4. Sonntag in der Osterzeit – Weltgebetstag für geistliche Berufe
Evangelium nach Johannes 10,1-10.
Amen, amen, das sage ich euch: Wer in den Schafstall nicht durch die Tür hineingeht, sondern anderswo einsteigt, der ist ein Dieb und ein Räuber.
Wer aber durch die Tür hineingeht, ist der Hirt der Schafe.
Ihm öffnet der Türhüter, und die Schafe hören auf seine Stimme; er ruft die Schafe, die ihm gehören, einzeln beim Namen und führt sie hinaus.
Wenn er alle seine Schafe hinausgetrieben hat, geht er ihnen voraus, und die Schafe folgen ihm; denn sie kennen seine Stimme.
Einem Fremden aber werden sie nicht folgen, sondern sie werden vor ihm fliehen, weil sie die Stimme des Fremden nicht kennen.
Dieses Gleichnis erzählte ihnen Jesus; aber sie verstanden nicht den Sinn dessen, was er ihnen gesagt hatte.
Weiter sagte Jesus zu ihnen: Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen.
Alle, die vor mir kamen, sind Diebe und Räuber; aber die Schafe haben nicht auf sie gehört.
Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden; er wird ein- und ausgehen und Weide finden.
Der Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und zu vernichten; ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.
Menschen erheben Anspruch auf Führung. Sie wecken grosse Erwartungen, versprechen Freiheit, Glück – wenn wir ihnen folgen. Prüft die Stimme!, sagt uns Jesus; prüft das Wort und den Klang. Die Stimme Jesu ist unverwechselbar: Er ist das wahre Wort, er ist der gute Hirt.
Kommentar zum heutigen Evangelium
Wilhelm von St-Thierry (um 1085-1148), Benediktinermönch, später Zisterzienser
Meditative Gebete VI, 6-10
“Amen, amen, ich sage euch: Ich bin die Tür zu den Schafen”
Nicht nur deinem geliebten Jünger Johannes ist die am Himmel geöffnete Tür gezeigt worden (Offb 4, 1). Es ist offenkundig, dass du zu allen gesagt hast…: “Ich bin die Tür; wer durch mich hineingeht, wird gerettet werden”.
Ja, du bist die Tür… Aber wenn wir die grosse offene Tür am Himmel sehen, wir, die auf der Erde sind: was nützt uns das, uns, die nicht hinaufsteigen können? Paulus hat eine Antwort darauf: “Derselbe, der herabstieg, ist auch hinaufgestiegen” (Eph 4, 10). Und wer ist es? Die Liebe. Ja, Herr, die Liebe, die in uns ist, steigt zu dir hinauf, denn die Liebe, die in dir ist, ist zu uns herabgestiegen. Weil du uns geliebt hast, bist du zu uns herabgestiegen; indem wir dich lieben, steigen wir auf zu dir.
Du selber hast gesagt: “Ich bin die Tür”. Deshalb bitte ich in deinem Namen: öffne du dich uns selber, um uns noch klarer zu zeigen, zu welcher Wohnung du die Tür bist… Die Wohnung, deren Tür du bist, ist, wie gesagt, der Himmel. Der Vater wohnt dort, von dem geschrieben steht: “Der Thron des Herrn ist im Himmel” (Ps 11, 4). Deshalb kommt ja “niemand zum Vater ausser durch mich” (Joh 14, 6), der du die Tür bist… Nach dir strecken wir uns aus, nach dir sehnen wir uns. Antworte doch bitte auf die Frage: “Meister, wo wohnst du?” (Joh 1, 38) Sogleich antwortest du: “Ich bin im Vater, und der Vater ist in mir” (Joh 14, 11). Und an andrer Stelle: “An jenem Tag werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin, dass ihr in mir seid und ich in euch bin” (Joh 14, 20)… So ist deine Wohnung der Vater, und du bist die Wohnung des Vaters. Und nicht nur das: auch wir sind deine Wohnung, und du bist die unsrige.
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