Irrige Sensationsmeldung über die Trauuungen durch den Papst

“Hätte sich der zuständige Redakteur bei einer sachkundigen Person informiert, so wäre es nicht nötig gewesen, daraus eine Sensationsmeldung zu machen”

Quelle
KathTube:  Papst Franziskus traut 20 Ehepaare im Petersdom

Ein Kommentar von Bischofsvikar Helmut Prader

St. Pölten/Vatikan, kath.net, 15. September 2014

Der ORF brachte am Sonntag in den Nachrichten eine Sensationsmeldung: Im Vatikan haben im Beisein des Papstes 20 Paare geheiratet, wobei auch Paare dabei waren, wo schon einmal jemand kirchlich verheiratet war.

So wurde die Meldung in den Raum gestellt. Nach kurzer Recherche konnte man nachlesen, dass zumindest eine Person dabei war, deren erste Ehe annulliert wurde.

Bei der Eheannullierung geht es nicht darum, dass eine Ehe geschieden wird wie es im staatlichen Recht ist, sondern es wird geprüft, ob eine Ehe überhaupt gültig zustande gekommen ist. Der korrekte Name des Verfahrens lautet daher auch “Ehenichtigkeitsverfahren“. Wenn es zu einer Annullierung der Ehe kommt, so bedeutet dies, dass die erste Ehe nicht gültig war. Deshalb sind im Normalfall beide Beteiligten in der Lage, wieder zu heiraten, obwohl sie schon einmal kirchlich geheiratet haben. Diese erste Ehe war aber nicht gültig, obwohl die kirchlich geheiratet hatten. Dafür gibt es genaue Regeln, die beim Diözesangericht nach objektiven Kriterien geprüft werden.

Es geht bei einem solchen Verfahren auch nicht um die Schuldfrage, wer das Scheitern der Ehe zu verantworten hat. Vielmehr geht es darum, ob zum Zeitpunkt der Eheschliessung die Voraussetzungen erfüllt waren, um tatsächlich gültig verheiratet zu sein.

Wenn also jemand heiratet, dessen erste Ehe für ungültig erklärt wurde, ist die folgende kirchliche Trauung die Erstehe, weil die erste Ehe nicht gültig war. Daher gibt es meist auch keinen Grund, warum eine weitere Eheschliessung nicht möglich sein sollte. Eine Ausnahme bilden nur jene Fälle, wo ein Ehehindernis vorliegt, das dazu führt, dass jemand für eheunfähig erklärt wird. Das ist allerdings die Ausnahme, vor allem, wenn es um dauerhafte Unfähigkeit geht.

Hätte sich der zuständige Redakteur bei einer sachkundigen Person informiert, so wäre es nicht nötig gewesen, daraus eine Sensationsmeldung zu machen.

Es wäre vielmehr eine Sensationsmeldung wert gewesen, wenn der Papst die Hochzeit verweigert hätte. Dafür hätte es nämlich keine Grundlage gegeben. Die erste Ehe war ja ungültig, deshalb steht einer kirchlichen Heirat nichts im Wege (ausser, wie gesagt, in ganz wenigen Ausnahmefällen).

Dr. Helmut Prader, ist Bischofvikar für Ehe und Familie sowie Richter für Ehenichtigkeitsverfahren am Diözesangericht St. Pölten

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