Im Blickpunkt: Zeit zur Zusammenarbeit

Höchste Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen

Tagespost, 17.12.2010 Von Regina Einig

Neunzig Minuten Bundestagsdebatte über die Religionsfreiheit verändern die Welt nicht, sind aber immerhin ein Signal. Höchste Zeit, den Worten Taten folgen zu lassen, denn Gewalt und Diskriminierung überschatten das Leben der Christen in immer mehr Ländern. Von Nordkorea bis Nigeria sehen die Gläubigen Weihnachten mit Sorgen entgegen. Festmessen in bewachten Kirchen könnten im Irak triste Normalität werden. Mit bemerkenswertem Gleichmut haben sich westliche Regierungen damit arrangiert, Christenverfolgung hinzunehmen, während Milliarden in die Rüstungsindustrie fließen. Einschränkungen der Religionsfreiheit bis zum Missionsverbot sind jedoch kein Kavaliersdelikt. Die Situation vieler politisch verfolgter Christen ähnelt dem Schicksal der Menschen die in extremer Armut leben. Beiden bleibt oft nur die Wahl zwischen Exil oder Tod.

Übersichtliche Beträge haben in der Entwicklungsarbeit nicht wenig erreicht, etwa in der Vergabe von Mikrokrediten. Volker Kauders Vorschlag, Deutschland soll den Christen im Irak eine Zusammenarbeit anbieten, die auch finanzielle Beträge umfasst und Arbeitsplätze schafft, gehört zum Besten, was die Debatte am Freitag hervorgebracht hat. Die christliche Gemeinschaft auf diese Weise zu stärken stünde einer Bundesregierung mit „C-“Anspruch gut an – schon um des Beispiels für andere westliche Regierungen willen. Der Westen, der Milliarden in sein kränkelndes Bankensystem pumpt, sollte nicht mit dem Euro knausern, wenn es um die Existenzgrundlagen bedrohter Christen geht. Auch wenn Regierungen auf blutige Anschläge und Geiselnahmen punktuell reagiert haben – Frankreich gewährte nach dem jüngsten Geiseldrama im Bagdad 150 irakischen Christen Asyl – fehlt bisher ein nachhaltiges Hilfsprogramm der europäischen Regierungen für verfolgte Christen. Letztere haben nicht nur ein Recht auf materielle Solidarität, sondern auch auf den politischen Schulterschluss. Politikerreisen in die Türkei dokumentieren zweifellos guten Willen. Doch ein ausufernder Säkularismus und die offensichtliche Scheu, muslimische Gesprächspartner zu verprellen, belasten in Europa den freiheitlichen Diskurs über die Religionsfreiheit. Die Papstrede im Bundestag bietet den christlichen Politikern eine Chance: Wenn die Bundesregierung überhaupt einmal darüber nachdenken will, wie Deutschland in Europa Vorreiter für Religionsfreiheit werden könnte, dann am besten mit Benedikt XVI. Kein Europäer definiert derzeit präziser, was Freiheit überhaupt ist.

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