‘Ich werde sicherlich nicht alle Hoffnungen erfüllen können’
Burger: ‘Ich werde sicherlich nicht alle Hoffnungen erfüllen können’
Neugeweihter Freiburger Erzbischof: “Dialog wird dann gelingen, wenn er seine Inhalte aus der Hinordnung auf Christus bezieht und sich nicht mit rein menschlichen Vorstellungen und Erwartungen begnügt.”
Freiburg, kath.net/ebo, 30. Juni 2013
“Das Volk mit den Hirten, die Hirten mit dem Volk, beide sind und bleiben aufeinander verwiesen – oder soll ich besser sagen, beide bleiben im Dialog? Dieser Dialog wird dann gelingen, wenn er seine Inhalte aus der Hinordnung auf Christus bezieht und sich nicht mit rein menschlichen Vorstellungen und Erwartungen begnügt.”
Dies stellte Stephan Burger unmittelbar nach seiner Weihe zum Erzbischof von Freiburg fest. Im überfüllten Freiburger Münster wies er darauf hin, dass er wohl nicht “alle Hoffnungen und Erwartungen” werde erfüllen können. Damit bezog er sich zum einen darauf, “dass ich auch Fehler machen werde”, zum anderen aber auch, dass er “gegebenenfalls Entscheidungen werde treffen müssen, bei denen ich mich allein vor Gott, vor der Kirche und meinem Gewissen gegenüber verantwortlich sehe”.
kath.net dokumentiert die Ansprache von Erzbischof Stephan Burger am 29.06.2014 nach der Weihe und Amtseinführung im Freiburger Münster
Liebe Schwestern, liebe Brüder,
die eigentliche Weiheliturgie ist vorüber, ein “frisch gebackener” Bischof steht vor Ihnen. Was kann, was soll ich jetzt noch sagen, nach diesen für mich und vielleicht auch für Sie sehr intensiven Eindrücken, den Momenten der besonderen Indienstnahme durch Gott? Vielleicht erwarten Sie eine Grundsatzerklärung, ein Regierungsprogramm? Einige Male bin ich in den letzten Wochen danach gefragt worden. Doch ich gestehe, ein solches Programm mit Ausdifferenzierungen und konkreten Handlungsanzeigen gibt es noch nicht.
Ein solches Programm mag bestenfalls in meinem Leitspruch zusammengefasst sein: Christus in cordibus, Christus in den Herzen. Aber wie es umsetzen? Hier werden Sie mir helfen müssen, weil es nicht nur um mein Herz geht, sondern um unserer aller Herzen. Christus will in unseren Herzen Wohnung nehmen, bei uns zuhause sein – auch mit dieser Feier wieder ein Stück mehr! Er schenkt sich.
Von uns braucht es dazu nur die Offenheit, sich auf ihn einzulassen. Ein Prozess, der nicht erst heute beginnt, ein Prozess, der auch nicht in ein paar Jahren beendet sein wird. Christus in cordibus, damit dies gelingen kann, dafür will ich mich einsetzen, einsetzen für Christus und für die Menschen, einsetzen für Christus und seine Kirche. An dieser Aufgabe haben bereits viele gearbeitet und sich in Dienst und Verantwortung nehmen lassen, nur dass der jeweilige Leitspruch anderes gelautet hat.
Dass die Kirche von Freiburg jetzt dort steht, wo sie steht, verdankt sie nicht zuletzt meinen Vorgängern im bischöflichen Amt, insbesondere meinem direkten Vorgänger, Dir, lieber Erzbischof Robert. Dein Leitspruch lautete und lautet: In fidei communione – in der Gemeinschaft des Glaubens. Lass mich deshalb an dieser Stelle Dir ein von Herzen kommendes Danke sagen für Deine unermüdliche Arbeit für die Kirche von Freiburg, die Du in der Gemeinschaft des Glaubens geleitet hast. Dank auch für Deine Arbeit als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Von Dir wurde viel verlangt und Du hast Dich im Einsatz für die Kirche nicht geschont, auch in so manchen schwierigen und beschwerlichen Zeiten nicht. Vergelt’s Gott für Dein Mühen und Arbeiten, für Deinen Einsatz für die Kirche von Freiburg, für die Menschen in unserer Erzdiözese, für unser Erzbistum! Lieber Erzbischof Robert, Dank und Anerkennung von uns allen, der ganzen Erzdiözese!
Dass die Kirche von Freiburg jetzt dort steht, wo sie steht, verdankt sie auch denjenigen, die als Geistliche, als Haupt- und Ehrenamtliche in den verschiedenen pastoralen Diensten Verantwortung übernehmen. Das verdankt sie den vielen Gläubigen, die mitwirken und mitarbeiten, sei es in den vielfältigen Räten, Verbänden, Gemeinschaften, Gruppen und Gremien, sei es durch ihr stilles Beten und Handeln im Hintergrund, sei es in sämtlichen kirchlichen Verwaltungen und Einrichtungen. Auch hier ein herzliches Vergelt’s Gott!
Und damit Christus auch künftig in den Herzen vieler zuhause sein kann, wird dieses vielfältige kirchliche Miteinander weiterhin unerlässlich sein, auch in ökumenischer Verbundenheit! Darauf baue ich, darauf vertraue ich. Das Volk mit den Hirten, die Hirten mit dem Volk, beide sind und bleiben aufeinander verwiesen – oder soll ich besser sagen, beide bleiben im Dialog? Dieser Dialog wird dann gelingen, wenn er seine Inhalte aus der Hinordnung auf Christus bezieht und sich nicht mit rein menschlichen Vorstellungen und Erwartungen begnügt.
Alle Hoffnungen und Erwartungen werde ich sicherlich nicht erfüllen können! Und ich weiss, dass ich auch Fehler machen werde. Insofern macht mich das mir nun aufgetragene Dienstamt auch demütig. Manches mag vielleicht auch nicht verstanden werden, was ich tun werde – dass ich ggf. Entscheidungen werde treffen müssen, bei denen ich mich allein vor Gott, vor der Kirche und meinem Gewissen gegenüber verantwortlich sehe. Hier bitte ich um Nachsicht, wobei es mir sehr wichtig ist, Entscheidungen nicht einfach im Alleingang, ohne Rat und Hilfe zu treffen.
Seit der Ernennung am Freitag, den 30. Mai haben mich sehr viele Glückwünsche und Grüsse erreicht. Einige haben mich auf die grosse Verantwortung hingewiesen, auf die Bedeutung und Schwere des Amtes, auf die Bürde, die Last, die es jetzt zu schultern gelte. Manche haben etwas verhalten reagiert, zumal sie den Neuen – mich also – noch nicht kennen.
Und sehr viele haben einfach gratuliert, mir den Segen Gottes erbeten und mitgeteilt, mich in ihr Gebet einzuschliessen. Viele haben sich einfach gefreut. Das hat gut getan, Mut gemacht und für jeden Gruss möchte ich Euch/Ihnen allen von Herzen danken.
Dank für die Offenheit und Sympathie, die Sie mir entgegenbringen und die hilft, das neue Amt anzutreten und mit Leben zu füllen. Dank für das Gebet, das mich spürbar trägt. Gehen wir gemeinsam voller Hoffnung und Zuversicht unseren Weg, denn es wohnt seit unserer Taufe kein Geringerer in unseren Herzen als Christus selbst. Mit ihm und auf die Fürsprache Mariens und der heiligen Apostel Petrus und Paulus, die wir heute besonders feiern, finden wir den Weg in die Zukunft für die Kirche von Freiburg.
Amen.
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