Ein christliches Europa – Erkundungsgänge
“Ein christliches Europa ist kein excvlusiver Club”
“Ein christliches Europa” – der Titel provoziert. Versagt sich der europäische Konvent in seinem Verfassungsentwurf bislang nicht mit guten, laizistischen Argumenten den Bezug auf Gott und das Christentum? Der Verweis auf das Erbe der humanistischen Aufklärung soll verbürgen, dass sich Gläubige wie Ungläubige, Christen wie Nichtchristen respektiert fühlen. Der Europarechtler Joseph H. H. Weiler, als amerikanischer Jude doppelt mit dem Blick von aussen begabt, diagnostiziert bei den Europäern hinter der verfassungsrechtlichen Argumentation eine “Christophobie”, eine Verleugnung ihrer mehrheitlich christlichen Geschichte. Dagegen sieht er gerade in der Rückbesinnung auf diese spirituelle Haupttradition die Chance, dass die Idee der europäischen Integration nicht im “verzerrenden Effekt der gemeinschaftlichen Governance, der Entpersönlichung des Marktes, der Kommerzialisierung der Werte” verkommt.
Klappentext
“Ein christliches Europa” ist also kein exklusiver Club oder ein notwendigerweise konfessionelles Europa. Vielmehr ist es ein Europa, das alle seine Bürger gleichermassen in voller und umfassender Weise respektiert: Gläubige und Nichtgläubige, Christen und Nichtchristen. Es ist ein Europa, das, wenn es auch sein edles Erbe der humanistischen Aufklärung feiert, seine Christophobie ablegt und weder Angst oder noch Verlegenheit verspürt, das Christentum als einen der zentralen Bestandteile in der Entwicklung der eigenen Zivilisation anzuerkennen. Und schliesslich ist es ein Europa, das im öffentlichen Diskurs über die eigenen Vergangenheit und die eigene Zukunft den Reichtum wiederentdeckt, den die Beschäftigung mit einer seiner intellektuellen und spirituellen Haupttraditionen bietet: sein christliches Erbe…
Rezension amazon (2)
Schwierige Gedanken in lesbarem Stil, 26. Juni 2004, von “helmut z”
Der Autor dieses Buches ist Jude, und das ist gut so, denn einem Christen würde bei so einem Buch viel mehr Skepsis entgegengebracht werden. J.H.H. Weiler nimmt die Diskussion über die europäische Verfassung zum Anlass, um für eine Aufnahme des Christentums in die Verfassung zu argumentieren. Er verweist auf Beispiele einzelner Staaten in Europa, wie etwa die polnische Verfassung, die von jenen spricht, die an Gott glauben, als auch von jenen, die nicht an Gott glauben, und macht deutlich, dass Trennung von Staat und Religion nicht nur bedeutet, dass man eine Religion ablehnen kann, sondern auch, dass man seine Religion frei ausüben darf. Weiler verweist auch auf das deutsche Grundrecht, das gerade nach dem zweiten Weltkrieg von der Verwantwortung gegenüber Gott und den Menschen spricht und fragt in diesem Zusammenhang, ob sich Europa von seiner Verwantortung für die dunklen Momente in seiner christlichen Geschichte drücken will. Neben der aktuellen Verfassungsdiskussion schneidet Weiler auch allgemeine Fragen zum Sinn einer Verfassung und zum Zustand der EU und des Christentums an.
Insgesamt behandelt das Buch viele schwierige Themen in einem relativ leicht lesbaren Gesprächsstil und hat mir viele neue Gedankenanstöße geliefert. Durch den Abschluss der Verhandlungen über die europäische Verfassung verliert es zwar ein wenig an Aktualität; ich werde es aber in einiger Zeit wieder zur Hand nehmen, um die Ideen dieses Buches mit einigem Abstand nochmals durchzudenken.
Ein christliches Europa – Erkundungsgänge
Joseph H. H. Weiler (Autor)
Franz Reimer (Übersetzer)
Broschiert: 165 Seiten
Verlag: Pustet, Salzburg; Auflage: 1., Aufl. (4. Mai 2004)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3-70250-493-1
ISBN-13: 978-3702504939
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