22. Dezember 2010, Mittwoch der 4. Adventswoche
Evangelium nach Lukas 1.46-56
Da sagte Maria: Meine Seele preist die Größe des Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.
Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter.
Denn der Mächtige hat Großes an mir getan, und sein Name ist heilig.
Er erbarmt sich von Geschlecht zu Geschlecht über alle, die ihn fürchten.
Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen.
Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und läßt die Reichen leer ausgehen.
Er nimmt sich seines Knechtes Israel an und denkt an sein Erbarmen, das er unsern Vätern verheißen hat, Abraham und seinen Nachkommen auf ewig.
Und Maria blieb etwa drei Monate bei ihr; dann kehrte sie nach Hause zurück.
Kommentar des heutigen Evangeliums
Ludolf von Sachsen (um 1300-1378), Dominikaner, dann Kartäuser in Straßburg
Das Leben Jesu Christi
„Auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut“ (Lk 1.48)
Die Empfängnis unseres Herrn hat ihre Abbildung gefunden im brennenden Dornbusch, der brannte, ohne zu verbrennen (Ex 3,2). Denn ohne ihre Jungfräulichkeit zu verlieren, empfing Maria ihren göttlichen Sohn. Der Herr, der im brennenden Dornbusch war, wohnte auch im Schoß Mariens. Er war in den Dornbusch herabgestiegen, um die Juden zu befreien und sie aus Ägypten herauszuholen. So ist er auch in Maria herabgestiegen, um die Menschen freizukaufen und sie der Hölle zu entreißen.
Gott hat, um unser Fleisch anzunehmen, unter allen Frauen Maria auserwählt. Dies findet seine Abbildung in der frisch geschorenen Wolle Gideons (Ri 6,36f). Wie nur diese Wolle vom himmlischen Tau getränkt wurde und alles umliegende Land trocken blieb, so wurde auch allein Maria mit göttlichem Tau erfüllt, dessen sonst kein anderes Wesen auf der Welt für würdig befunden wurde… Die Jungfrau Maria ist dieses Vlies, aus dem sich Jesus eine Tunika geschaffen hat. Gideons Vlies nahm den Tau des Himmels auf, ohne Schaden zu leiden, und Maria empfing den Menschensohn, ohne dass ihre Jungfräulichkeit dadurch beeinträchtig worden wäre…
O Jesus, Sohn des lebendigen Gottes, nach dem Willen des himmlischen Vaters bist du, unter Mitwirkung des Heiligen Geistes, herausgetreten aus dem Schoß des Vaters, wie der Fluss, der lautlos aus dem Paradies der Freuden hervorquillt. Du hast die Tiefen unserer Täler geschaut, du hast die Niedrigkeit deiner Magd gesehen, du bist hinabgestiegen in den Schoß einer Jungfrau und hast dort in einer Empfängnis, die sich dem beschreibenden Wort entzieht, menschliches Fleisch angenommen. Ich flehe dich an, barmherziger Jesus: Gieße, um der Verdienste der Jungfrau willen, die deine Mutter ist, deine Gnade aus über mich unwürdigen Diener, damit ich mich glühend nach dir sehne, in dieser Liebe dich in mein Herz aufnehme und dank dieser Gnade in guten Werken Früchte des Heils hervorbringe. Amen.
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