Benedikt XVI.: Die Notwendigkeit einer wahrhaft katholischen Theologie

Die katholische Soziallehre erschöpft sich nicht in einer Gesellschaftstheorie

Der trinitarische Monotheismus zeigt das wahre Antlitz Gottes. Gesunde theologische Reflexion in Einheit mit dem Lehramt und der Tradition. Die katholische Soziallehre erschöpft sich nicht in einer Gesellschaftstheorie.

Rom, kath.net/as, 02. 12.2011, von Armin Schwibach

Vom 28. November bis zum 2. Dezember tagte im Vatikan unter dem Vorsitz des Präfekten der Kongregation für die Glaubenslehre, William J. Kardinal Levada, die Internationale Theologenkommission. Es handelte sich um die dritte Vollversammlung des laufenden Quinquenniums, die unter der Leitung des Generalsekretärs der Kommission sowie jüngst zum Bischof von Lausanne und Fribourg ernannten Dominikaners Charles Morerod stattfand. Die Kommission setzte das Studium von drei wichtigen Themen fort. Dabei handelte es sich um die methodologische Problematik der heutigen Theologie, ihrer Perspektiven, Prinzipien und Kriterien. Zu diesem Themenbereich waren bereits in der Fünf-Jahres-Periode 2004 – 2008 wichtige Beiträge erarbeitet worden. Das zweite Thema der Arbeiten war der Monotheismus. Als drittes setzte sich die Kommission mit der Bedeutung der Soziallehre der Kirche im breiteren Kontext der christlichen Lehre auseinander. Zum Abschluss der Arbeiten empfing Papst Benedikt XVI. die Mitglieder der Kommission in Audienz.

In seiner Ansprache betonte Benedikt XVI., dass die Gläubigen Theologen bräuchten, die in Gemeinschaft mit der Kirche arbeiteten. Gleichzeitig hob der Papst die Wichtigkeit der Harmonie zwischen Glauben und Vernunft als Gegenmittel gegen jeden Fanatismus hervor und bekräftigte, dass sich die katholische Soziallehre nie allein in der Theorie erschöpfe, sondern vor allem Zeugnis sei.

Die Kirche bedürfe der kompetenten und treuen Reflexion der Theologen. Ohne ein gesundes und starkes theologisches Denken würde die Kirche Gefahr laufen, nicht in vollem Sinn die Harmonie zwischen Glauben und Vernunft zum Ausdruck zu bringen. Gleichzeitig gelinge es der Theologie ohne die Treue in der Gemeinschaft mit der Kirche und ohne die Zustimmung zu ihrem Lehramt als vitalem Raum des eigenen Daseins nicht, das Geschenk des Glaubens in angemessener Weise zu begründen. Der Theologe sei dazu berufen, “ein Mensch des Advents” zu sein und die Hoffnung der Erwartung zu beleben.

Der Papst beschäftigte sich dann mit den Themen der Arbeiten der Kommission und ging zunächst auf den Bereich des Monotheismus ein. Hinter dem christlichen Glaubensbekenntnis des einen Gottes stehe das tägliche Bekenntnis des Volkes Israels zum einen Gott und Herrn. Die Erfüllung der freien Bereitschaft der Liebe Gottes gegenüber allen Menschen habe sich in der Menschwerdung des Sohnes erfüllt. So sei der Monotheismus von dem völlig neuen Licht der Dreifaltigkeit erleuchtet worden. Im Geheimnis der Dreifaltigkeit werde auch die Brüderlichkeit unter den Menschen erhellt.

Die christliche Theologie sei dazu aufgerufen, zusammen mit dem Zeugnis der Gläubigen der Bedeutung der trinitarischen Offenbarung für die Gemeinschaft der Christen ihre glückliche und kristalline Ersichtlichkeit zurückzuerstatten. Obwohl es die ethnischen und religiösen Konflikte in der Welt es schwieriger machten, die Einzigartigkeit des christlichen Denkens Gottes und des sich daraus ergebenden Humanismus anzunehmen, könnten die Menschen im Namen Jesu Christi die Wahrheit Gottes, des Vaters erkennen, zu der der Heilige Geist alles Flehen des Geschöpfes bestimmte. Die Theologie könne in fruchtbarem Dialog mit der Philosophie den Gläubigen helfen, “zu Bewusstsein zu kommen und zu bezeugen, dass der trinitarische Monotheismus das wahre Antlitz Gottes zeigt. Dieser Monotheismus ist keine Quelle von Gewalt, sondern Kraft des persönlichen und universalen Frieden”.

Ausgangspunkt der christlichen Theologie sei die persönliche Annahme des menschgewordenen Wortes, das Hören des Wortes Gottes in der Schrift. So helfe die Theologie der glaubenden Vernünftigkeit des Glaubens und seiner Weitergabe. Die ganze Geschichte der Kirche zeige dabei jedoch, dass die Anerkenntnis des Ausgangspunktes nicht reiche, um zur Einheit des Glaubens zu gelangen. Das Lesen der Heiligen Schrift könne nur im Kontext der Kirche und ihrer lebendigen Tradition vollzogen werden. In dieser Hinsicht habe die Kommission die Prinzipien und Kriterien studiert, unter denen eine Theologie katholisch sein könne, und über den aktuellen Beitrag der Theologie nachgedacht.

“Es ist wichtig, in Erinnerung zu rufen”, so Benedikt XVI., “dass die katholische Theologie in ihrer Aufmerksamkeit gegenüber dem Band zwischen Glauben und Vernunft eine historische Rolle bei der Entstehung der Universitäten gespielt hat”. Eine wahrhaft katholische Theologie mit den zwei Momenten des “intellectus quaerens fidem et fides quaerens intellectum” sei heute notwendiger denn je, “um eine Symphonie der Wissenschaften zu ermöglichen und das gewalttätige Abdriften einer Religiosität zu vermeiden, die sich der Vernunft widersetzt, und einer Vernunft, die sich der Religion widersetzt”.

Auf das Thema der katholischen Soziallehre eingehend betonte der Papst, dass das soziale Engagement der Kirche nichts rein Menschliches sei und sich nicht in einer Gesellschaftstheorie erschöpfe. Vielmehr handle es sich bei den von Christen in der Gesellschaft gewirkten Verwandlungen um eine Antwort auf das Kommen des Sohnes Gottes in die Welt: “Der Glanz dieser Wahrheit und Liebe erleuchtet jede Kultur und Gesellschaft”. Die Christen wüssten, dass keine menschliche Gemeinschaft ohne die Aufmerksamkeit gegenüber dem Anderen, ohne die Vergebung und ohne die Liebe auch zum Feind in Frieden leben könne. Dies nehme seinen Anfang in der Familie.

In der notwendigen Zusammenarbeit mit den Nichtchristen zugunsten des Gemeinwohls “müssen wir die wahren und tiefen religiösen Gründe unseres sozialen Einsatzes erkennen lassen, so wie wir von den anderen erwarten, dass sie uns ihre Motivationen darlegen, damit die Zusammenarbeit in Klarheit stattfindet”. Wer die Grundlagen des christlichen sozialen Wirkens wahrgenommen habe, könne so auch eine Anregung finden, um den Glauben an Jesus Christus in Betracht ziehen.

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