Was sind “Werke der Barmherzigkeit”?
Papst Franziskus hat das Jahr der Barmherzigkeit eröffnet. Vorher bereits hat er angemahnt, in dieser Zeit die Werke der Barmherzigkeit zu vollbringen
Quelle
Geschenktes Tun: Die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit
Was versteht die Kirche unter diesen Werken? Welche sind es?
“Dieses Geheimnis der Barmherzigkeit gilt es stets neu zu betrachten. Es ist Quelle der Freude, der Gelassenheit und des Friedens. Es ist Bedingung unseres Heils. Barmherzigkeit – in diesem Wort offenbart sich das Geheimnis der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Barmherzigkeit ist der letzte und endgültige Akt, mit dem Gott uns entgegentritt. Barmherzigkeit ist das grundlegende Gesetz, das im Herzen eines jeden Menschen ruht und den Blick bestimmt, wenn er aufrichtig auf den Bruder und die Schwester schaut, die ihm auf dem Weg des Lebens begegnen. Barmherzigkeit ist der Weg, der Gott und Mensch vereinigt, denn sie öffnet das Herz für die Hoffnung, dass wir, trotz unserer Begrenztheit aufgrund unserer Schuld, für immer geliebt sind.”
Papst Franziskus, Bula Misericordiae Vultus.
1. Was versteht man unter den Werken der Barmherzigkeit?
Die Werke der Barmherzigkeit sind Liebestaten, durch die wir unserem Nächsten in seinen leiblichen und geistigen Bedürfnissen zuhilfe kommen. Belehren, raten, trösten, ermutigen sowie vergeben und geduldig ertragen sind geistliche Werke der Barmherzigkeit. Leibliche Werke der Barmherzigkeit sind vor allem: die Hungrigen speisen, Obdachlose beherbergen, Nackte bekleiden, Kranke und Gefangene besuchen und Tote. Unter diesen Werken ist das Almosenspenden an Arme eines der Hauptzeugnisse der Bruderliebe; es ist auch eine Gott wohlgefällige Tat der Gerechtigkeit.
Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2447
Es ist mein aufrichtiger Wunsch, dass die Christen während des Jubiläums über die leiblichen und geistigen Werke der Barmherzigkeit nachdenken. Das wird eine Form sein, unser Gewissen, das gegenüber dem Drama der Armut oft eingeschlafen ist, wachzurütteln und immer mehr in die Herzmitte des Evangeliums vorzustossen, in dem die Armen die Bevorzugten der göttlichen Barmherzigkeit sind. Die Verkündigung Jesu nennt uns diese Werke der Barmherzigkeit, damit wir prüfen können, ob wir als seine Jünger leben oder eben nicht. Entdecken wir erneut die leiblichen Werke der Barmherzigkeit: Hungrige speisen, Durstigen zu trinken geben, Nackte bekleiden, Fremde aufnehmen, Kranke pflegen, Gefangene besuchen und die Toten begraben. Und vergessen wir auch nicht die geistigen Werke der Barmherzigkeit: den Zweifelnden recht raten, die Unwissenden lehren, die Sünder zurechtweisen, die Betrübten trösten, Beleidigungen verzeihen, die Lästigen geduldig ertragen und für die Lebenden und Verstorbenen zu Gott beten.
Papst Franziskus, Bula Misericordiae Vultus.
Das Geheimnis betrachten
Barmherzigkeit ist mehr als blosses Mitleid: Sie ist Überfluss der Liebe und bringt Überfluss an Gerechtigkeit hervor. Der Barmherzige hat ein Herz, das feinfühlig empfindet und mit einer starken, opferbereiten, grosszügigen Liebe antwortet. Paulus preist diese Liebe hoch: Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig, die Liebe ist nicht eifersüchtig. Sie prahlt nicht, überhebt sich nicht, sie handelt nicht unschicklich, sucht nicht das Ihre, kennt keine Erbitterung, trägt das Böse nicht nach. Am Unrecht hat sie keinen Gefallen, mit der Wahrheit freut sie sich. Alles erträgt sie, alles glaubt sie, alles hofft sie, alles duldet sie.
Freunde Gottes, 232
In deinem Denken dürfen die anderen nicht Nummern sein oder eine Masse, die, je nachdem, gepriesen oder gedemütigt, umworben oder verachtet wird. In deinem Denken sollen die anderen – vor allem aber diejenigen in deiner unmittelbaren Nähe – das sein, was sie wirklich sind: Kinder Gottes, ausgestattet mit aller Würde, welche dieser erhabene Titel verleiht.
Den Kindern Gottes gegenüber müssen wir uns als Kinder Gottes verhalten; mit einer opferbereiten Liebe, die sich täglich in unzähligen kleinen Beweisen der Verständnisbereitschaft, des stillen Opfers, der unbemerkten Hingabe niederschlägt. Dies ist der bonus odor Christi, der diejenigen, die unter unseren ersten Glaubensbrüdern lebten, zu der Bemerkung veranlasste: Seht, wie sie einander lieben!
Christus begegnen, 36.
2. Welches sind die Werke der Barmherzigkeit?
Es gibt vierzehn Werke der Barmherzigkeit: sieben leibliche und sieben geistige.
Die leiblichen Werke der Barmherzigkeit:
1) Die Hungrigen speisen
2) Den Dürstenden zu trinken geben
3) Die Nackten bekleiden
4) Die Fremden aufnehmen
5) Die Kranken besuchen
6) Die Gefangenen besuchen
7) Die Toten begraben
Die geistigen Werke der Barmherzigkeit:
1) Die Unwissenden lehren
2) Den Zweifelnden recht raten
3) Die Betrübten trösten
4) Die Sünder zurechtweisen
5) Die Lästigen geduldig ertragen
6) Denen, die uns beleidigen, gerne verzeihen
7) Für die Lebenden und die Toten beten
Die leiblichen Werde der Barmherzigkeit stammen zum grössten Teil aus einer Liste, die Jesus bei seiner Beschreibung des Jüngsten Gerichts gibt.
Die Liste der geistigen Werke der Barmherzigkeit hat die Kirche aus anderen Texten zusammengestellt, die man in der Bibel und im Verhalten und in der Lehre Christi selbst findet: die Vergebung, die brüderliche Zurechtweisung, der Trost, das Leiden ertragen usw.
3. Was bewirken die Werke der Barmherzigkeit in dem, der sie ausübt?
Die Ausübung der Werke der Barmherzigkeit vermittelt Gnade. Im Evangelium von Lukas sagt Jesus: „ Gebt und es wird euch gegeben.“ Wir erfüllen daher den Willen Gottes durch die Ausübung dieser Werke, denn wir geben etwas von uns den anderen und Gott verspricht uns, dass auch er uns geben wird, was wir brauchen.
Auf der anderen Seite können wir durch gute Werke die Strafe, die aufgrund unserer bereits vergebenen Sünden in der Seele zurückbleibt, auslöschen. Gute Werke sind natürlich die Werke der Barmherzigkeit. So sagt eine der Seligpreisungen: „Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.“
Ausserdem helfen die Werke der Barmherzigkeit uns, auf dem Weg zum Himmel voran zu schreiten, da sie uns Jesus, unserem Vorbild, ähnlicher machen. Er hat uns gelehrt, wie wir uns den Mitmenschen gegenüber verhalten sollen. Im Matthäusevangelium stehen folgende Worte Christi: “Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde, wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen, sondern sammelt euch Schätze im Himmel, wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen. Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.” Wenn wir diese Lehre befolgen, tauschen wir die Güter der Erde gegen die himmlischen, die einzig und allein wirklichen Wert besitzen.
Das Geheimnis betrachten
Denke zuerst an die anderen. Dann bleibt von deinem Weg auf Erden, neben den Fehltritten, die unvermeidlich sind, doch auch eine kräftige Spur des Guten zurück.
Und wenn die Stunde des Todes – die unabwendbare Stunde – herannaht, wirst du sie wie Christus mit Freude empfangen, denn wie Er werden wir auferstehen, um den Lohn der ewigen Liebe zu erhalten.
Der Kreuzweg, 14
Jesus kennen lernen ist daher gleichbedeutend mit der Einsicht, dass unser Leben keinen anderen Sinn haben kann als den der Hingabe im Dienst am anderen. Ein Christ darf sich nicht bloss mit seinen persönlichen Problemen beschäftigen, er muss die ganze Kirche vor Augen haben und an die Rettung aller Menschen denken.
Christus begegnen, 145
Das Leben für die anderen hingeben. Nur dann leben wir Christi Leben und werden eins mit Ihm.
Der Kreuzweg, 14
Kurze Erläuterung der einzelnen leiblichen Werke der Barmherzigkeit
Es ist Matthäus, der uns das Bild vom Jüngsten Gericht, das Jesus zeichnet, wiedergibt (Mt 25, 31- 46). In jener Zeit sagte Jesus zu seinen Jüngern: „Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen. Und alle Völker werden vor ihm zusammengerufen werden und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet. Er wird die Schafe zu seiner Rechten versammeln, die Böcke aber zur Linken. Dann wird der König denen auf der rechten Seite sagen: Kommt her, die ihr von meinem Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für euch bestimmt ist. Denn ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir Kleidung gegeben; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr seid zu mir gekommen. Dann werden ihm die Gerechten antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und dir zu essen gegeben, oder durstig und dir zu trinken gegeben? Und wann haben wir dich fremd und obdachlos gesehen und aufgenommen, oder nackt und dir Kleidung gegeben? Und wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen?
Darauf wird der König ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. Dann wird er sich auch an die auf der linken Seite wenden und zu ihnen sagen: Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer, das für den Teufel und seine Engel bestimmt ist! Denn ich war hungrig und ihr habt mir nichts zu essen gegeben; ich war durstig und ihr habt mir nichts zu trinken gegeben; ich war fremd und obdachlos und ihr habt mich nicht aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mir keine Kleidung gegeben; ich war krank und im Gefängnis und ihr habt mich nicht besucht. Dann werden auch sie antworten: Herr, wann haben wir dich hungrig oder durstig oder obdachlos oder nackt oder krank oder im Gefängnis gesehen und haben dir nicht geholfen? Darauf wird er ihnen antworten: Amen, ich sage euch: Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan. Und sie werden weggehen und die ewige Strafe erhalten, die Gerechten aber das ewige Leben.“
1. Die Hungrigen speisen und 2. den Dürstenden zu trinken geben
Diese beiden ersten Werke ergänzen sich. Sie beziehen sich auf die Hilfe, die wir – in Form von Nahrung und anderen elementaren Gütern – den Bedürftigsten und denen, die nicht das Notwendige haben, um jeden Tag essen zu können, zukommen lassen müssen. Jesus empfiehlt nach dem Bericht des hl. Lukas: „Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso.“ (Lk 3, 11)
3. Die Nackten bekleiden
Dieses Werk der Barmherzigkeit bedeutet, ein anderes Grundbedürfnis zu stillen: die Kleidung. Oft wird uns das erleichtert durch Kleidersammlungen in Pfarreien oder durch Hilfsorganisationen. Wenn wir dann Kleidung von uns geben, gilt, dass wir zwar von dem geben können, was wir zuviel haben oder was uns nicht mehr nützt, dass wir aber auch das hergeben können, was noch neu und gut ist.
Im Brief des hl. Jakobus werden wir ermuntert, grosszügig zu sein: „Geht in Frieden, wärmt und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was sie zum Leben brauchen – was nützt das?“ (Jak 2, 15-16)
4. Die Fremden aufnehmen
In der Antike war die Gastfreundschaft eine Sache von Leben oder Tod, da die Reisen kompliziert und risikoreich waren. Das ist heute nicht mehr so. Trotzdem könnte es uns treffen, jemanden in unser Haus aufzunehmen, nicht nur aus Gastfreundschaft oder weil er zur Familie gehört, sondern weil er es wirklich nötig hat.
5. Die Kranken besuchen
Es handelt sich da um eine wirkliche Betreuung von kranken und alten Menschen, sowohl was die Pflege als auch was das Leisten von Gesellschaft angeht. Das beste Beispiel aus der Heiligen Schrift ist das Gleichnis vom guten Samariter, der den Verwundeten verband und ihn, als er nichts Weiteres mehr für ihn tun konnte, jemand anderem übergab und ihm dafür Bezahlung anbot. (Vgl. Lk 10, 30-37)
6. Die Gefangenen besuchen
Dieses Werk besteht darin, die Gefangenen zu besuchen und ihnen nicht nur materiellen, sondern auch geistlichen Beistand anzubieten, der ihnen hilft, sich als Menschen zu bessern und eine richtige Arbeit zu erlernen, damit sie sich nützlich machen können, wenn ihre Zeit der Strafe abgelaufen ist. Es bedeutet auch, sich der Unschuldigen und Entführten anzunehmen. In früheren Zeiten kauften Christen mit Lösegeld Sklaven frei oder sie gaben sich selbst im Tausch für unschuldige Gefangene.
7. Die Toten begraben
Christus hatte keinen Ort, wo er bestattet werden konnte. Ein Freund, Josef von Arimathäa, stellte ihm sein Grab zur Verfügung. Aber nicht nur das, sondern er hatte sogar den Mut, sich zu Pilatus zu begeben und ihn um den Leichnam Jesu zu bitten. Auch Nikodemus stellte seine Hilfe bei der Beilegung zur Verfügung. (Joh 19, 38-42)
Die Toten begraben scheint ein überflüssiges Gebot zu sein, denn in der Tat sind sie ja alle begraben. Aber etwa in Kriegszeiten – und die gibt es immer irgendwo – kann dies zu einem sehr fordernden Gebot werden. Warum ist es wichtig, den menschlichen Leib zu bestatten? Weil er dem Heiligen Geist als Wohnung gedient hat. Wir sind „Tempel des Heiligen Geistes“ (1 Kor 6, 19)
Das Geheimnis betrachten
Wenn wir den anderen helfen wollen, müssen wir sie mit einer Liebe lieben, die – ich sage es noch einmal – Verständnis und Hingabe, Zuneigung und bewusste Demut ist. So begreifen wir, warum der Herr das ganze Gesetz in einem doppelten Gebot, ja eigentlich in einem einzigen Gebot zusammenfassen wollte: aus ganzem Herzen Liebe zu Gott und Liebe zum Nächsten .
Vielleicht denkt ihr jetzt, dass die Christen – nicht die anderen, sondern wir: du und ich – manchmal die elementaren Anwendungsfälle dieser Pflicht vergessen. Vielleicht denkt ihr an all die Ungerechtigkeit, die nicht wiedergutgemacht wird, an all die Missstände, die nicht behoben werden, an die Diskriminierung, die sich von Generation zu Generation fort-pflanzt, ohne dass man nach Lösungen sucht, die an die Wurzel des Übels gehen.
Ich kann euch keine konkrete Lösung für diese Probleme anbieten, denn das steht mir nicht zu. Aber als Priester Christi ist es meine Pflicht, euch daran zu erinnern, was die Heilige Schrift sagt. Betrachtet das Bild des Gerichtes, das Jesus selbst schildert: Hinweg von mir, Verfluchte, in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist. Denn ich war hungrig, und ihr gabt mir nicht zu essen, ich war durstig, und ihr gabt mir nicht zu trinken. Ich war fremd, und ihr nahmt mich nicht auf, nackt, und ihr habt mich nicht bekleidet, krank und im Gefängnis, und ihr habt mich nicht besucht.
Ein Mensch oder eine Gesellschaft, die auf die Not und die Ungerechtigkeit nicht reagieren und sich nicht bemühen, sie zu lindern, sind nicht Mensch und nicht Gesellschaft nach dem Masse des liebenden Herzens Christi. Unter ständiger Bewahrung eines weiten Freiheitsraumes bei der Ausarbeitung und Anwendung konkreter Lösungen und folglich innerhalb eines selbstverständlichen Pluralismus müssen die Christen in ihrem Eifer übereinstimmen, der Menschheit zu dienen. Sonst wäre ihr Christentum nicht das Wort und das Leben Jesu, sondern eine Maske und ein Betrug.
Christus begegnen, 167
Danke, Jesus! – Danke dafür, dass Du vollkommener Mensch hast werden wollen! Dein liebendes, Dein liebenswürdiges Herz hat uns bis zur Passion, bis hin zum Tode geliebt. Es ist fähig, zu jubeln und zu trauern, es nimmt an den Lebenswegen von uns Menschen Anteil und weist uns den Weg zum Himmel; es unterwirft sich heroisch der Pflicht und lässt sich von Barmherzigkeit leiten; es wacht über die Armen und über die Reichen; es sorgt für die Sünder und für die Gerechten…
Die Spur des Sämanns, 813
Das, was dem Opfer Sinn verleiht, ist die Liebe. Jede Mutter weiss, was es heisst, sich für die Kinder zu opfern, ihnen nicht nur einige Stunden des Tages zu schenken, sondern das ganze Leben ihrem Wohl zu widmen. Das eigene Leben auf die Mitmenschen hin auszurichten und einen solchen Gebrauch von den Dingen zu machen, dass man immer etwas zu geben vermag, das sind ganz konkrete Aspekte der Armut, die ein wahres Losgelöstsein garantieren.
Gespräche, 111
Kurze Erläuterung der einzelnen geistigen Werke der Barmherzigkeit
1. Die Unwissenden lehren
Sie belehren über jedweden Sachverhalt, auch über religiöse Themen, sei es durch Wort oder Schrift, im persönlichen Gespräch oder über eins der modernen Kommunikationsmittel.
Wie das Buch Daniel sagt, „ werden die Männer, die viele zum rechten Tun geführt haben, immer und ewig wie die Sterne leuchten“. (Dan 12, 3b)
2. Den Zweifelnden recht raten
Eine der Gaben des Heiligen Geistes ist die Gabe des Rates. Durch diese kann und muss jener, der einen guten Ratschlag erteilen will, zuerst selbst in Übereinstimmung mit Gott sein, da es nicht darum geht, persönliche Meinungen zu äussern, sondern dem gut zu raten, der jemanden braucht, der ihm den Weg weist.
3. Die Betrübten trösten
Der Trost für den, der traurig ist, der unter Schwierigkeiten leidet, ist ein weiteres Werk der Barmherzigkeit.
Oft ergänzt es den guten Rat, der hilft, diese schmerzliche oder traurige Situation zu überwinden. Zu jeder Zeit, besonders aber in schwierigen Augenblicken, an der Seite unserer Geschwister sein, bedeutet, das Verhalten Jesu in die Tat umzusetzen, der Mitleid hatte mit dem Leiden anderer. Ein Beispiel finden wir im Evangelium nach Lukas. Es ist die Erzählung von der Auferweckung des Sohnes der Witwe von Naïn: „Als er in die Nähe des Stadttors kam, trug man gerade einen Toten heraus. Es war der einzige Sohn seiner Mutter, einer Witwe. Und viele Leute aus der Stadt begleiteten sie. Als der Herr die Frau sah, hatte er Mitleid mit ihr und sagte zu ihr: Weine nicht! Dann ging er zu der Bahre hin und fasste sie an. Die Träger blieben stehen und er sagte: Ich befehle dir, junger Mann: Steh auf! Da richtete sich der Tote auf und begann zu sprechen und Jesus gab ihn seiner Mutter zurück.“ (Lk 7, 12-15)
4. Die Sünder zurechtweisen
Es handelt sich um die brüderliche Zureichweisung, die Jesus selbst erklärt. Wir finden die Stelle im Evangelium nach Matthäus: „Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen.“ (Mt 18, 15)
Diese Zurechtweisung muss in aller Demut und Sanftmut erfolgen. Oft wird es nicht leicht sein, sie zu machen. Aber in solchen Momenten können wir uns an das erinnern, was der Apostel Jakobus am Ende seines Briefes sagt: „Wer einen Sünder, der auf Irrwegen ist, zur Umkehr bewegt, der rettet ihn vor dem Tod und deckt viele Sünden zu.“ (Jak 5, 20)
5. Die Lästigen geduldig ertragen
Die Geduld angesichts fremder Fehler und Schwächen ist ein Werk der Barmherzigkeit.
Doch sollte man einen nützlichen Ratschlag beachten: wenn es mehr Schaden als Nutzen verursacht, diese Fehler zu ertragen, dann muss man mit viel Liebe und Sanftmut einen entsprechenden Hinweis geben.
6. Denen, die uns beleidigen, gerne verzeihen
Im Vaterunser beten wir: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“, und Jesus selbst fügt hinzu: „Wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer himmlischer Vater auch euch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, dann wird euch euer Vater auch nicht vergeben.“ (Mt 6, 14-15)
Die Beleidigungen verzeihen heisst, Rachegelüste und nachtragenden Groll zu überwinden. Es bedeutet, den Beleidiger liebenswürdig zu behandeln.
Das beste Beispiel für Vergebung findet sich im Alten Testament, wo Josef seinen Brüdern verzieh, dass sie versucht hatten, ihn zu töten und ihn dann verkauften. “Jetzt aber lasst es euch nicht mehr leid sein, und grämt euch nicht, weil ihr mich hierher verkauft habt. Denn um Leben zu erhalten, hat mich Gott vor euch hergeschickt.” (Gen 45, 5)
Und die gewaltigste Vergebung des Neuen Testaments ist die Christi am Kreuz, der uns lehrt, immer alles zu verzeihen: “Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.” (Lk 23, 34)
7. Für die Lebenden und die Toten beten
Der hl. Paulus empfiehlt uns, für alle ohne Unterschied zu beten, auch für die Regierenden und solche, die Verantwortung tragen, denn „Gott möchte, dass alle gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“. (1 Tim 2, 2-3)
Die Verstorbenen im Fegefeuer sind abhängig von unseren Gebeten. Es ist ein gutes Werk, für sie zu beten, damit sie von ihren Sünden befreit werden. (vgl. 2 Makk 12, 45)
Papst Franziskus bittet alle Christen und alle Menschen guten Willens, besonders für die verfolgten Christen zu beten. Wir können uns fragen, wie wir diesem Wunsch des Papstes nachkommen, damit unsere Brüder im Glauben den Trost unseres Gebets erfahren.
Das Geheimnis betrachten
Wir müssen die Augen offenhalten und umherschauen, um den unaufhörlichen Anruf wahrzunehmen, den Er durch die Menschen, die uns umgeben, an uns richtet. Die Menschen dürfen uns nicht gleichgültig sein; wir dürfen uns nicht einschliessen in unserer eigenen kleinen Welt. So hat Jesus nicht gelebt. Immer wieder spricht das Evangelium von seiner Barmherzigkeit, von seiner Fähigkeit, am Leid und an den Bedürfnissen seiner Mitmenschen Anteil zu nehmen: Er hat Mitleid mit der Witwe von Naim, Er weint über den Tod des Lazarus, Er kümmert sich um die Menge, die Ihm nachfolgt und nichts zu essen hat, Er erbarmt sich vor allem auch der Sünder, jener, die durch die Welt gehen, ohne das Licht und die Wahrheit zu kennen: Und als Er ans Land stieg, sah Er eine grosse Volksmenge und fühlte Erbarmen mit ihnen, denn sie waren wie Schafe ohne Hirten. Und Er belehrte sie über vieles.
Wenn wir in Wahrheit Kinder Mariens sind, begreifen wir diese Haltung des Herrn; unser Herz wird weit und voller Mitleid. Dann schmerzen uns die Leiden, das Elend, die Fehler, die Einsamkeit und die Bedrängnis unserer Mitmenschen, die unsere Brüder sind. Dann fühlen wir, dass wir ihnen in ihren Schwierigkeiten beistehen müssen, damit sie lernen, vor Ihm Kinder zu sein, und sie so die mütterliche Zuneigung Mariens erfahren.
Christus begegnen, 146
Unser Leben muss im Leben der Menschen um uns aufgehen, damit keiner einsam ist oder sich so fühlt. Unsere Liebe muss voll menschlicher Wärme und Zuneigung sein.
Christus begegnen, 36
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