Die Beziehungen zu Rom seit dem Jahr 2000 – Ein Überblick

Die Beziehungen der Priesterbruderschaft St. Pius X. zum Heiligen Stuhl seit dem Jahr 2000

Quelle

“Wiederannäherung: schrittweise und in angemessenen Zeiträumen Interview mit Kardinal Castrillón Hoyos, Präsident von „Ecclesia Dei“ über die Beziehungen Roms zu den Lefebvrianern.
NOM

25. Januar 2018

Nach den Bischofskonsekrationen des Jahres 1988 durch Erzbischof Lefebvre und den Mitkonsekrator, Bischof de Castro Mayer aus Campos, Brasilien, verhängt der Vatikan über Weihespender und Weiheempfänger die Exkommunikation, von der Bruderschaft wegen der Notsituation der Kirche immer als ungültig betrachtet. So kühlen sich die Beziehungen der Bruderschaft zu den Vatikanischen Behörden deutlich ab, ohne jemals abzubrechen.

Mai 2000

Kardinal Castrillón Hoyos, neuer Präsident der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei nimmt mit einem Brief an die vier Bischöfe der Bruderschaft den Kontakt auf.

August 2000

Am Ende der Wallfahrt der Bruderschaft nach Rom zum Heiligen Jahr lädt Kardinal Castrillón Hoyos die vier Weihbischöfe der Bruderschaft zu einem Gespräch und einem Mittagessen ein. Drei von ihnen folgen der Einladung, der vierte ist schon auf der Rückreise nach Spanien. Der Kardinal meint, die kirchenrechtliche Lage der Bruderschaft könne und müsse bereinigt werden, und dies sei ohne allzu grosse Schwierigkeiten möglich.

Dezember 2000

Am 29. Dezember ist Bischof Fellay bei Kardinal Castrillón Hoyos in Rom; die Kirche hat entschieden, eine Lösung für die Bruderschaft zu suchen; Mgr. Fellay schlägt vor etwas zu suchen nach dem Beispiel des Abkommens von Brest-Litovsk, wo für die Griechisch-Katholischen ein Sonderstatus ausgehandelt worden ist. Am Tag darauf, dem 30. Dezember, begegnet Bischof Fellay zum ersten Mal Papst Johannes Paul II.

Januar 2001

Der Generalrat der Bruderschaft berät zusammen mit Pater Rifan von Campos, Brasilien, über eine Antwort auf die Initiative Roms hin. Man einigt sich, von Rom zwei Vorleistungen zu erbitten, um in eine ernsthafte Diskussion einzutreten: Die Erlaubnis für einen jeden Priester der Kirche, die überlieferte hl. Messe zu feiern und die Rücknahme des Exkommunikationsdekrets, um ein günstiges Gesprächsklima zu schaffen. Kardinal Castrillón Hoyos antwortet, das erste sei unter den gegebenen Umständen bei den Bischofskonferenzen nicht durchsetzbar, werde sich aber nach und nach ergeben. Das zweite werde automatisch erfüllt, wenn die Bruderschaft nur ein „Abkommen“ unterschreibe. Die Bruderschaft antwortet, in der Bitte handle es sich um Vorleistungen, nicht um Begleitumstände oder um Folgerungen. So tritt man zunächst auf der Stelle.

Mai 2001

In einem Brief von Kardinal Castrillón Hoyos an Bischof Fellay geht er ausführlich auf das Problem ein und erklärt, warum Rom die zwei von der Bruderschaft erbetenen Vorleistungen nicht erfüllen kann.

Januar 2003

Mons. Perl, Sekretär der Kommission Ecclesia Dei, schreibt am 18. Januar an einen Gläubigen: „Im strikten Sinn können Sie Ihre Sonntagspflicht erfüllen, indem Sie einer Messe beiwohnen, die von einem Priester der Priesterbruderschaft St. Pius X. zelebriert wird.“

„Es scheint, dass ein bescheidener Beitrag zur Sonntagskollekte gerechtfertigt sein kann.“

Mai 2003

Kard. Castrillón Hoyos zelebriert am 24. Mai in der Basilika Sancta Maria Maggiore in Rom ein Pontifikalamt im überlieferten Ritus und stellt bald danach in einem Interview fest, dass die Messe, so wie sie von Pius V. approbiert worden ist, nie abgeschafft wurde. Auch sagt er, dass die Bischofskonsekrationen kein formales Schisma darstellen.

April 2005

Papst Johannes Paul II. verstirbt am 2. April; Kardinal Ratzinger besteigt als Benedikt XVI. am 19. April den päpstlichen Thron.

August 2005

Am 29. August empfängt der neue Papst Bischof Fellay. Der Heilige Stuhl gibt daraufhin folgendes Pressekommuniqué heraus: Der Heilige Vater, Papst Benedikt XVI., hat heute Morgen im Apostolischen Palast von Castel Gandolfo den Generaloberen der Priesterbruderschaft St. Pius X., Mgr. Bernard Fellay, empfangen, der darum nachgesucht hatte. Der Papst war begleitet von Seiner Eminenz, Daria Kardinal Castrillón Hoyos, Präsident der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei.

Das Treffen verlief in einem Klima der Liebe zur Kirche und dem Wunsch, zur vollen Gemeinschaft zu gelangen.

Da sie [der Papst und Bischof Fellay] sich der Schwierigkeit bewusst sind, haben sie den Willen geäussert, schrittweise und mit vernünftigen Zeitabschnitten vorzugehen.“

Juli 2007

Am 7. Juli veröffentlicht der Vatikan das Motu proprio Summorum pontificum, mit dem der überlieferten hl. Messe wieder einigermassen Heimatrecht in der Kirche gegeben wird. Es heisst darin wörtlich: „Demgemäss ist es erlaubt, das Messopfer nach der vom seligen Johannes XXIII. promulgierten und niemals abgeschafften Editio typica des römischen Messbuchs als ausserordentliche Form der Liturgie der Kirche zu feiern.“ Und im Begleitbrief an die Bischöfe unter demselben Datum heisst es: „Was nun die Verwendung des Messbuchs von 1962 als Forma extra ordinaria der Liturgie angeht, so möchte ich darauf aufmerksam machen, dass dieses Missale nie rechtlich abrogiert wurde und insofern im Prinzip immer zugelassen blieb.“

Dezember 2008

Nach der Wallfahrt der Bruderschaft nach Lourdes, wo man die Bischöfe der Bruderschaft nicht zelebrieren liess unter dem Vorwand, sie seien schismatisch, schreibt Bischof Fellay Kardinal Castrillón Hoyos. Er sagt in dem Brief, dass es ihn jedes Mal einen heldenhaften Akt des Glaubens koste, nach Rom zu reisen und die Mitglieder der Hierarchie aufzusuchen.

Januar 2009

Unter dem Datum des 21. Januar nimmt Rom die Exkommunikation der Bischöfe der Bruderschaft zurück. Leider gaben die Äusserungen von Bischof Williamson im schwedischen Fernsehen zum jüdischen Holocaust im Dritten Reich, genau in diesem Augenblick vom schwedischen Fernsehen ausgestrahlt, unseren Feinden die willkommene Gelegenheit zu versuchen, die Bruderschaft zu vernichten. Noch mehr galt der Angriff der Massenmedien dem Papst selbst.

März 2009

Papst Benedikt XVI. schreibt am 10. März einen bedeutungsvollen Brief an die Bischöfe der Weltkirche bezüglich der Rücknahme des Exkommunikationsdekrets von 1988. Es heisst dort: „Betrübt hat mich, dass auch Katholiken, die es eigentlich besser wissen konnten, mit sprungbereiter Feinseligkeit auf mich einschlagen zu müssen glaubten. (…) Manchmal hat man den Eindruck, dass unsere Gesellschaft wenigstens eine Gruppe benötigt, der gegenüber es keine Toleranz zu geben braucht; auf die man ruhig mit Hass losgehen darf. Und wer sie anzurühren wagte – in diesem Fall der Papst -, ging auch selber des Rechts auf Toleranz verlustig und durfte ohne Scheu und Zurückhaltung ebenfalls mit Hass bedacht werden.“

Dann spricht er über die neue Stellung der Kommission „Ecclesia Dei”:

„Angesichts dieser Situation beabsichtige ich, die Päpstliche Kommission „Ecclesia Dei“, die seit 1988 für diejenigen Gemeinschaften und Personen zuständig ist, die von der Bruderschaft Pius X. oder ähnlichen Gruppierungen kommend in die volle Gemeinschaft mit dem Papst zurückkehren wollen, in Zukunft mit der Glaubenskongregation zu verbinden. Damit soll deutlich werden, dass die jetzt zu behandelnden Probleme wesentlich doktrineller Natur sind, vor allem die Annahme des II. Vatikanischen Konzils und des nachkonziliaren Lehramts der Päpste betreffen. Die kollegialen Organe, mit denen die Kongregation die anfallenden Fragen bearbeitet (besonders die regelmässige Kardinalsversammlung an den Mittwochen und die ein- bis zweijährige Vollversammlung), garantieren die Einbeziehung der Präfekten verschiedener römischer Kongregationen und des weltweiten Episkopats in die zu fällenden Entscheidungen. Man kann die Lehrautorität der Kirche nicht im Jahre 1962 einfrieren – das muss der Bruderschaft ganz klar sein. Aber manchen von denen, die sich als grosse Verteidiger des Konzils hervortun, muss auch in Erinnerung gerufen werden, dass das II. Vatikanum die ganze Lehrgeschichte der Kirche in sich trägt. Wer ihm gehorsam sein will, muss den Glauben der Jahrhunderte annehmen und darf nicht die Wurzeln abschneiden, von denen der Baum lebt.“

Herbst 2009 – Frühjahr 2011

Gleichzeitig fordert der Papst nunmehr theologische Diskussionen zwischen der Bruderschaft und dem Heiligen Stuhl. Diese beginnen im Herbst 2009 und reichen bis ins Frühjahr 2011 hinein. Diese insgesamt sieben Sitzungen in Rom behandeln die neue Messe, die Religionsfreiheit, das subsistit in in Lumen gentium Nr. 8, die Kollegialität, die Ekklesiologie, das Lehramt und die Tradition. Die Differenzen sind gross und scheinen unüberwindlich. Trotzdem denkt Rom an eine Personalprälatur für die Bruderschaft. Bedingung dafür ist allerdings die Unterschrift unter eine lehrmässige Präambel, die im Wesentlichen eine Anerkennung des II. Vatikanums in toto wie auch die Legitimität des Novus Ordo Missae beinhaltet. Sie ist damit für uns unannehmbar.

September 2011

Ein erster Vorschlag Roms an uns umfasst einen lehrmässigen und einen kirchenrechtlichen Text.

Mai 2012

Wir sind einer Lösung nahe. Da schiebt Rom weitere Forderungen bezüglich des Konzils und des Novus Ordo Missae nach.

März 2013

Nach dem Rücktritt von Papst Benedikt XVI. am 28. Februar besteigt Kardinal Bergolio am 13. März den päpstlichen Stuhl und gibt sich den Namen Franziskus.

Dezember 2014

Die Päpstliche Kommission Ecclesia Dei lädt mehrere der Bruderschaft wohlgesinnte Prälaten ein, einige ihrer Niederlassungen zu besuchen und theologische Diskussionen zu den verschiedenen strittigen Punkten zu führen. Kardinal Brandmüller besucht Zaitzkofen, Bischof Arrieta Ecône, Weihbischof Athanasius Schneider Flavigny und Winona, Bischof Huonder das Priorat Oberriet/Schweiz. Es ergehen jeweils Berichte an die Kommission „Ecclesia Dei”, unseres Wissens nach durchaus positiv.

September 2015

Am 1. September verleiht der Papst den Patres der Priesterbruderschaft für die Zeit des Jahres der Barmherzigkeit die Beichtjurisdiktion. Freilich waren auch unsere Beichten vorher aufgrund der Notlage der Kirche und der Seelen zweifelsfrei gültig.

November 2016

Am 21. November verlängert der Papst die Beichtjurisdiktion für die Patres der Bruderschaft bis zu einer neuen Regelung. Ungefähr zur gleichen Zeit sagt Erzbischof Pozzo sinngemäss, man könne von der Bruderschaft nicht mehr verlangen, als die Zustimmung zum katholischen Glauben. Da das II. Vatikanum auch zeitbedingte Dokumente beinhalte, könne man zu diesen niemand absolut verpflichten.

März 2017

Gerhard Kardinal Müller, Präfekt der Glaubenskongregation, schreibt am 27. März einen Brief an die Kardinäle, Bischöfe und Erzbischöfe, in dem er auf Anweisung des Heiligen Vaters hin die hochwürdigsten Ortsordinarien bevollmächtigt, den Patres der FSSPX die Jurisdiktion zur Eheschliessung zu geben.

Juni 2017

In einem Brief an Bischof Fellay fordert Kardinal Müller von allen Mitgliedern der Bruderschaft die Annahme der Lehren des II. Vatikanischen Konzils und jene der nachkonziliaren Zeit sowie die Anerkennung der Legitimität des Ritus der Messe und der Sakramente gemäss den liturgischen Büchern, die nach dem II. Vatikanischen Konzil promulgiert worden sind.

Am 30. Juni teilt Papst Franziskus Kardinal Müller mit, dass er sein Mandat als Präfekt der Glaubenskongregation nicht erneuern werde. Er ernennt Erzbischof Ladaria zum neuen Präfekten der Glaubenskongregation.

Konklusion

Seit dem Jahr 2000 gibt es in den Beziehungen der Priesterbruderschaft St. Pius X. zum Heiligen Stuhl eine schrittweise Annäherung. Eine endgültige kirchenrechtliche Regelung blieb uns allerdings bis zum heutigen Tag versagt, weil wir

a) den Konzils(un)geist entschieden zurückweisen und auf eine Klärung bzw. Korrektur einiger Konzilstexte drängen;

b) den NOM, an dessen Erarbeitung sechs protestantische Pastoren mitgewirkt haben und der keinen katholischen Geist atmet, nicht einfach hin als legitimen Ritus bezeichnen können.

Wir können und wollen an diesen zwei Übeln, welche die Kirche ins Unglück gestürzt haben, nicht mitschuldig werden. So ist es uns von unserem Gründer in die Wiege gelegt, der unentwegt die Irrtümer angeprangert hat, gleichzeitig sich aber auch immer um eine kirchenrechtliche Lösung bemühte. Wir wollen einfach unser katholisches Leben weiterführen und weder liberal oder modernistisch noch schismatisch werden, sondern katholisch bleiben. Römisch-katholisch.

Pater Franz Schmidberger

Regens des Priesterseminars Herz Jesu, Zaitzkofen

4 Antworten auf Die Beziehungen zu Rom seit dem Jahr 2000 – Ein Überblick

  • maralkos:

    St.Pater Pio hat die “Neue Messe” gelesen. War er deswegen ein Protestant? – Mir gefällt das Pulverisieren liturgischer Vorschriften heute überhaupt nicht. Aber die Katholikenspalterei über den Messritus soll nicht sein. Es existieren weitere heute noch gültige Messriten, wie der byzantinische. Halten wir uns an die Vorgaben des Hl.Vaters. Und: Ohne Bibelübersetzungen in die jeweiligen Landessprachen könnten die einfachen Gläubigen die Hl.Schrift bis heute nicht lesen…

  • Marquard Imfeld:

    Sind wir froh, dass es die Pius- und die Petrusbruderschaft gibt. Denn es ist ja offensichtlich, dass die Zeit nach dem II. Vatikanischen Konzil in er katholischen Kirche eine starke Verwässerung des Glaubens und einen starken Zerfall der Literatur bewirkte, gerade auch in Deutschland, in Österreich und in der deutschsprachigen Schweiz.

    Und es sind die Pius- und die Petrusbruderschaften, welche uns jedes Jahr mehr Priester schenken. Ich empfehle jedem Gläubigen, die Statistiken von Priesterweihen zu lesen. Dann realisiert man, wohin die “Reise” geht: immer weniger “Nachkonziliäre” und immer mehr “Tridentiner”. Maralkos könnte sich einmal fragen, weshalb das so ist. Mit viel Geld kann man weder Kirchen füllen, noch Priester produzieren. Aber mit viel vorkonziliärem Glauben, welcher bei sich selbst, in der Gemeinschaft, und in der Liturgie gelebt wird, ist so etwas möglich.

    Die Piusbruderschaft kann man nicht mit einer politischen rechten Partei vergleichen. Eine Glaubensgemeinschaft ist nie eine Partei: Eine Glaubensgemeinschaft hält an einem Glauben fest oder sie hält nicht daran fest, bzw. verleugnet sich selber (wenn man das Kreuz ablegt).

  • admin:

    Unser Stil dürfte es bestätigen, dass die sachliche Darstellung als vielseitige Information und nicht als Opposition gedacht ist.

  • maralkos:

    Die ewige Piussenopferrolle… Das ändern auch Andienwebseiten nicht. – Es ist alleine an den Piussen, sich dem Hl.Vater zu unterstellen und das wollen sie nicht. Der Papst ist der Pontifex. Unterstützt ihn und opponiert nicht gegen ihn! Er hat wirklich eine sehr schwere Aufgabe, den “Laden” zusammenzuhalten, damit er nicht auseinanderfliegt. Links die Verprotestentisierer bis zu den Genderschwätzer- Innen/ -Aussen – und simpel den Bibelfälschern und rechts die Piussen und die Sedis, die sich nicht um das “Rechtsüberholverbot” scheren…
    .
    Hm, in DE gibt es ja auch die Reichsbürger…

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