Die brutale “Moral”

“Entweltlichung der Kirche – Ökologie des Menschen”

Die Tagespost, 27.02.2012, von Stefan Rehder  

Zu den Besonderheiten grosser Persönlichkeiten zählt, dass ihre Worte nicht im lärmenden Geschwätz untergehen, sondern einen, es übertönenden Widerhall erzeugen. Wer die Deutschen fragte, welche Worte Benedikts XVI. ihnen – fünf Monate nach dessen Pastoralbesuch in seiner Heimat – im Gedächtnis geblieben seien, dürfte nicht überrascht sein, wenn sie, statt betreten zu schweigen, bereitwillig Rede und Antwort stünden. Und ganz sicher würde neben der “Entweltlichung der Kirche” auch die “Ökologie des Menschen” immer wieder zitiert werden.

Dabei war das zentrale Thema der Rede Benedikts XVI. vor dem Bundestag, in der er den Begriff der “Ökologie des Menschen” einführte, ein anderes; ging es dem Papst damals doch vor allem um die Quellen des positiven Rechts und die Entfaltung der wahren “Grundlagen des freiheitlichen Rechtsstaates”. Auch der Mensch habe, bemerkte Benedikt XVI. dabei in einem Exkurs, “eine Natur, die er achten muss und die er nicht beliebig manipulieren kann”. Mehr noch: “Wahre menschliche Freiheit” vollziehe sich nur da, wo der Mensch seine Natur achte und “sich annimmt als der, der er ist”. Am vergangenen Samstag hat der Papst diese “Ökologie des Menschen” nun weiter ausbuchstabiert. Bei seiner Ansprache vor der Generalversammlung der Päpstlichen Akademie für das Leben kritisierte Benedikt XVI. in Rom, die Würde der Person werde heute von einer “Hybris der Vernunft”, bei der sich Fortpflanzungsmediziner als “Schöpfer” aufspielten und einer “Logik des Profits” bedroht.

Wie Recht er damit hat, kann längst nicht nur in den USA, sondern auch in seinem Heimatland besichtigt werden. Hier steht nicht nur die Markteinführung eines vom Bundesforschungsministerium mit Steuergeldern geförderten neuartigen Gentests kurz bevor, der Kinder mit Trisomie 21 deutlich früher und zielsicher als jemals zuvor ausfindig machen soll; hier fordern selbst prominente CDU-Politikerinnen wie Bundesfamilienministerin Schröder und die mit einem Reproduktionsmediziner verheiratete Bundesarbeitsministerin von der Leyen, künstliche Befruchtungen mit Steuergeldern zu subventionieren.

Überraschen muss dabei nicht etwa der eklatante Widerspruch zur Lehre der katholischen Kirche, die künstliche Befruchtungen von Beginn an dezidiert abgelehnt hat, sondern der schamlose Ruf nach dem Staat.

Es lohnt sich einmal klarzumachen, was hier eigentlich geschieht. Da rufen sich selbst für Basiskatholiken haltende Menschen, die gegen die Lehre der Kirche die autonome Moral – oder das, was die dafür hielten – in Stellung gebracht haben und die sich verbaten, dass sich der Stellvertreter Christi in ihre “Schlafzimmer-Angelegenheiten” einmische – als wäre das Schlafzimmer eine “moralfreie Zone” – nun lautstark nach “Vater Staat”. Was nichts anderes bedeutet, als dass die Solidargemeinschaft für die Verwirklichung der eigenen Moralvorstellungen finanziell gerade stehen soll. Was wiederum zur Folge hätte, dass das Gewissen derer, die statt einer solchen “Moral” der auch anthropologisch gut begründeten Lehre der Kirche zu folgen wünschen, wie schon bei der Abtreibungsfinanzierung, erneut vergewaltigt würde. So brutal kann “Moral” sein.

Vatikan: Quelle italienisch
Papst: Die Ehe “einzig würdiger Ort” um Kinder zu zeugen

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