Sächsische Weihnachtstradition auf dem Weg nach Rom

Krippe aus Zwickau wird am 2. Adventssonntag im Pantheon ausgestellt

ROM, Zenit von Tanja Schulz, 1. Dezember 2010 

Moderne Holzskulpturen aus Stralsunder Eiche in einem uralten römischen Tempel.
Ein ungewöhnlicher Kontrast in dem antiken Meisterbau der Superlative, der seine Berühmtheit der größten und best erhaltenen Kuppel des Altertums, eine exakte Halbkugel, verdankt. 

In der Tat wird der von dem Zwickauer Künstler Jo Harbort 2003 geschnitzten Heiligen Familie dieses Jahr eine besondere Bühne bereitet. Statt der üblichen Aufstellung auf dem Zwickauer Domhof, wo sie im Dezember für Adventsstimmung sorgt, darf sie eine außergewöhnliche Reise antreten. In einem Schwertransporter werden heute die lebensgroßen Figuren 1300 km weit nach Rom gefahren. Das teilte die Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen (TMGS) am Donnerstag in einer Pressekonferenz mit. 

Für die Bürger von Zwickau ist das eine besondere Ehre. Denn es rollt ein Stück jahrhundertealte Weihnachtstradition aus dem sächsischen Erzgebirge in das Zentrum der Christenheit. Das sächsische Erzgebirge, wohlgemerkt eine Gegend, die für ihre Krippenkunst und ihr Weihnachtsbrauchtum seit der ausgehenden Renaissance berühmt ist und ganz Deutschland mit ihren Erzeugnissen beliefert. 

Im Kontext der zwanzigjährigen Einheit von Ost und West erinnert diese Leihgabe auch an ein anderes Ereignis: Mit dem Fall der Mauer war endlich in den ostdeutschen Landen Religionsfreiheit eingekehrt. Zu DDR-Zeiten waren die christliche Kirche und ihre Glaubensbekenner, insbesondere die katholischen, sozialem Drangsal ausgesetzt und in ihrer Kultausübung eingeschränkt. So durften zum Beispiel die Engelfiguren nur für den Export gefertigt werden, nicht aber für den Eigenbedarf. Die Idee der Förderung ostdeutscher Weihnachtstradition geht auf Don Antonio Tedesco, den Kaplan des Pantheons und Seelsorger des deutschen Pilgerzentrums, zurück. Jedes Jahr holt der aktive Geistliche für seine Kirche Krippenfiguren aus einem anderen Land. Das Pantheon selbst ist schließlich allgemeines Symbol von Universalität. Ursprünglich als Tempel der sieben Planetengötter Anfang des 2. Jahrhunderts errichtet, galt es wegen seiner einzigartigen Kuppel als Abbild des Universums. Diese Vorstellung wurde auch in christliche Zeit übertragen. Michelangelo betrachtete den Zentralbau als die perfekte architektonischer Umsetzung des humanistischen Menschenideals – der Mensch als Individuum im Zentrum des Universum. Das Pantheon inspirierte ihn zum Bau der Petersdomkuppel, und der Maler Raffael wollte nirgendwo anders bestattet werden als in der „Königin” aller römischen Sakralbauten. 

Jedenfalls hat die Bewunderung für die Formschönheit des heidnischen Tempels diesen im christlichen Mittelalter vor Zerstörung bewahrt. Er wurde bereits 608 vom byzantinischen Kaiser dem Papst geschenkt, der diesen in die Kirche “Santa Maria ad Martyres” umweihte. Bis auf die entfernten antiken Götterstatuen in den Nischen ist die ursprüngliche Raumausstattung mit den kostbaren bernsteinfarbenen Marmorsäulen aus “giallo antico” weitgehend erhalten. Diese sollen nun den Hintergrund für das heilige Geburtsszenarium bilden: Die mannshohen Krippenfiguren aus Zwickau, die Maria und Josef, das Christuskind, Ochs’ und Esel, Kaspar, Melchior und Balthasar darstellen, werden frei in der riesigen Rotunde komponiert. 

Die festliche Segnung der Krippe erfolgt am zweiten Adventssonntag im Beisein von rund dreihundert geladenen Gästen aus Kirche und Politik. Besonderer Dank gilt der Konrad-Adenauer-Stiftung in Rom als auch dem sächsischen CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Michael Luther, die als Vermittler und Organisatoren dieser Ausstellung fungierten. 

Anschließend dürfen die Gäste bei einem Empfang im Deutschen Pilgerzentrum gegenüber der Engelsburg ein wenig sächsische Weihnachtsstimmung schnuppern: Neben Glühwein und eigens für den italienischen Besuch kreiertem Rotweinstollen werden dort Weihnachtspyramiden, Nussknacker und sakrale Holzkunstwerke aus dem Erzgebirge ausgestellt. Die Krippenausstellung dauert traditionell bis zum 2. Februar an.

Zwickauer-Krippe in römischer Krippenausstellung
Es ist auch für Rom eine Premiere

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