impuls: Die wahre Freiheit
Schreibe einen Kommentar