Lateranvertrag

Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und Italien

Quelle
Lateranveträge 1929
Vatikan/Italien: 91 Jahre Lateranverträge

Vertrag zwischen dem Heiligen Stuhl und Italien aus: Karl Guggenberger: Aus der Gefangenschaft der Päpste, mit einem Anhang (S. 83-93).
(Offizieller italienischer Text: AAS XXI [1929] 209-273 [mit Zeichnungen]).

Im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit

In Anbetracht dessen, dass der Heilige Stuhl und Italien es für angebracht erachten, jeden Grund des zwischen ihnen bestehenden Zwistes dadurch zu beseitigen, dass sie eine endgültige Regelung ihrer gegenseitigen Beziehungen vornehmen, die der Gerechtigkeit und der Würde der beiden hohen Vertragsparteien entspricht und zugleich dem Heiligen Stuhl auf die Dauer eine tatsächliche und rechtliche Lage verbürgt, die Ihm Gewähr der völligen Unabhängigkeit zur Erfüllung Seiner hohen Aufgabe in der Welt bietet und die es so dem Heiligen Stuhl erlaubt, ebenfalls die im Jahre 1870 durch die Einverleibung Roms in das Königreich Italien unter der Dynastie des Hauses Savoyen entstandene “römische Frage” als endgültig und unwiderruflich beigelegt anzuerkennen;

dass ferner beim Heiligen Stuhle zur Sicherung der völligen und sichtbaren Unabhängigkeit eine unbestreitbare Souveränität auf internationalem Gebiete verbürgt werden muss und sich daraus die Notwendigkeit ergab, unter besonderen Bedingungen die Vatikanstadt zu schaffen und das volle Eigentum und die ausschließliche und unumschränkte souveräne Gewalt und Jurisdiktion des Heiligen Stuhles über diese anzuerkennen;

beschlossen Seine Heiligkeit Papst Pius XI. und Seine Majestät Viktor Emanuel III., König von Italien, einen Vertrag einzugehen und ernannten zu diesem Zwecke zwei Bevollmächtigte und seitens Seiner Heiligkeit Seine hochwürdige Eminenz den Herrn Kardinal Pietro Gasparri, Ihren Kardinalstaatssekretär, und seitens Seiner Majestät seine Exzellenz den Herrn Kavaliere Benito Mussolini, Premierminister und Chef der Regierung. Diese kamen, nachdem sie ihre beiderseitigen Vollmachten ausgetauscht und in guter und gehöriger Form befunden hatten, in den folgenden Artikeln überein:

Art. 1. Italien erkennt an und bestätigt aufs neue den durch Art. 1 der Verfassung des Königreiches vom 4. März 1848 geheiligten Grundsatz, wonach die katholische, apostolische und römische Religion die einzige Staatsreligion ist.

Art. 2. Italien erkennt die Souveränität des Heiligen Stuhles auf internationalem Gebiet als eine gemäß seiner Überlieferung und den Erfordernissen seiner Aufgabe in der Welt zu seinem Wesen gehörige Eigenschaft an.

Art. 3. Italien erkennt das volle Eigentum sowie die ausschließliche, unumschränkte souveräne Gewalt und Jurisdiktion des Heiligen Stuhles über den Vatikan an, wie er gegenwärtig besteht, mit all seinem Zubehör und seinen Dotationen. Hierdurch wird zu den besondern Zwecken und unter den im vorliegenden Vertrag genanten Bedingungen die Vatikanstadt geschaffen. Die Grenzen genanter Stadt sind auf dem Plan angegeben, der als Anlage I zum gegenwärtigen Vertrage einen integrierenden Bestandteil diese Ausfertigung bildet.

Übrigens herrscht Einverständnis darüber, dass der St. Petersplatz, obwohl er einen Teil der Vatikanstadt bildet, weiterhin in der Regel der Allgemeinheit zugänglich bleibt und der Polizeigewalt der italienischen Behörden untersteht. Ihre Organe haben am Fuße der Freitreppe zur Basilika Halt zu machen, obwohl diese nach wie vor für den öffentlichen Gottesdienst bestimmt bleibt und darum das Besteigen und den Eintritt in die genannte Basilika zu unterlassen, außer wenn sie von der zuständigen Behörde um ihr Eingreifen ersucht werden.

Hält der Heilige Stuhl es für angezeigt, mit Rücksicht auf besondere Feierlichkeiten zeitweise den St. Petersplatz für den freien Verkehr des Publikums zu sperren, so werden sich die italienischen Behörden über die äußeren Linien der Bergischen Kolonnaden und denen Verlängerung zurückziehen, außer sie werden von der zuständigen Behörde ersucht, zu bleiben.

Art. 4. Die ausschließliche Souveränität und Jurisdiktion, die Italien dem Heiligen Stuhl über die Vatikanstadt zuerkennt, bringt es mit sich, dass daselbst keine Einmischung seitens der italienischen Regierung erfolgen kann und dass es dort keine andere Macht als die des Heiligen Stuhles gibt.

Art. 5. Zur Ausführung der im vorigen Artikel getroffenen Bestimmung muss das Gebiet der Vatikanstadt vor Inkrafttreten diese Vertrages durch die italienische Regierung von jeder Beschränkung befreit und von etwaigen Insassen geräumt werden. Der Heilige Stuhl sirrt für die Schließung der Zugänge durch Einfriedung der offenen Teile mit Ausnahme der St. Petersplatzes sorgen.

Im übrigen ist vereinbart, dass in Fragen der dort befindlichen Immobilien, die religiösen Instituten oder Anstalten gehören, der Heilige Stuhl unmittelbar für die Regelung seiner Bezeigungen zu ihnen sorgt, ohne dass sich der italienische Staat weiter darum kümmert.

Art. 6. Italien wird durch geeignete Verträge mit den beteiligten Stellen dafür sorgten, dass der Vatikanstadt eine angemessene in ihrem Eigentum stehende Wasserversorgung zugesichert wird.

Ferner wird es für den Anschluss an die Staatseisenbahnen durch Anlage eines Bahnhofes in der Vatikanstadt an der im beiliegenden Plane (Anl. I) bezeichneten Stelle und durch Beförderung der dem Vatikan gehörenden Eisenbahnwagen auf den italienischen Bahnen sorgen.

Ebenso wird es für telegraphische, telefonische, radiotelegraphische, radiotelefonische und postalische Verbindung der Vatikanstadt, auch unmittelbar mit den andern Staaten, sorgen.

Schließlich wird es auch für die Ordnung der anderen öffentlichen Verkehrsmittel sorgen.

Alle im vorhergehenden erwähnten Maßnahmen werden auf Kosten des italienischen Staates und zwar innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des vorliegenden Vertrages getroffen werden.

Der Heilige Stuhl wird auf seine Kosten für die Instandsetzung der bereits vorhandenen Zugänge zum Vatikan sorgen, sowie der anderen, deren Öffnung ihm in der Folge angezeigt erscheint.

Zwischen dem Heiligen Stuhl und Italien werden über den Verkehr der Land- und Luftfahrzeuge der Vatikanstadt auf italienischen Gebiete Vereinbarungen getroffen werden.

Art. 7. Die italienische Regierung verpflichtet sich auf dem Gebiete in der Umgebung der Vatikanstadt keine Neubauten zu gestatten, die einen Einblick in diese erlauben und zu diesem Zwecke für den teilweisen Abbruch der schon bestehenden Bauten zu sorgen, die sich von der Ports Cavallegri längs der Via Aurelia und dem Viale Vaticano hinziehen.

Im Einklang mit den Bestimmungen des internationalen Rechtes ist Flugzeugen jeder Art das Überfliegen des vatikanischen Gebietes verboten.

Auf der Piazza Rusticucci und in den an die Kolonnaden angrenzenden Zonen, auf die sich die in Art. 15 festgesetzte Exterritorialität nicht erstreckt, erfolgt jedwede bauliche oder straßenbauliche Änderung, die sich für die Vatikanstadt von Belang sein könnte, in gegenseitigem Einverständnis.

Art. 8. Italien betrachtet die Person des Papstes als heilige und unverletzlich und erklärt darum ein Attentat auf ihn und die Aufreizung dazu als strafbar mit den nämlichen Strafen, die auf ein Attentat und auf die Aufreizung zu einem Attentat wider der Person des Königs gesetzt sind.

Öffentliche Beleidigungen und Beschimpfungen der Person des Papstes, die auf italienischem Gebiete in Wort, Tat und Schrift begangen werden, werden wie die Beleidigungen und Beschimpfungen der Person des Königs bestraft.

Art. 9. Gemäß den Bestimmungen des internationalen Rechtes unterstehen der Souveränität des Heiligen Stuhles alle Personen, die in der Vatikanstadt ihren ständigen Wohnsitz haben. Dieser Wohnsitz geht nicht verloren durch die einfache Tatsche eines zeitlichen anderweitigen Aufenthaltes, der nicht von dem Verlust der Wohnung in der Vatikanstadt selbst oder von anderen Umständen begleitet ist, die die Aufgabe dieses Wohnsitzes beweisen.

Hören die im vorigen Absatz erwähnten Personen auf der Souveränität des Heiligen Stuhles zu unterstehen, so gelten sie, falls sie nach dem italienischen Gesetz, unbeschadet der oben erwähnten Tatumstände, nicht im Besitze einer anderen Staatsangehörigkeit sind, in Italien ohne weiteres als italienische Staatsbürger.

Auf diese Personen sind, solange sie der Souveränität der Heiligen Stuhles unterstehen, auf dem Gebiete des Königreichs Italien die Vorschriften der italienischen Gesetzgebung anzuwenden, auch in den Materien, in denen das Personalstatut zu beobachten ist (wenn sie nicht durch Bestimmungen des Heiligen Stuhles geregelt sind); handelt es sich um Personen, die im Besitze einer anderen Staatsangehörigkeit sind, die Vorschriften des Staates, dem sie angehören.

Art. 10. Die kirchlichen Würdenträger und die Personen des päpstlichen Hofes, die in einem zwischen den hohen Vertragsparteien zu vereinbarenden Verzeichnis aufgeführt werden, sind, auch wenn sie nicht vatikanische Bürger sind, immer und in jedem Falle seitens Italiens vom Militärdienst, vom Geschworenenamt und von jeder persönlichen Leistung befreit.

Diese Bestimmung gilt auch die vom Heiligen Stuhle für unabkömmlich erklärten planmäßigen Beamten, die ständig und mit festem Gehalt an den Ämtern des Heiligen Stuhles, sowie an den nachstehend in Art. 13, 14, 15 und 16 genannten außerhalb der Vatikanstadt befindlichen Behörden und Ämtern angestellt sind. Diese Beamten werden in einem anderen ebenfalls zu vereinbarenden und jährlich vom Heiligen Stuhle vorzulegenden Verzeichnis aufgeführt.

Die kirchlichen Personen, die von Amts wegen außerhalb der Vatikanstadt an der Herausgabe der Erlasse des Heiligen Stuhles beteiligt sind, unterliegen deshalb seiner Behinderung, Untersuchung oder Belästigung durch die italienischen Behörden.

Alle Ausländer, die in Rom ein kirchliches Amt bekleiden, genoeßen die persönlichen Garantien, die dem italienischen Staatsangehörigen kraft der Gesetze des Königreiches zustehen.

Art. 11. Die Zentralstellen der katholischen Kirche sind (vorbehaltlich der Bestimmungen der italienischen Gesetze über den Erwerb durch die christlichen Personen) von jeder Einmischung seitens des italienischen Staates und von der Konvertierung der unbeweglichen Güter frei.

Art. 12. Italien erkennt das aktive und passive Gesandtschaftsrecht des Heiligen Stuhles nach dem allgemeinen Regeln des internationalen Rechtes an.

Die Gesandten der auswärtigen Regierungen beim Heiligen Stuhle genießen auch fernerhin im Königreiche alle Vorrechte und Freiheiten, die den diplomatischen Vertretern nach dem internationalen Rechte zustehen und ihre Residenzen können nach wie vor auf italienischem Gebiete verbleiben unter dem Genuss der ihnen nach dem internationalen Rechte zustehenden Freiheiten, auch wenn ihre Staaten keine diplomatischen Beziehungen zu Italien unterhalten.

Es besteht Einverständnis darüber, dass sich Italien verpflichtet, immer und in jedem Falle verpflichtet, immer und in jedem Falle den Schriftverkehr aller Staaten, einschließlich der Kriegführenden, mit dem Heiligen Stuhle und umgekehrt frei zu lassen, ebenso den ungehinderten Zutritt der Bischöfe der ganzen Welt zum Apostolischen Stuhle.

Die hohen Vertragsparteien verpflichten sich zur Herstellung regelrechter diplomatischer Beziehungen untereinander durch Beglaubigung eines italienischen Botschafters beim Heiligen Stuhl und eines päpstlichen Nuntius bei Italien. Dieser ist aufgrund des von der Wiener Kongressakte vom 9. Juni 1815 anerkannten Gewohnheitsrechtes der Doyen des diplomatischen Korps.

Infolge der anerkannten Souveränität und unbeschadet der Bestimmungen des nachstehenden Art. 19 genießen die Diplomaten des Heiligen Stuhles und die im Namen des Papstes entsandten Kuriere auf italienischen Gebiet auch in Kriegszeit die gleiche Behandlung, die den Diplomaten und den Kabinettskurieren der übrigen auswärtigen Regierungen nach den Vorschriften des internationalen Rechtes zusteht.

Art. 13. Italien erkennt das volle Eigentumsrecht des Heiligen Stuhles an den Patriarchalbasiliken St. Johannes im Lateran, Santa Maria Maggiore und St. Paul mit ihren Nebengebäuden an (Anl. II, 1. 23).

Der Staat überträgt des Heiligen Stuhle die freie Leitung und Verwaltung der genannten Basilika St. Paul und des dazu gehörigen Klosters und zählt auch dem Heiligen Stuhle die Kapitalien aus, die den im Haushalt des Ministeriums für den öffentlichen Unterricht alljährlich für die genannte Basilika ausgesäten Summen entsprechen.

Gleiches Einverständnis besteht darüber, dass der Heilige Stuhl freier Eigentümer des zu San Callisto gehörten Gebäudes bei Santa Maria in Trastevere (Anl. II, 9) ist.

Art. 14. Italien erkennt das volle Eigentum des heiligen Stuhles an dem päpstlichen Paläste zu Castel Gandolfo mit allen Dotationen, allem Zubehör und allen Dependenzen (An. II, 4) an, die sich heute schon im Besitze des nämlichen Heiligen Stuhles befinden und verpflichtet sich ihm ebenso zu vollem Eigentum die Villa Barberini in Castel Gandolfo mit allen Dotationen, allem Zubehör und allen Dependenzen abzutreten abzutreten. Deren Überweisung wird es binnen sechs Monaten und Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages bewerkstelligen.

Zur Vervollständigung des Eigentums des Immobilien an der Nordseite des Janikulus, die der Heiligen Kongregation “De Propaganda Fidel” und anderen kirchlichen Anstalten gehören und von den vatikanischen Palästen gegenüberliegen, verpflichtet sich der Staat dem Heiligen Stuhl oder den von ihm bezeichneten Rechtssubjekten die in dieser Zone im Eigentum des Staates oder Dritter befindlichen Immobilien abzutreten. Die der genannten Kongregation und anderen Anstalten gehörenden und abzutretenden Immobilien sind in dem beigefügten Plane (Anl. II, 12) angegeben.

Schließlich tritt Italien dem Heiligen Stuhle zu vollem und freiem Eigentum die ehemaligen Klostergebäude in Rom, die zur Basilika der heiligen zwölf Apostel und zu den Kirchen St. Andrea della Valle und San Carlo ai Catinari gehören, samt allem Zubehör und allen Dependancen ab (Anl. III, 3.4.5) und übergibt sie frei von Insassen innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des vorliegenden Vertrages.

Art. 15. Die in Art. 13 und 14 Absatz 1 und 2 ausgeführten Immobilen, sowie die Paläste der Dotarie, der Kanzlei, der Propaganda Fite auf der Piazza di Spange, der Palast des Heiligen Offizium mit Nebengebäuden, jener der Convertendi (zur Zeit Sitz der Kongregation für die morgenländische Kirche) auf der Piazza Scossacavalli, der Palast des Vikariates (Anl. II, 6.7.8.10.11) und die übrigen Gebäude, in denen der Heilige Stuhl künftig andere seiner Behörden unterzubringen gedächte, genießen, obwohl sie einen Teil des italienischen Staatsgebietes bilden, die Freiheiten, die vom internationalen Rechte den Sitzen der diplomatischen Vertreter auswärtiger Staaten zuerkannt werden.

Die gleichen Freiheiten finden auch auf die anderen Kirchen, auch außerhalb Roms, während der Zeit Anwendung, wo in ihnen, ohne dass sie der Allgemeinheit zugänglich sind, Feierlichkeiten in Gegenwart des Papstes stattfinden.

Art. 16. Die in den drei vorausgehenden Artikeln genannten Immobilien, sowie die als Sitze der folgenden päpstlichen Anstalten dienenden: Gregorianische Universität, Bibelinstitut, Orientalisches, Archäologisches Institut, Russisches Seminar, Lombardisches Kolleg, die beiden Paläste von St. Apollinare und das Exerzitienhaus für den Klerus von St. Johann und Paul (Anl. III 1. 1 bis 2. 6.7.8) werden nie Beschränkungen oder Enteignungen aus Gründen des öffentlichen Nutzens unterworfen werden, außer nach vorheriger Übereinkunft mit dem heiligen Stuhle. Auch sind sie von ordentlichen wie außerordentlichen Abgaben an den Staat wie an irgend eine andere Stelle frei.

Es steht in der Befugnis des Heiligen Stuhls allen in diesem und den drei vorausgehenden Artikeln genannten Immobilien die Gestalt zu geben, die er für gut befindet, ohne dass es einer Ermächtigung oder Zustimmung der italienischen Regierungs-, Provinz- oder Gemeindebehörden bedarf, die in diesem Punkte sicher auf die edlen künstlerischen Überlieferungen rechnen können, deren sich die Katholische Kirche rühmt.

Art. 17. Zuwendungen jeder Art, die vom Heiligen Stuhle, von den anderen Zentralstellen der Katholischen Kirche und von den vom Heiligen Stuhle unmittelbar geleiteten Anstalten, auch außerhalb Roms, Würdenträgern, Beamten und Angestellten, auch nichtständigen, sind auf italienischem Gebiete vom 1. Januar 1929 ab von jeder Abgabe an den Staat wie an jede andere Stelle frei.

Art. 18. Die in der Vatikanstadt und im Lateranpalast befindlichen Schätze der Kunst und Wissenschaft bleiben den Studierenden und den Besuchern zugänglich. Doch behält der Heilige Stuhl volle Freiheit, den Zutritt des Publikums zu regeln.

Art. 19. Die Diplomaten und Gesandten des Heiligen Stuhls. die Diplomaten und die Gesandten der auswärtigen Regierungen beim Heiligen Stuhl und die kirchlichen Würdenträger, die aus dem Ausland zur Vatikanstadt kommen und mit Pässen der Herkunftsstaaten versehen sind, die das Visum der päpstlichen Vertreter im Ausland tragen, können ohne wittere Förmlichkeit in die Vatikanstadt durch das italienische Gebiet reisen. Das gleiche gilt für die genannten Personen, die mit ordnungsmäßigem päpstlichem Passe ausgerüstet aus der Vatikanstadt ins Ausland reisen.

Art. 20. Waren, die aus dem Auslands kommen und für die Vatikanstadt oder Anstalten und Ämter des Heiligen Stuhles außerhalb der Vatikanstadt bestimmt sind, werden stets von jedem Punkte der italienischen Grenze aus und in jedem Hafen des Königreiches zur Durchfuhr durch italienisches Gebiet unter voller Befreiung von Zoll- und Steuergebühren zugelassen.

Art. 21. Alle Kardinäle genießen in Italien die den Prinzen von Geblüt zustehenden Ehren. Die in Rom außerhalb der Vatikanstadt residierenden sind vatikanische Staatsbürger mit Alen Folgen.

Während der Erledigung des päpstlichen Stuhles sorgt Italien in besonderer Weise dafür, dass der freie Durchgang und Zutritt der Kardinäle auch das italienische Gebiet zum Vatikan nicht gehemmt und dass deren persönliche Freiheit nicht gehindert oder beschränkt werde.

Außerdem sorgt Italien dafür, dass in seinem Gebiet um die Vatikanstadt herum keine Verrichtungen stattfinden, die irgendwie die Sitzungen des Konklaves stören könnten.

Diese Bestimmungen gelten auch für die etwa außerhalb der Vatikanstadt tagenden Konklaven, sowie für die vom Papst oder seinen Legaten präsidierten Konzilien und für die zur Teilnahme gerufenen Bischöfe.

Art. 22. Auf Ersuchen des Heiligen Stuhles und in dessen entweder von Fall zu Fall oder dauernd erteilter Vollmacht wird Italien auf seinem Gebiete für die Bestrafung der in der Vatikanstadt begangenen Missetaten sorgen, außer wenn der Missetäter auf italienisches Gebiet floh. In diesem Falle wird gegen ihn ohne weiteres gemäß den italienischen Gesetzen vorgegangen.

Der Heilige Stuhl liefert dem italienischen Staate die Personen aus, die in die Vatikanstadt flohen, belastet mit Taten, die zwar auf italienischem Gebiete begangen wurden, die aber nach den Gesetzen der beiden Staaten als Delikte anzusehen sind.

Entsprechend wird gegen die mit Straftaten belasteten Personen verfahren, die auf die in Art. 15 als frei erklärten Grundstücke flüchten, sofern die Vorstände der genannten Grundstücke es nicht vorziehen, die italienischen Polizeiorgane zum Eintritt und zu deren Verhaftung aufzufordern.

Art. 23. Auf die Vollstreckung der von den Gerichtshöfen der Vatikanstadt ergangenen Urteile im Königreiche finden die Bestimmungen des internationalen Rechtes Anwendung.

Dagegen haben ohne weiteres in Italien volle Rechtskraft, auch hinsichtlich aller zivilrechtlichen Folgen, die den Zivilbehörden amtlich mitgeteilten Urteile und Verfügungen kirchlicher Behörden gegen Geistliche oder Ordensleute in geistlichen und disziplinären Sachen.

Art. 24. Hinsichtlich der dem Heiligen Stuhl auch auf internationalem Gebiete zustehenden Souveränität erklärt er, dass er den weltlichen Streitigkeiten unter den anderen Staaten und den derenthalben einberufenen internationalen Kongressen fernbleiben will und wird, wenn nicht die streitenden Parteien gemeinsam seine Friedensmission anrufen. Er behält sich jedoch in jedem Falle vor, seine moralische und geistige Macht zur Geltung zu bringen.

Infolgedessen gilt die Vatikanstadt stets und in jedem Falle als neutrales und unverletzliches Gebiet.

Art. 25. Durch ein besonderes Abkommen, das zugleich mit dem vorliegenden Vertag unterzeichnet wird und als Anlage IV dessen untrennbaren Bestandteil bildet, wird die Abgeltung der Guthaben geregelt, die der Heilige Stuhl bei Italien hat.

Art. 26. Der Heilige Stuhl ist der Überzeugung, dass ihm durch die heute unterzeichneten Abmachungen in angemessenem Umfange alles zugesichert wird, dessen er bedarf um mit der nötigen Freiheit und Unabhängigkeit das Hirtenamt über das Bistum Rom und über die Katholische Kirche in Italien und auf dem Erdkreis auszuüben. Er erklärt die “Römisch Frage” endgültig und unwiderruflich für beigelegt und somit für erledigt und erkennt das Königreich Italien unter der Dynastie des Hauses Savoyen mit Rom als Hauptstadt des italienischen Staates an.

Italien erkennt seinerseits den Staat der Vatikanstadt unter der Souveränität des Papstes an.

Aufgehoben ist das Gesetz Nr. 214 vom 18. Mai 1871 und jede andere dem vorliegenden Vertrage zuwiderlaufende Bestimmung.

Art. 27. Der gegenwärtige Vertrag wird binnen vier Monaten nach seiner Unterzeichnung dem Papst und dem König von Italien zur Ratifizierung unterbreitet und tritt eben mit dem Austausch der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Rom, am elften Februar eintausendneunhundertneunundzwanzig.
(Siegel) gez. Pietro Card. Gasparri
(Siegel) gez. Benito Mussolini

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