Die Urchristen
Szenario der Gründerjahre einer Religion
Wie konnte es geschehen, dass eine kleine Gruppe jüdischer Abweichler aus Jerusalem innerhalb weniger Jahrzehnte die damals bekannte Welt eroberte?
Waren die Urchristen idealistische Frühkommunisten?
Waren sie die legitimen Erben Jesu, oder waren sie die (ver)fälschenden Erfinder des Christentums?
Klaus Berger, einer der besten Kenner des Urchristentums, entwickelt in seinem neuesten Buch ein atemberaubendes Szenario der Gründerjahre einer Religion. Hierfür nutzt er virtuos ein Methoden-Mix aus Sozialgeschichte, Archäologie, Theologie und Kunstgeschichte: Steine reden, Bilder sprechen, die handelnden Personen werden in modernen Psychogrammen vergegenwärtigt. Und Korinth, die Spasshauptstadt der damaligen Welt, erwacht zu vibrierendem Leben …
Bei aller farbigen Schilderung bewegt Klaus Berger freilich auch die Frage: Könnten die wilden Aufbruchsjahre das Vorbild sein für ein Wiedererwachen und einen neuen Aufbruch des Christentums am Beginn des 3. Jahrtausends.
Für alle Theologen und theologisch interessierte Laien ein wichtiges Buch, dessen Botschaft man ernst nehmen sollte
Von Winfried Stanzick
Klaus Berger ist einer der ausgewiesensten Kenner des Neuen Testamentes. In der Vergangenheit hat er nicht nur mit zahlreichen, zum grossen Teil auch für Laienchristen verständlichen Büchern und einer regen Vortragstätigkeit auch in den Gemeinden vor Ort von sich reden gemacht, sondern auch durch sein spektakuläres Bekenntnis , dass er schon vor langer Zeit zum katholischen Glauben übergetreten sei.
Findige Kritiker werden deshalb sein neues Buch als Apologie des Katholizismus bezeichnen. Ich finde, man sollte das nicht tun und darauf hören, was er zu sagen hat.
Während viele Theologen in der Vergangenheit davon ausgingen, dass es zwischen der Zeit der Urchristenheit und dem von ihnen so genannten “Frühkatholizismus” einen Bruch gegeben habe und erst der Apostel Paulus die Kirche sozusagen erfunden habe, versucht Klaus Berger in diesem Buch nachzuweisen, dass es diesen Bruch nicht gibt. Aus zahlreichen Textquellen belegt er, dass vieles von Anfang an da war. Die Eucharistie, das Abendmahl war von Beginn an die sinnstiftende Mitte des neuen Kultes.
Indem Klaus Berger die bewährten Instrumente der Textauslegung und die neuen Elemente der Methoden der Sozial- und Kunstgeschichte virtuos nutzt, erschliesst er seinen Lesern eine vergessene Zeit und eine untergegangene Welt.
Aber sein Anliegen ist nicht nur ein historisch-apologetisches. Er zielt mit seinem Buch auf die Gegenwart, auf die Christenheit des 21. Jahrhunderts, indem er die Frage stellt, ob man nicht am Urchristentum die Grundlagen und die Essenz des Christentums neu lernen könne. Er bejaht diese Frage, hält die Orientierung an den Urchristen für eine conditio sine qua non für das Überleben der Kirche und für ihre Glaubwürdigkeit, die er in vielen Dingen verloren sieht.
Man kann diesem Buch in Theologenkreisen und bei theologisch interessierten Gemeindegliedern nur viele Leser wünschen.
Die Urchristen
Autor: Klaus Berger
Gebundene Ausgabe: 368 Seiten
Verlag: Pattloch (19. März 2008)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3629021840
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