Kardinal Kasper: Dialog ist einzige Alternative zu Gewalt
“Selbstverständlich war er nie gegen den interreligiösen Dialog”
Rom, Radio Vatikan, 20.01.2011
Assisi 2011 – zu Beginn des Jahres hatte Papst Benedikt XVI. angekündigt, dass er wie sein Vorgänger zu einem interreligiösen Gebetstreffen für den Frieden nach Assisi einladen werde. Diese Ankündigung hatte einige Beobachter überrascht, galt bei ihnen doch Kardinal Ratzinger als einer der Kritiker dieser Treffen. Kardinal Walter Kasper war bei der Vorbereitung des letzten Treffens 2002 beteiligt und kennt aus den damaligen Diskussionen den Standpunkt des heutigen Papstes:
“Es gibt über den Kardinal Ratzinger und über den jetzigen Papst Benedikt XVI. viele Vorurteile und auch falsche Urteile. Selbstverständlich war er nie gegen den interreligiösen Dialog, im Gegenteil: er hat mehrfach dazu geschrieben. Als Papst hat er ihn bei seinen Reisen auch mehrfach geübt. Er ist für den Dialog. Und dazu gibt es ja auch keine sinnvolle Alternative. Der Dialog ist die einzige Alternative zur Gewalt und das Konzil hat sich dafür entschieden. Das ist unsere Option und unser Programm für die Zukunft, auch das des Papstes.”
Und so wird das Treffen im kommenden Oktober – wenn es sich im Ablauf an die vergangenen Treffen anlehnt – nicht nur gemeinsames Gebet beinhalten, sondern auch Begegnung und Ansprachen. Kasper sieht in diesem Dialog zwischen den Religionen das Fundament für diese Treffen.
“Es ist auch ein Zeugnis in eine bei uns im Westen weithin säkularisierten Welt, dass die Religionen, bei allen großen grundsätzlichen Unterschieden, die bestehen, etwas gemeinsam haben. Sie haben den Sinn für diese übernatürliche, transzendente Dimension für Gott und geben da gemeinsam Zeugnis. Und sie geben Zeugnis, dass der Friede in der Welt, um den es geht, nicht nur ein militärisches und nicht nur ein politisches, sondern letztlich ein geistliches, ein spirituelles Problem und eine gemeinsame geistliche Aufgabe ist.”
Und hier sieht Kasper auch die Verbindung zwischen dem Friedensstreben der Religionen, wie es in Assisi sichtbar war und wieder sein wird, und des Einsatzes für Religionsfreiheit, die der Papst im Augenblick leistet. Man müsse klar sagen, dass Religion nicht dem Zwang unterliegen könne und dürfe, “sondern dass alle Religionen für die Freiheit der religiösen Überzeugung eintreten. Wenn wir das gemeinsam sagen könnten, wäre das ein ganz grosser Fortschritt für den Frieden in der Welt.”
Gemeinsames Beten?
Ein Punkt der Verwirrung zwischen den Religionen aber auch innerhalb des Christentums war, was man denn genau dort mache. Beten alle Religionen gemeinsam, auch wenn wir jeweils einen ganz anderen Gott anbeten?
“Nein. Auch schon bei den beiden bisherigen Treffen in Assisi hat man nicht gemeinsam gebetet. Es haben die Christen unter sich gemeinsam gebetet. Die anderen Religionen haben jeweils für sich gebetet. Es war kein gemeinsames Gebet. Das ist ja auch gar nicht möglich. Das Gottesbild ist sehr verschieden und auch das Verständnis, was Beten bedeutet, ist verschieden. Man kann nicht gemeinsam beten.”
Papst-Benedikt-XVI: in Assisi 2007
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