Papst fordert mehr Barmherzigkeit von der Kirche
Die Kirche müsse “die Barmherzigkeit Gottes über alle Menschen ausgiessen, die sie mit ehrlichen Herzen erbitten”
Papst Franziskus hat das Kardinalskollegium zu einem barmherzigeren Umgang mit Menschen aufgefordert, die gesellschaftlich ausgegrenzt sind oder gegen kirchliche Vorschriften verstossen haben. Die Kirche müsse den “Weg der Barmherzigkeit und der Eingliederung” gehen, sagte er am Sonntag in einem Gottesdienst im Petersdom. Hierbei gelte es “niemanden auf ewig zu verurteilen”. Am Umgang mit Ausgegrenzten erweise sich die Glaubwürdigkeit der Kirche, so Franziskus.
Wie Jesus dürfe die Kirche nicht zuerst an jene denken, “die an jeglicher Öffnung Anstoss“ nähmen, die nicht in ihr “geistiges und geistliches Schema” passe und ihrer “ritualistischen Reinheit“ widerspreche, so Franziskus weiter. Es gehe nicht nur darum, „die Gesunden zu retten“ und “die Gerechten zu schützen“. “Ausgegrenzte“ dürften nicht aus Angst vor dem “Risiko einer Ansteckung“ erbarmungslos behandelt werden. Die Kirche müsse vielmehr “die Barmherzigkeit Gottes über alle Menschen ausgiessen, die sie mit ehrlichen Herzen erbitten”.
Die feierliche Messe im Petersdom bildete den Abschluss einer Vollversammlung des Kardinalskollegiums, eines sogenannten Konsistoriums. Am Samstag hatte der Papst 20 neuen Kardinäle in das Kollegium aufgenommen.
Es gebe zwei “Arten von Logik des Denkens und des Glaubens“. Die Logik des Gesetzeslehrers und die Logik Gottes. Der Gesetzeslehrer habe Angst, die Geretteten zu verlieren, die Logik Gottes hingegen sei von dem Wunsch bestimmt, die Verlorenen zu retten. Auch heute befinde sich die Kirche bisweilen am Kreuzungspunkt zwischen “ausgrenzen“ und “wiedereingliedern“. Beide Denkweisen durchzögen die gesamte Kirchengeschichte.
“Das bedeutet nicht, die Gefahr zu unterschätzen oder die Wölfe in die Herde eindringen zu lassen, sondern den verlorenen Sohn aufzunehmen, entschieden und mutig die Verletzungen der Sünde zu heilen, sich die Ärmel aufzukrempeln und nicht darin zu verharren, passiv das Leiden der Welt zu beobachten. Der Weg der Kirche ist der, niemanden auf ewig zu verurteilen, die Barmherzigkeit Gottes über alle Menschen auszugiessen, die sie mit ehrlichen Herzen erbitten. Der Weg der Kirche ist genau der, aus der eigenen Umzäunung herauszugehen, um in den wesentlichen Randgebieten der Existenz die Fernen aufzusuchen; der Weg, ganz und gar die Logik Gottes zu übernehmen und dem Meister zu folgen, der sagte: “Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, um die Sünder zu berufen, nicht die Gerechten” (Lk 5,31-32).”
Die Liebe könne nicht neutral, aseptisch, gleichgültig, lau oder unparteiisch sein, so Papst Franziskus.
“Die Liebe steckt an, begeistert, wagt und bezieht ein! Denn die wirkliche Liebe ist immer unverdient, bedingungslos und gegenleistungsfrei (vgl. 1 Kor 13). Die Liebe ist kreativ, wenn es darum geht, die richtige Sprache zu finden, um mit all denen Verbindung aufzunehmen, die als unheilbar und darum unberührbar angesehen werden. Dieses “die rechte Sprache finden” … Die Berührung ist die wahre kommunikative Sprache, dieselbe affektive Sprache, die dem Aussätzigen die Heilung vermittelt hat. Wie viele Heilungen können wir vollbringen und vermitteln, wenn wir diese Sprache der Berührung lernen! Er war ein Aussätziger und ist ein Verkünder der Liebe Gottes geworden.“
Franziskus plädierte für mehr Offenheit der Kirche gegenüber ihr Fernstehenden. Die Kirche dürfe nicht nur jene aufnehmen und eingliedern, die an ihre Tür klopften. Sie müsse sich aufmachen und ohne Vorurteile und Angst die Fernstehenden suchen, so der Papst.
“Liebe Brüder Kardinäle,
im Blick auf Jesus und auf unsere Mutter (Maria) rufe ich euch auf, der Kirche so zu dienen, dass die Christen – durch unser Beispiel angeregt – nicht in Versuchung kommen, bei Jesus zu sein, aber nicht bei den Ausgegrenzten sein zu wollen, und sich in einer Kaste abkapseln, die nichts mit echter Kirchlichkeit zu tun hat. Ich rufe euch auf, dem gekreuzigten Christus in jedem Menschen zu dienen, der ausgegrenzt ist, ganz gleich aus welchem Grund; den Herrn in jedem Ausgeschlossenen zu sehen, der hungert, der dürstet, der nackt ist; den Herrn, der auch in denen gegenwärtig ist, die den Glauben verloren haben oder die davon Abstand genommen haben, ihren Glauben zu leben oder sich als Atheisten definieren; den Herrn, der im Gefängnis ist, der krank ist, der keine Arbeit hat, der verfolgt wird; den Herrn, der im körperlich oder seelisch Aussätzigen ist, der diskriminiert ist! Wir entdecken den Herrn nicht, wenn wir den Ausgegrenzten nicht ehrlich aufnehmen! Erinnern wir uns immer an den heiligen Franziskus, der sich nicht scheute, den Aussätzigen zu umarmen und die aufzunehmen, die unter jeglicher Art von Ausgrenzung leiden. Tatsächlich, liebe Brüder, am Evangelium der Ausgegrenzten zeigt, erweist und entscheidet sich unsere Glaubwürdigkeit!”
kna 15.02.2015 mc
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