11. Oktober – Hl. Papst Johannes XXIII.
Hl. Johannes XXIII. Papst
* 25. November 1881 in Sotto il Monte bei Bergamo in Italien
† 3. Juni 1963 in Rom
Angelo Giuseppe Roncalli wurde als Sohn einer einfachen Bauernfamilie geboren. Nach seiner Ausbildung in Bergamo und Rom und der Erlangung der Doktorwürde wurde er 1904 zum Priester geweiht, wurde Sekretär des Bischofs von Bergamo, dann Professor für Kirchengeschichte. Im 1. Weltkrieg diente er als Sanitäter, später als Feldgeistlicher. 1921 wirkte er an der Neuorganisation der päpstlichen Kongregation für die Glaubensverbreitung mit, ab 1925 war er Gesandter des Vatikans in Bulgarien mit Sitz in Sofia (София), ab 1933 in der Türkei und in Griechenland mit Sitz in Ístanbul. Als solcher half er Juden zur Flucht aus dem von der deutschen Wehrmacht im 2. Weltkrieg besetzten Ungarn. 1944 wurde er zum vatikanischen Nuntius – Botschafter – in Paris ernannt, 1953 zum Kardinal und Patriarchen von Venedig.
Am 28. Oktober 1958 wurde er im im elften Wahlgang des Konklave im Alter von 77 Jahren zum Papst gewählt – offenbar als Kompromisskandidat, wählbar für konservative Anhänger des Vorgängers wie für gemässigte Reformer. Überraschend nahm er den Namen Johannes an – wobei er mit der Wahl der Zählung als 23. zum Ausdruck brachte, dass der zur Zeit des Drei-Päpste-Schismas von 1410 bis 1415 regierende Johannes XXIII. kein rechtmässiger Papst war; er wolle die kirchengeschichtlich umstrittene Frage nicht entscheiden, erklärte er.
Schon 30 Tage nach seiner Wahl kündigte er die Einberufung des 2. Vatikanischen Konzils an, das er am 11. Oktober 1962 eröffnete. Eine Woche zuvor hatte er als erster Papst seit 1870 den Vatikan verlassen und eine Wallfahrt zum Grab von Franziskus nach Assisi unternommen. Das überraschend einberufene Konzil sollte die römisch-katholische Kirche durch “Vergegenwärtigung” (Aggiornamento; gemeint ist, die Lehre der Kirche besser den heutigen Menschen zu vermitteln) erneuern und die Begegnung mit den getrennten christlichen Kirchen sowie den Dialog mit anderen Religionen fördern.
Während seine Vorgänger sich als Gefangene im Vatikan betrachteten, verstand Johannes XXIII. sich wirklich als Bischof von Rom: er besuchte die Gemeinden und zeigte sich den Menschen nahe. “Ich bin Josef, euer Bruder”, stellte er sich gelegentlich vor (sein Taufname war Guiseppe – Josef), bescheiden und in Anlehnung an den nachsichtigen und hilfsbereiten Joseph in Ägypten (Gen 45, 4). Aufsehen erregte sein Besuch im römischen Staatsgefängnis, wo er die Häftlinge tröstete mit der Erzählung von seinem Onkel, der auch (wegen Wilderei) im Gefängnis eingesperrt war. Er schaffte den Fusskuss und die bislang vorgeschriebenen drei Verbeugungen bei Privataudienzen ab und erhöhte in einer seiner ersten Amtshandlungen die zuvor sehr niedrigen Gehälter der Angestellten.
Als wichtiger Beitrag zur Kirchenreform sind auch Johannes’ sieben Enzykliken zu werten, darunter Mater et Magistra zur katholischen Soziallehre von 1961, in der er die Würde des Einzelnen als Grundlage der gesellschaftlichen Institutionen betonte, und Pacem in Terris von 1963, in der er in moderner Sprache und an alle Menschen guten Willens gerichtet zur internationalen Zusammenarbeit für Frieden und Gerechtigkeit aufforderte und im Gegensatz zu seinen Vorgängern die Menschenrechte ausdrücklich anerkannte. Seine Aufgeschlossenheit für die Ökumene zeigte sich 1960 in der Gründung des Sekretariats für die Einheit der Christen, in Kontakten zur orthodoxen Kirche, zu Vertretern des Protestantismus und zum Ökumenischen Rat der Kirchen, zu Juden und Muslimen. Das Wesentliche ist der grundlegende Wandel in den Beziehungen zwischen der römisch-katholischen Kirche und den anderen Kirchen, der den Beginn eines wahren Dialogs gesetzt hat, erklärte der damalige Generalsekretär des Ökumenischen Weltrates der Kirchen, Visser’t Hooft.
In den zuvor vom Vatikan misstrauisch betrachteten Vereinten Nationen erkannte Johannes ein gottgewolltes Zeichen der Zeit. Auch in der internationalen Politik wirkte er ausgleichend, er traf mit führenden Vertretern der Grossmächte wie den amerikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhower und John F. Kennedy zusammen; dem Schwiegersohn des sowjetischen Präsidenten Chruschtschow, Adschubej, gewährte er eine Privataudienz, in manchem bereitete er der Politik der Ostpolitik mit der Aussöhnung mit den kommunistischen Ländern den Weg. In der italienischen Innenpolitik blieb er neutral, unterstütze nicht mehr wie seine Vorgänger die Konservativen und beendete die Exkommunikation aller Mitglieder der Kommunistischen Partei.
Zu Johannes’ wissenschaftlichen Werken zählen die fünfbändigen Studien zum heiligen Karl (Carlo) Borromäus. Sein Geistliches Tagebuch und andere geistliche Schriften – 1965 posthum veröffentlicht – und seine Briefe an die Familie – 1969 erschienen – weisen Schlichtheit und Demut seines geistlichen Lebens aus, und diese Eigenschaften vor allem, die er auch von Jugend an lebte, sein Wille zur Heiligkeit, zu einem in allem gottgefälligen Leben, nicht so sehr äussere Leistungen, so wichtig sie sind, führten letztlich zu seiner Selig- und Heiligsprechung. Aufgrund seiner persönlichen Ausstrahlung, seines Engagements für den Frieden, seiner Toleranz und seines Optimismus wurde er nicht nur innerhalb der katholischen Kirche hoch verehrt; die zuvor hohe Hemmschwelle vor der unnahbaren Autorität des Amtes minderte er erfolgreich, wodurch er dem Glauben Türen beim Volk öffnete. Er wollte kein grosser Redner, Diplomat, Wissenschaftler oder Organisator sein, sondern ein guter Hirte nach dem Vorbild von Petrus; er lehrte nicht, sondern lebte eine neue Form des Papstamtes.
Johannes Paul II. sprach seinen Vorgänger im Jahr 2000 selig, von Papst Franziskus wurde er am 27. April 2014 heiliggesprochen.
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