Steht ein Massenexodus der Christen aus Nordafrika bevor?
Russisch-orthodoxer Patriarch Kyrill I. besorgt wegen islamistischer Wahlerfolge
Moskau, kath.net/idea, 05.12.2011
In Ägypten und anderen nordafrikanischen Staaten könnte es nach den jüngsten Wahlerfolgen islamistischer Parteien zu einem Massenexodus der Christen kommen. Das befürchtet das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I. (Moskau). Beobachter der noch nicht abgeschlossenen Parlamentswahlen in Ägypten erwarten, dass die als gemässigt geltende Muslimbruderschaft mehr als 40 Prozent der Stimmen erhält. An zweiter Stelle könnte die radikal-islamistische Nur-Partei liegen, die nach inoffiziellen Angaben auf 20 Prozent kommt.
Bei der Wahl zur verfassungsgebenden Versammlung in Tunesien siegten ebenfalls islamistische Gruppen. In Libyen hat der Übergangsrat versprochen, das islamische Recht, die Scharia, einzuführen. Nach Ansicht Kyrills sind die Wahlergebnisse “besorgniserregend”. Es drohe die Gefahr, “dass die Christen völlig aus der Region herausgedrängt werden”, zitiert die russische Nachrichtenagentur “Interfax” den Patriarchen.
Kritik übte Kyrill auch an der Einmischung ausländischer Staaten. Dadurch seien die Christen in der Region zu “Geiseln der grossen Politik” geworden. Kyrill sprach bei einer internationalen ökumenischen Konferenz des Moskauer Patriarchats zum Thema Religionsfreiheit am 30. November und 1. Dezember in Moskau.
Scharia bleibt wichtigste Quelle der Gesetzgebung
Unterdessen hat der Vorsitzende der ägyptischen Muslimbrüder, Mohammed Mursi, versucht, Ängste der koptischen Christen zu zerstreuen. “Wenn es um politische und soziale Alltagsthemen geht, wird es in Ägypten keine Spaltung zwischen Muslimen und Christen geben”, sagte er der Zeitung “Gulfnews”. Vor dem Gesetz gebe es auch künftig keine Diskriminierung. Das islamische Recht, die “Scharia”, werde weiterhin die wichtigste Quelle der Gesetzgebung bleiben. Die Christen könnten weiterhin nach ihrem religiösen Kodex leben. Von den 83 Millionen Ägyptern sind 90 Prozent Muslime und etwa zehn Prozent Christen, meist Kopten.
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