Magnificat anima mea Dominum, et exultavit spiritus meus

Mit dem Papst durch den Marienmonat Mai

Auf kath.net jeden Tag eine Betrachtung zur Gottesmutter aus dem Lehramt Benedikts XVI. zu Maria. Von Armin Schwibach

Rom, kath.net, 27. Mai 2012

Der erste Satz des marianischen Lobgesanges (vgl. Lk 1,46–50) ist eine Art Solostimme, die sich zum Himmel erhebt, um den Herrn zu erreichen. Wir hören die Stimme der allerseligsten Jungfrau, die so von ihrem Retter spricht, der in ihrer Seele und in ihrem Leib Grosses getan hat. Man beachte nämlich, dass beständig in der ersten Person gesprochen wird: “Meine Seele …, mein Geist …, mein Retter …, sie preisen mich selig …, er hat Grosses an mir getan”. Die Seele des Gebets ist also die Feier der göttlichen Gnade, die in das Herz und die Existenz Mariens hereingebrochen ist und sie zur Mutter des Herrn werden liess.

Inhalt und Gestalt ihres gesungenen Gebets ist der Lobpreis, der Dank, die anerkennende Freude. Aber dieses persönliche Zeugnis ist nicht das auf einen einzelnen beschränkte, intime, rein individualistische Zeugnis, denn die Jungfrau Maria ist sich bewusst, dass sie einen Auftrag für die Menschheit zu erfüllen hat und ihr Schicksal sich in die Heilsgeschichte einfügt. Und so kann sie sagen: “Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten” (V. 50).

Mit diesem Lob des Herrn verleiht die selige Jungfrau allen erlösten Geschöpfen, die in ihrem “Fiat” und somit in der Gestalt des von der Jungfrau geborenen Jesus das Erbarmen Gottes finden, eine Stimme.

An dieser Stelle beginnt der zweite poetisch- spirituelle Satz des Magnifikat (V. 51–55). Er hat die Merkmale eines Chorgesangs, so als vereinigte sich mit der Stimme Mariens jene der ganzen Gemeinschaft der Gläubigen, die die überraschenden Ratschlüsse Gottes preisen. Im griechischen Urtext des Lukasevangeliums haben wir sieben Verben im Aorist, die auf ebenso viele Taten hinweisen, die der Herr fortwährend in der Geschichte vollbringt: “Er vollbringt machtvolle Taten …, er zerstreut die im Herzen voll Hochmut sind…, er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen …, die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen…, er nimmt sich seines Knechtes Israel an”.

In diesen sieben göttlichen Werken wird der “Stil” offenkundig, an dem der Herr der Geschichte sein Verhalten inspiriert: Er stellt sich auf die Seite der Letzten, der Geringsten. Sein Plan ist oft hinter dem undurchsichtigen Bereich der menschlichen Angelegenheiten verborgen, in denen “die Hochmütigen, Mächtigen und Reichen” zu triumphieren scheinen. Doch die geheimnisvolle Kraft des göttlichen Heilsplanes ist dazu bestimmt, schliesslich enthüllt zu werden, um zu zeigen, wer die wahren Erwählten Gottes sind: “Jene, die ihn fürchten”, die seinem Wort treu sind; “die Demütigen, die Hungernden, sein Knecht Israel”, das heisst, die Gemeinschaft des Gottesvolkes, das wie Maria aus denen besteht, die “arm”, rein und einfachen Herzens sind. Das ist jene “kleine Herde”die eingeladen ist, sich nicht zu fürchten, weil der Vater beschlossen hat, ihr sein Reich zu geben (vgl. Lk 12, 32).

Und so lädt uns dieser Hymnus ein, uns der kleinen Herde anzuschliessen und in der Reinheit und Einfachheit des Herzens, in der Liebe Gottes wirklich Glieder des Volkes Gottes zu sein.

Generalaudienz, 15. Februar 2006

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