Welt Down-Syndrom Tag 2012
Schützt den Menschen vor dem Menschen!
Sterbehilfe, Abtreibung, Organspende
Donnerstag, 08.03.2012, Focus-Online-Autor “Autorenseite von Alexander Kissler
Ethiker behaupten: Säuglinge soll man töten dürfen. Auch alten Menschen wird zunehmend der Tod nahegelegt. Der Mensch ist zum grössten Feind des Menschen geworden. Zeit für eine Umkehr.
Der Tod ist neuerdings ein Meister aus Holland: In den Niederlanden will eine Sterbehilfe-Organisation eine Sterbeklinik eröffnen und hat bereits ein “Sterben auf Rädern” im Angebot. Die Klinik ist eine Sterbestation, in die von Mitte des Jahres an kommen kann, wer sich professionell ums Leben bringen lassen will. Das “Sterben auf Rädern” meint mobile Ärzteteams, die seit Anfang März die Niederlande bereisen, mit tödlichen Spritzen im Gepäck. An alles ist gedacht.
Schon die Begriffe geraten in Verwirrung: Kann es Aufgabe eines Arztes sein, an die Tür zu klopfen allein in der Absicht, den Tod zu bringen? Kann ein Ort Klinik genannt werden, der Heilung prinzipiell ausschliesst und nur den Tod als Therapieziel akzeptiert? Zweimal nein. Hier wird ein kaltes, hässliches Geschäft rhetorisch aufgehübscht. Zur puren Dienstleistung, bedenkenfrei und standardisiert, verkommt das ärztliche Handwerk, das einmal ein Ethos war. Du willst den Tod? Du kriegst ihn.
Davon abgesehen dass längst nicht jede Suizidbeihilfe sich einem klar formulierten Willen des Patienten verdankt, die Dunkelziffer erschreckend hoch ist und das “sozialverträgliche Ableben” zugunsten Dritter, zum Wohl der Hinterbliebenen oder der Staatshaushalte, in Mode kommt: Von diesen Barbarisierungstendenzen einmal abgesehen, wird ein intimes Vertrauensverhältnis radikal umgebogen. Der rasche Abgang aus täglich mehr tolerierten Gründen erscheint als klinischer Dienst. Zum Tötungsexperten wird der Arzt, der seinen kranken Kunden ausschliesslich als Lebensmüden kennenlernt. Darum ist es gut, dass das Bundesjustizministerium einen Gesetzentwurf zur Strafbarkeit gewerbsmässiger Sterbehilfe vorlegen will.
Der Mensch verliert, der Tod siegt
Am meisten gefährdet wieder einmal der Mensch das menschliche Leben. Schon gibt es sogenannte Medizinethiker, die der Kindstötung das Wort reden. Im Journal of Medical Ethics stand jüngst zu lesen: In allen Fällen, bei denen Abtreibung erlaubt ist, *sollte auch die Tötung nach der Geburt statthaft sein. Die “Kosten für die potentiellen Eltern” in sozialer, psychischer, wirtschaftlicher Hinsicht könnten eine “Abtreibung nach der Geburt” rechtfertigen. Auch könne der “Stand der geistigen Entwicklung” der “potentiellen Person” – des bereits geborenen Babys – gegen deren Lebensrecht sprechen. Der Säugling habe keine “Ziele” und keine “wohlentwickelten Pläne” – im Gegensatz zu den Erwachsenen mit ihren Interessen und Rechten. Ganz ähnlich argumentierte 2005 das “Groningen-Protokoll”, in dem ein niederländischer Arzt darlegte, unter welchen Bedingungen schwerstbehinderte Kinder straffrei getötet werden dürften; mit Billigung übrigens der niederländischen Staatsanwaltschaft. Schon in den 1980er-Jahren präsentierte der australische Bioethiker Peter Singer das philosophische Gerüst für solche Überlegungen.
Das ist im Wortsinne pervers und doch erschütternd konsequent. Wenn man, um als Person anerkannt zu werden, denken können und von sich selbst ein klares Bewusstsein haben muss, dann sind eben der demente Greis und der hilflose Säugling menschliche Wesen, aber keine Personen. Dann kann auch, wie wir es derzeit bei der **staatlichen Organspendeoffensive erleben, der sterbende und also noch lebende Mensch für “hirntot” erklärt werden, zur lebenden Leiche; er denkt ja nicht, ist keine Person mehr. Auch hier will man uns einreden, dass das Lebensrecht ohne Einschränkung nur für Personen gilt. Nur Personen können sich sicher sein, im Ringen um Lebensglück und Lebensqualität nicht den Kürzeren zu ziehen. Irgendwann kommt dann der mobile Tod auch zu denen, die nicht darum gebeten haben. Den Schlüssel liefern die Ethiker und Praktiker schon heute: Wer leben will, muss denken können. Es reicht nicht, Mensch zu sein.
Was lehrt uns die Biopolitik unserer Tage? Wo aus höchst privaten, anfechtbaren Entscheidungen eine Staatsaffäre gemacht wird, verliert der Mensch, unterliegt das Leben. Wo ein Apparat und eine Industrie das Leben klassifizieren, siegt der Tod. Wir müssen künftig das menschliche Leben viel stärker vor dem menschlichen Zugriff schützen. Sonst wird man die Menschen an ihrer Unmenschlichkeit erkennen.
Quelle
Österreichischer Familienbischof
Trisomie21
*Forscherfordern Tötung von Neugeborenen
**Staatliche Organspendeoffensive
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