Das Vorbild des knienden Betens in der werdenden Kirche

Benedikt XVI. setzt ein ‚Ausrufezeichen für die Realpräsenz’

Er mahnt die Gläubigen zur angemessenen Form des Kommunionempfangs

‚Nachahmen’ und dadurch zum rechten Mass kommen und Mass geben. Von Armin Schwibach

Rom, kath.net/as, 7. April 2012

Die Predigt Papst Benedikts XVI. zur Chrisam-Messe am Gründonnerstag ist nicht zuletzt aufgrund seiner eindeutigen Mahnung an die österreichische “Priesterinitiative” mit ihrem Aufruf zum Ungehorsam in die Geschichte dieser Karwoche und österlichen Zeit und wohl in die Kirchengeschichte eingegangen. Dabei ging es dem Papst jedoch nicht allein darum, klarzustellen: So nicht, oder: Bis hier hin und nicht weiter. Die Predigt ist bedeutend breiter angelegt. Benedikt XVI. zielte auf die Klärung des Sinns der wahren Erneuerung ab, deren Voraussetzung und Grund die “Gleichgestaltung mit Christus ist”. Ohne dieses hohe Mass wird jedes Reformbestreben zum “verzweifelten Drang, etwas zu machen, die Kirche nach unseren Wünschen und Vorstellungen umzuwandeln”.

Der Papst gibt zu: die Gestalt Jesu Christi mag oft zu hoch und gross erscheinen, als dass wir wagen könnten, daran Mass zu nehmen. Doch: “Der Herr weiss das. Deshalb hat er für Übersetzungen in Grössenordnungen gesorgt, die uns zugänglicher und näher sind. Paulus hat aus eben diesem Grund seinen Gemeinden ohne Scheu gesagt: Ahmt mich nach, ich aber gehöre Christus. Er war für seine Gläubigen eine Übersetzung von Christi Lebensstil, die sie sehen und der sie sich anschliessen konnten. Seit Paulus hat es die ganze Geschichte hindurch immerfort solche Übersetzungen von Jesu Weg in geschichtliche Lebensgestalten hinein gegeben”.

“Nachahmen” und dadurch zum rechten Mass kommen und Mass geben: dies sind Hauptwörter des Reformdenkens und Reformhandelns Benedikts XVI. Wie Paulus sagt auch er: “Ahmt mich nach, denn ich gehöre Christus”. Nachahmen heisst hier nicht nachäffen, oberflächlich einen Schein aufbauen. Nachahmen ist vielmehr der Weg, der zum Verständnis und Leben des Eigentlichen führt, und zwar ganz konkret. Das Nachahmen führt zum Knien vor dem unendlich Grösseren, ohne dass dieses abschrecken oder gar vernichten würde, Nachahmen führt zum wahren Gebet, zum Beten, dem der Papst nicht umsonst seit Monaten die Katechesen bei den Generalaudienzen widmet.

Benedikt XVI. mahnt hier: Wir müssen darauf achten, was uns die Evangelisten über die Haltung Jesu bei seinem Beten berichten, und erhebt so diese Berichte zum Mass für alle Gläubigen: “Matthäus und Markus sagen uns, dass er sich zu Boden warf (Mt 26, 39; vgl. Mk 14,35), also die Haltung radikaler Hingabe einnahm, wie sie in der römischen Liturgie sich am Karfreitag erhalten hat. Lukas hingegen sagt uns, dass Jesus kniend gebetet habe.

In der Apostelgeschichte berichtet er von dem knienden Beten der Heiligen: Stephanus bei seiner Steinigung, Petrus bei einer Totenerweckung, Paulus auf dem Weg zum Martyrium. Lukas hat so eine kleine Geschichte des knienden Betens in der werdenden Kirche entworfen. Die Christen treten mit ihrem Knien in das Ölbergsgebet Jesu hinein.

In der Bedrohung durch die Macht des Bösen sind sie als Kniende aufrecht der Welt gegenüber, aber als Kinder auf den Knien vor dem Vater. Vor der Herrlichkeit Gottes knien wir Christen und anerkennen seine Göttlichkeit, aber wir drücken in dieser Gebärde auch unsere Zuversicht aus, dass er siegt” (Predigt zur Messe „in coena Domini, Gründonnerstag 2012).

Die Anerkennung der Göttlichkeit Christi kann zu nichts anderem führen, als in die Knie zu fallen und sich so dem liebenden Blick des Heilands auszusetzen, der nicht gezögert hat, sich selbst im Kampf gegen das Böse und die Sünde darzubringen, um über sie zu siegen.

Auch beim Knien setzt Benedikt XVI. nachzuahmende Beispiele, deren Anliegen allein die Hinführung des Gläubigen zum innersten Geheimnis und zur innersten Wirklichkeit seines Glaubens ist. Seit Jahren ist es üblich, dass bei Messen mit dem Papst er selbst die Kommunion dem knienden Gläubigen in den Mund gibt. Der Wunsch des Papstes ist es, dass dies auch alle anderen tun, nicht nur bei den liturgischen Feiern mit dem Papst, sondern überall. Statt ein “Gesetz” zu erlassen, will der Papst nachgeahmt werden, so wie Paulus zum Vorteil des Glaubens und für das Seelenheil der Gläubigen nachgeahmt werden wollte.

Zeichen setzen, Ausrufezeichen setzen in einer Zeit des “religiösen Analphabetismus”, in der die Grundlagen des Glaubens, die früher jedes Kind wusste, immer weniger gekannt werden (vgl. Predigt zur Chrisam-Messe): Bereits in seinem Interviewbuch “Licht der Welt” (mit Peter Seewald) hatte sich Benedikt XVI. hierzu geäussert. Auf die Frage, ob er die kniende Mundkommunion für die angemessenste Haltung bim Kommunionempfang halte, sagte Benedikt XVI.:
“Ich bin nicht grundsätzlich gegen die Handkommunion, habe sie selbst auch gespendet und empfangen. Damit, dass ich die Kommunion jetzt kniend empfangen lasse und in den Mund gebe, wollte ich aber ein Zeichen der Ehrfurcht und ein Ausrufezeichen für die Realpräsenz setzen. Nicht zuletzt deshalb, weil gerade in Massenveranstaltungen, wie wir sie in Sankt Peter und auf dem Petersplatz haben, die Gefahr der Verflachung gross ist. Ich habe von Leuten gehört, die dann die Kommunion in die Brieftasche stecken, sie als irgendein Souvenir mitnehmen.

In diesem Kontext, wo man denkt, es gehört halt einfach dazu, die Kommunion zu empfangen – alle gehen nach vorne, also gehe ich auch –, wollte ich ein klares Zeichen setzen. Es soll deutlich werden: Da ist etwas Besonderes! Hier ist Er da, vor dem man auf die Knie fällt. Achtet darauf! Es ist nicht bloss irgendein sozialer Ritus, an dem wir alle teilnehmen oder auch nicht teilnehmen könnten” (186/187).

Jenseits aller Aufregung aufgrund von der Lehre der Kirche widersprechenden Pfarrerinitiativen oder ähnlichem bleibt das Wesentliche: der Fels, auf dem die Kirche Christi errichtet ist, will nachgeahmt werden. Gerade Ostern kann eine besondere Gelegenheit sein, dem Ansinnen des Stellvertreters Christi zu folgen, da er es ist, der den Lebensstil Christi für die Zeit des Lebens übersetzt.

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