Franziskus in Mailands Dom
Franziskus‘ zweite Station in der norditalienischen Stadt
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Franziskus in Mailands Dom – Kirche muss unterscheiden helfen
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Franziskus‘ zweite Station in der norditalienischen Stadt: eine Begegnung mit rund 4.000 Priestern und Ordensleuten im Mailänder Dom. Bei dieser Gelegenheit beantwortete der Papst Fragen, wobei er stellenweise vom vorbereiteten Text abwich. Es ging um die Sendung der Kirche heute, den Diakonat und das Ordensleben.
Kirche muss Orientierung und Lebenshilfe sein
Die Säkularisierung und die Vielfalt in der Gesellschaft – religiös, ethnisch und kulturell – stellt auch die Kirche heute vor neue Herausforderungen. Welche Antwort kann sie darauf geben? Sie muss Menschen Orientierung geben, vor allem der Jugend, so Franziskus‘ Antwort.
Katholisch, das meint universell, Einheit in Vielfalt: Vor dem Hintergrund ihrer Natur und Geschichte hat die katholische Kirche die Fähigkeit, die Moderne zu verstehen, ist der Papst zuversichtlich. Dabei gehe es weder um eine Verdammung noch Idealisierung der Moderne, hält der Argentinier fest.
“Wir sehen und haben viele Reichtümer und viele schlimme Dinge und Fehler gesehen. Und hier haben wir einen guten Schlüssel, um die gegenwärtige Welt zu verstehen, ohne sie zu verdammen noch zu verherrlichen. Wir sollten ihre hellen und dunklen Aspekte erkennen – auch die Auswüchse der Uniformität oder des Relativismus, zwei Tendenzen, die die Unterschiede und deren Bezogenheit aufeinander zu vernichten suchen. Die Kirche ist eins in den Unterschieden. Was macht hier den Unterschied? Es ist der Heilige Geist: der Meister der Unterschiede. Und was schafft Einheit? Der Heilige Geist: denn er ist auch Meister der Einheit. (…) Wie oft haben wir Einheit mit Einförmigkeit verwechselt und Vielfalt mit Pluralismus?“
Herausforderungen täten der Kirche gut, betont Franziskus grundsätzlich, sie seien “Zeichen eines lebendigen Glaubens“ und hielten “Augen und Herz offen“: “Herausforderungen helfen uns dabei, dass unser Glaube keine Ideologie wird. Es gibt immer die Gefahr der Ideologien: Sie wachsen, keimen, wenn jemand glaubt, er habe einen abgeschlossenen Glauben, wird dieser zur Ideologie. Herausforderungen retten uns vor einem verschlossenen und definierten Denken und öffnen uns einem breiteren Verständnis der Dinge.“
Jugend bei (Sinn-)Suche begleiten
Mit Blick auf die Jugend, die heute mit vielfältigen Lebensmodellen konfrontiert ist, formuliert Franziskus die Aufgabe der Kirche, das “Unterscheidungsvermögen“ der Gläubigen zu schärfen: “Die Überflusskultur bietet einen Horizont vieler Möglichkeiten und präsentiert sie alle als gültig und gut.“ Dazu trügen heute wesentlich auch die digitalen Medien bei, die den Alltag bestimmen: “Unsere jungen Leute sind einem ständigen Zapping ausgesetzt. Sie können auf zwei oder drei Bildschirmen gleichzeitig surfen, gleichzeitig in verschiedenen virtuellen Szenarien interagieren. Ob es uns gefällt oder nicht, das ist ihre Welt. (…) Deshalb bin ich überzeugt davon, dass wir als kirchliche Gemeinschaft den Habitus der Unterscheidung stärken müssen, angefangen bei den Kleinen bis zu den Grossen.“
Diakone sind “Hüter des Dienstes in der Kirche”
Nach den Aufgaben der Diakone befragt, betont der Papst die besondere Natur dieses kirchlichen Amtes. Ständige Diakone als “halbe Priester“ oder “halbe Laien“ zu sehen, sei ein Irrtum und schmälert laut Franziskus die Kraft dieses Amtes, das ein “eigenes Charisma“ hat. Auch dürfe man den Diakon weder als “eine Art Vermittler zwischen Gläubigen und Priestern“ sehen noch ihn an die Stelle der Priester setzen wollen. Der Papst warnte hier vor einer “Klerikalisierung“ des Amtes. Das Ständige Diakonat sei eine “besondere, familiäre Berufung“, die an den “Dienst als eine der besonderen Gaben des Gottesvolkes“ erinnere, so der Papst:
“Der Diakon ist sozusagen der Hüter des Dienstes in der Kirche. Der Dienst am Wort, am Altar und an den Armen. Und seine Mission, seine Kraft und sein Beitrag bestehen darin, uns alle daran zu erinnern, dass der Glaube in seinen verschiedenen Ausdrucks- und Lebensformen (…) eine essentielle Dimension des Dienstes besitzt. Der Dienst an Gott und an seinen Geschwistern. Und wieviel Weg gilt es in diesem Sinn noch zurückzulegen!“
Franziskus ermutigte hier die Diakone, ihr eigenes Charisma selbstbewusst zu vertreten: “Ihr habt ein klares Charisma und müsst es aufbauen.“ Auf Anregung von Ordensfrauen hin hatte der Papst 2016 eine Studienkommission eingerichtet, die den Diakonat der Frau in der frühen Kirche prüft. In Mailand ging Franziskus nicht weiter auf einen Diakonat der Frau ein.
Berufungen und Orden: Qualität statt Quantität
Die Berufungen und das geweihte Leben – um diese Frage kreiste Franziskus‘ dritte Antwort im Mailänder Dom. Dass es in Europa heute immer weniger Ordensleute und Priester gebe, das Gesicht der Kirche immer älter werde, dürfe nicht entmutigen, schärfte Franziskus seinen Zuhörern ein: “Wenige ja, eine Minderheit ja, alte Menschen ja, aber nicht resigniert!“ Die Minderheitensituation dürfe nicht zu Trägheit oder gar Verzweiflung führen, statt eines nostalgischen Blickes in die Vergangenheit brauche es einen erneuerten Geist der Evangelisierung, so der Papst:
“Die Realität fordert uns heute dazu auf, erneut ein wenig Sauerteig zu sein, ein wenig Salz. Könnt ihr euch ein Brot mit viel Salz vorstellen? Oder einen völlig aufgegangenen Teig? Das würde ja niemand essen und niemand verdauen. Die Realität (…) ruft uns heute dazu auf, eher Prozesse in Gang zu setzen als Raum zu besetzen“, zitierte der Papst aus seinem programmatischen Schreiben “Evangelii Gaudium“.
Qualität statt Quantität also, so die Botschaft des Papstes an die Ordensleute. Und er rief sie dazu auf, mit erneuertem Geist “an die Peripherien“ zu gehen, Entwicklungen anzustossen, Einheit zu schaffen, Hoffnung zu verbreiten. Für Evangelisierung brauche es Freude, die Kirche müsse sich diese Freude bewahren, so Franziskus, der hier das Apostolische Schreiben “Evangelii nuntiandi” von Papst Paul VI. anführte.
Angelus vor dem Dom
In seinen Grussworten an Papst Franziskus betonte der Mailänder Erzbischof Angelo Scola, die Kirche erlebe derzeit einen “epochalen Wandel“: Angesichts dieser Umwälzungen gehe die Botschaft der Kirche aufs Wesentliche zurück, leitete der Mailänder Erzbischof – ebenfalls mit Bezug auf “Evangelii Gaudium“ – die Worte des Papstes im Dom ein.
Im Anschluss an die Begegnung sprach der Papst auf dem Domplatz das Angelusgebet und spendete den Gläubigen seinen apostolischen Segen.
rv 25.03.2017 pr
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