Gemeinschaftsbildender Mittelpunkt klösterlichen Lebens

Die Kreuzgänge berühmter Basiliken, Klöster und Abteien

– Wege, auf denen man sich selbst finden kann (1)

Die Ewige Stadt ist nicht nur wegen ihrer grossartigen Ruinen aus der Kaiserzeit, der prachtvollen Basiliken, der eindrucksvollen Renaissancepaläste, der Katakomben und ihres bezaubernden Stadtbildes bekannt. Die Fülle der Kunstschätze ist im Vergleich zu anderen Orten unermesslich. So kann es vorkommen, dass man wunderbare Kleinode gänzlich übersieht oder sie oftmals nur flüchtig wahrnimmt. Und dennoch gehören sie mit zu den schönsten architektonischen Zeugnissen: die Kreuzgänge der berühmten Basiliken, Klöster und Abteien. Einige herausragende Beispiele sollen in einer Artikelreihe vorgestellt werden.

Die Kreuzgänge oder “chiostri”, wie sie auf italienisch heissen, zählen nicht zu den ältesten Bauwerken der Urbs. Bedenkt man, dass die Obelisken Roms bis zu 3000 Jahre alt sind und dass das Kolosseum deren beinahe 2000 aufweist, sind die Kreuzgänge in einer uns verhältnismässig nahe stehenden Zeit entstanden. Ihr Ursprung ist mit der mönchischen Kultur des Abendlandes eng verknüpft. Wann die ersten Kreuzgänge gebaut wurden, wissen wir nicht. Der hl. Augustinus überliefert, dass in Rom schon im Jahr 387 Stadtklöster existierten. Bereits 589 gab es im Lateranpalast ein Benediktinerkloster. Ob es allerdings schon einen Kreuzgang hatte, weiss man nicht.

Urform der überdachten Gänge um einen Innenhof

Überhaupt ist der Ursprung der Kreuzgänge nicht klar. Auch weiss man nicht, wo der “erste” stand. In ihrer heutigen Form gehen viele Kreuzgänge auf das Hochmittelalter zurück. Doch gab es in den frühen christlichen Klöstern des Abendlandes und in denjenigen, die ab dem Ende des 6. Jahrhunderts in Italien und dem übrigen Europa, wie Irland und Frankreich, entstanden, möglicherweise schon eine Urform. Vermutlich handelte es sich um einen freien Platz, eine Art “Pufferzone” zwischen dem Gotteshaus, dem Kapitelsaal, dem Refektorium und dem Dormitorium. Die Notwendigkeit, Korridore am Rande der Höfe abzudecken, um die Mönche vor Regen, Schnee und starker Sonne zu schützen, liess überdachte Gänge entstehen, die freie Höfe umschlossen.

Gemäss einer anderen These, der “Atriumstheorie”, entwickelten sie sich im Laufe der Zeit vielleicht aus dem römischen Atriumhaus. Es war üblicherweise um ein “Atrium” (Hof) oder ein “Peristyl” (Säulenhof) angeordnet. Tatsächlich scheint es, dass Atriumhäuser im Frühmittelalter in Klöster umgewandelt wurden. Die “Villentheorie” besagt, dass abgelegene, manchmal auch verlassene Landvillen und Kastelle in der römischen “Campagna” als Klöster weiterbenutzt wurden. Der dort befindliche “patio” (zentraler Freiraum) wurde dann zu einer Art Kreuzgang umfunktioniert. Die Vertreter der “Orienttheorie” nehmen an, dass ein in syrischen Klöstern der Spätantike herausgebildeter Hoftyp als Vorbild für die Kreuzgänge diente.

Anderen Auffassungen nach ist der Kreuzgang hingegen eine eigenständige architektonische Schöpfung des Abendlands und geht auf die anianische Reform von 820 zurück.

Damals gelang es dem hl. Benedikt von Aniane (eigentl. “Witiza”, geb. vor 750 in Villeneuve-les-Maguelone in Südfrankreich, † 821 in Kornelimünster bei Aachen) im Aachener Konzil von 816 bis 819 das “Capitulare monasticum” (Benediktinerregel) als alleinverbindliche Mönchsregel im Fränkischen Reich festzulegen. Die Weichen für eine Vereinheitlichung der Klöster der Reichskirche unter der Regula Benedicti waren gestellt. Diese Voraussetzungen waren die Basis für die zukünftige Form und Bedeutung der grossen westeuropäischen Klöster, sowohl was die Spiritualität als auch die bauliche Gestalt der Gebäude samt ihren Kreuzgängen betraf. Der italienische Name “chiostro” für den Kreuzgang weist schon auf die Bestimmung dieses Bauteiles im architektonischen Verband mit dem Kloster hin. Das Wort stammt vom Lateinischen “claustrum” – Verschluss, Riegel. Daher kommt auch unser Begriff für Kloster.

Quelle
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