Geht einfach wieder beichten
‘Für Papst Franziskus ist die Welt nicht in Ordnung’
Die Tagespost, 12. Februar 2016
Wenn er über die “Dritten Weltkrieg in Häppchen” spricht, über die “Wirtschaft, die tötet“, den Menschenhandel und den Reibach, den die Waffenlieferanten machen, dann klagt er an. Aber für den Argentinier auf dem Petrus-Stuhl hat sich wegen all dieser Missstände der Mensch nicht verändert: Da lässt Franziskus die Kirche im Dorf, da ist “oben“ immer noch “oben“, “unten“ ist “unten“, das Gute ist gut und das Böse ist schlecht und falsch. Und ein Werk des Teufels. Der Jesuiten-Papst löst die anthropologische Grundbefindlichkeit eines jeden nicht in netten Sprüchen auf, sondern weiss, dass in jedem normalen Menschen – und sich selbst rechnet er dazu – ein gehöriges Mass an Sünde steckt. Und dass sich jeder Sünder, wenn er nicht innerlich korrumpiert ist, nach Vergebung sehnt und den Seelenfrieden zurückgewinnen will.
Das ist zu Beginn dieser Fastenzeit das Grundthema von Franziskus, erst recht im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit, das er gerade deswegen ausgerufen hat: Damit die Menschen wieder mehr in der Kirche die Barmherzigkeit Gottes erfahren, der dem Sünder auch dann noch vergeben will, wenn dieser müde geworden ist, immer wieder um Vergebung zu bitten.
Darum die Aussendung der Missionare der Barmherzigkeit am Aschermittwoch im Petersdom, darum die zentrale Bedeutung, die für Franziskus die Beichte hat. Allen Tabuisierungen – gerade und vor allem auch innerhalb der Kirche – von Versuchung, Sünde und Teufel, von Umkehr, Reue und Vergebung stellt der Papst einen ganz praktischen Ratschlag gegenüber: Erforscht eure Gewissen und geht beichten. Der Kirche, in der man erfahren soll, was die göttliche Barmherzigkeit ist, geben die Männer ein Gesicht, die dem reuigen Sünder helfen, über das Sakrament der Vergebung die Barmherzigkeit zu erfahren – nicht als Richter, sondern als Ärzte der verwundeten Seelen. “Die Kirche als Feldlazarett.” O-Ton Bergoglio. Die Wunden, die in diesem Lazarett zu versorgen sind, bestehen nicht aus den Strukturen der Kirche, nicht aus dogmatischen Ableitungen oder dem Lehrstreit der Theologen, sondern aus den Folgen der Sünde, die der Sünder selbst und andere zu erleiden haben. Der Ort – und das gilt ganz besonders für die Fastenzeit – für diese Versorgung der Wunden ist die Beichte. Viele persönliche Dramen der Menschen liessen sich lösen und viele Verwundungen an den existenziellen Rändern unserer Gesellschaften liessen sich heilen, wenn das Beichten wieder in Mode käme.
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