Weshalb der Vatikan Bibliotheks-Azubis hat
Der kleinste Staat der Welt ist für Vieles bekannt, darunter auch Kurioses
Quelle
Ein besonderes Buch beim Papst
Buchtipp: Geschichte der Völkerwanderung
Der kleinste Staat der Welt ist für Vieles bekannt, darunter auch Kurioses. So gibt es im 42 Hektar grossen Kleinstaat eine der weltweit renommiertesten Ausbildungsstätten für künftige Bibliothekare.
Mario Galgano und Salvatore Cernuzio – Vatikanstadt
Wie so manches im Vatikan stammt die Bibliothekars-Ausbildungsstätte von Pius XI., der unter anderem auch Radio Vatikan ins Leben rief. Pius XI. konnte selbst auf eine lange Erfahrung als Bibliothekar zurückblicken: zuerst in der Biblioteca Ambrosiana und dann als Präfekt in der Apostolischen Bibliothek, unter deren Verantwortung die Bibliothekarenschule steht. 1934 begann der erste Kurs an der neuen Einrichtung, Hunderte von Schülern, die in den kommenden Jahren ihre Ausbildung durchliefen – Laien wie Kleriker – stammten vor allem aus Europa und Lateinamerika. In jüngerer Zeit mischen sich jedoch auch angehende Bibliothekare aus Afrika, Asien und arabischen Ländern unter die Studenten. In diesem Jahr wurde die Einschreibefrist für das kommende akademische Jahr aufgrund der Corona-Situation verlängert: noch bis 31. Mai ist ausnahmsweise eine Einschreibung möglich.
In der Vatikanischen Bibliothek werden viele Bücherschätze aufbewahrt
Vorrangiges Ziel der Bibliothekarenschule ist es jedoch nicht, für den Vatikan “künftige Bücherexperten” auszubilden, sondern einen Beitrag für die Kultur zu leisten, wie uns Antonio Manfredi verrät. Er ist Vizedirektor der Ausbildungsstätte:
“Die vatikanische Bibliothekarenschule wurde als Dienst der Vatikanischen Bibliothek mit der Absicht gegründet, das Wissen und die Managementfähigkeiten der Bibliothek an Studenten und junge zukünftige Bibliothekare weiterzugeben. Natürlich ist die Schule der 1930er Jahre nicht die Schule von heute: Heute bietet sie einen Master-Abschluss der zweiten Ebene, das heisst, einen Postgraduiertenstudiengang für eine kleine Gruppe handverlesener Studenten aus der ganzen Welt. Ihre Ausbilder sind professionelle Lehrer des Bibliothekswesens, von denen einige in der Vatikanischen Bibliothek arbeiten. Das genaue Ziel ist es, den Studenten die Möglichkeit zu geben, sowohl konkret als auch theoretisch die Aktivitäten, Dienstleistungen und Studien zu erleben, die die Apostolische Bibliothek durchführt und die sie an künftige fähige Bibliothekare weitergeben kann.“
Postgraduale Studien
Zu den Möglichkeiten, die die Schule bietet, und zu den möglichen “Absatzmärkten” für die Absolventen des Postgraduierten-Studienganges sagt Manfredi:
“Das Diplom ist vom italienischen Staat anerkannt, sowohl durch das Konkordat als auch in Übereinstimmung mit den postgradualen Studien, die normalerweise absolviert werden, um zum Beispiel Zugang zu nationalen Ausschreibungen für Bibliotheksbeamte zu erhalten. Auch Fachstudenten und Doktoranden kommen zu uns. Sie werden von ihren Professoren geschickt, um bibliothekswissenschaftliche Disziplinen als Teil ihres Studiums zu erlernen. Das Charakteristischste an unserer Schule ist die enge Zusammenarbeit mit der Vatikanischen Bibliothek, die ein Zentrum für das Studium der antiken Materialien ist.”
Das gelte angesichts der herrschenden Regelungen vor allem für italienische Bibliothekare. Aber auch aus anderen Ländern sind Studenten gefragt. Wer jetzt Lust verspüre, diese Schule zu besuchen, solle eines tun, so der Ratschlag des Vizedirektors Manfredi:
„Alle Studenten, die einen Master-Abschluss oder, für Geistliche, ein licentiate docendi haben, können sich bei uns bewerben. Normalerweise werden etwa dreißig Studentinnen und Studenten pro Jahr ausgewählt. Sie haben dann Zugang zu allen Fächern, eine Spezialisierung ist nicht erforderlich. Natürlich zählt bei der Auswahl auch der Lebenslauf, den die zukünftige Studentin oder Student vorlegt; außerdem ist es notwendig, ein Schreiben einer von uns anerkannten Autorität vorzulegen, sowohl was das Studium als auch die kirchliche Position betrifft. Das ist ein Muss vor allem dann, wenn diese Studenten, die zu uns geschickt werden, Ordensleute sind, die sich dann um die Bibliotheken ihrer Orden oder Diözesen kümmern sollen.“
Sprich: man braucht ein Referenzschreiben des Uni-Professors und eines des Bischofs oder einer anderen geistlichen Autorität aus der Heimatdiözese. Weitere Infos gibt es auf https://www.vaticanlibrary.va/it/scuola-biblioteconomia/
vatican news, 18. Mai 2021
Themen
Vatikan
Buch
Wissenschaft und Technik
Schule und Universität
Interview
Schreibe einen Kommentar