Fastenhirtenbrief

Bischöfe sind oft mit Wunsch nach Veränderungen in Kirche konfrontiert

44523Quelle: Fussnoten

“Es gibt Dinge in der Kirche, die sich ändern können, und solche, die sich nicht verändern.” – Schweizer Bischofskonferenz geht in ihrem Fastenhirtenbrief auf das Zweite Vatikanische Konzil vor 50 Jahren ein.

Freiburg i.Ü., kath.net/sbk, 7. März 2014

“Es gibt Dinge in der Kirche, die sich ändern können, und solche, die sich nicht verändern.” Das erläutern die Bischöfe der Schweiz im diesjährigen Fastenhirtenbrief.

kath.net dokumentiert das Hirtenschreiben der Schweizer Bischöfe, “Im Glauben der Kirche vereint”, zum ersten Fastensonntag, 9. März 2014, im Wortlaut

Vor fünfzig Jahren tagte in Rom das Zweite Vatikanische Konzil. Das zweite Jubiläumsjahr, welches an dieses Ereignis erinnert und es wachhalten soll, feiert die katholische Kirche in der Schweiz im Jahr 2014 unter dem Motto “Im Glauben verbunden”. In den letzten fünfzig Jahren hat sich in der Welt und in der Kirche vieles verändert. Auch heute sind die Bischöfe oft mit dem Wunsch nach Veränderungen in der Kirche konfrontiert. Doch was ist die Kirche? Manche Vorschläge scheinen vorauszusetzen, dass die Kirche eine Art internationaler Konzern oder eine Nichtregierungsorganisation ist. Sie könnte dann ganz nach unserem Ermessen gestaltet werden.

Gott offenbart sich in Christus

Was Kirche ist, hängt davon ab, was wir unter Christentum verstehen. Denn die Kirche gibt es nur wegen Christus und weil Menschen an ihn glauben. Das Herz des christlichen Glaubens ist die Menschwerdung Gottes: Gott ist Mensch geworden. Er wird Mensch in Jesus Christus. Er kommt als Mensch zu uns. Er offenbart sich uns in Jesus Christus. Christsein heisst deshalb nicht, seine eigenen Vorstellungen zu bekennen, sondern dankbar anzuerkennen, dass Gott zu uns kommt.

Das Zweite Vatikanische Konzil zeigt gewisse Merkmale der christlichen Offenbarung auf.

1. Christus selbst ist die Fülle der Offenbarung, und nicht nur ihr Botschafter.[i]

2. Diese höchste Offenbarung – Gott wird Mensch – ist endgültig und abschliessend.[ii] Wir können und sollen diese Offenbarung stets besser und tiefer verstehen. Ändern können wir sie aber nicht.[iii]

3. Gott wusste genau, dass wir riskieren, das unendliche Geschenk zu verlieren, wenn er sich offenbart. Deshalb traf er Vorkehrungen, damit das, was offenbart wurde, nicht verlorengeht[iv]. Christus sandte die Apostel aus, um in der Gemeinschaft, die er gründete, zu predigen und die Sakramente zu feiern. Ferner, damit “das Evangelium in der Kirche für immer unversehrt und lebendig bewahrt werde, haben die Apostel Bischöfe als ihre Nachfolger zurückgelassen und ihnen ‘ihr eigenes Lehramt überliefert‘.”[v] Die Einheit der Bischöfe untereinander ist durch ihre Einheit mit dem Nachfolger des Petrus garantiert.[vi]

Gott ist am Werk

Diese Grundannahmen des katholischen Glaubens wirken sich darauf aus, wie wir Kirche verstehen. Zuerst gilt: Was die Kirche ist, was ihr Glaube ist und was ihre Sakramente sind, ist zunächst nicht Menschenwerk, sondern etwas, was wir von Gott erhalten. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn es nicht wegen Gott, sondern nur aufgrund irgendeiner menschlichen Absicht geschähe, wäre es absurd zu glauben, dass Brot Leib Christi werden kann, oder dass Christus vom Heiligen Geist empfangen wurde. Auch deshalb waren die Zuhörerinnen und Zuhörer von Jesus selbst schockiert, als sie die Einladung hörten, seinen Leib zu essen[vii], und Maria fragte, wie sie denn empfangen könne, ohne einen Mann zu “erkennen”[viii]. Die Eucharistie und die Geburt von Jesus aus der Jungfrau Maria zeigen, dass zunächst Gott am Werk ist, nicht Menschen. So ist es auch mit der Beziehung von Christus zur Kirche. Gott ist am Werk.

Die Kirche ist ein Sakrament

Um das auszudrücken, nennt das Konzil die Kirche ein Sakrament: “Die Kirche ist ja in Christus gleichsam das Sakrament, das heisst Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit”[ix]. Die Kirche ist ein Zeichen und ein Werkzeug. Ihr Ziel ist die Einheit mit Gott und den Menschen. Weil die Kirche nur das Zeichen ihres Herrn ist und in keiner Art und Weise der Herr selbst, besitzt sie keine Macht, das zu ändern, was sie selbst erhalten hat. Der Glaube bleibt. Natürlich gab es immer schon ein Nachfragen über Schwierigkeiten mit dem Glauben. In der Kultur und Zeit der frühen Kirche machte Paulus diese Erfahrung, als er in Athen von der Auferstehung der Toten sprach.[x]

Die Kirche ist keine NGO

Es gibt Dinge in der Kirche, die sich ändern können, und solche, die sich nicht verändern. Jene, die sich nicht ändern können, gehören zum Glauben bzw. zur Grundstruktur der Kirche (z.B. die Notwendigkeit des Weihesakramentes für die Feier der Eucharistie). Andere Dinge können sich ändern[xi]. Wie geschieht das? In der Kirche geschehen Veränderungen anders als in einem Unternehmen. Denn die Kirche ist keine Nichtregierungsorganisation und auch kein multinationales Unternehmen, wie Papst Franziskus schon mehrmals gesagt hat.[xii] Die Kirche wird nicht von einem allmächtigen Generaldirektor geführt und kann sich nicht nach freiem Ermessen den jeweiligen Gegebenheiten des Marktes anpassen. Wäre die Kirche ein solches Unternehmen, gäbe es letztlich wenig Gründe, sich für sie zu interessieren, und noch weniger, dazuzugehören. Alle wichtigen Veränderungen in der Kirche dienen dazu, den Glauben klarer und deutlicher ans Licht zu bringen. Ein solches aggiornamento, um ein Lieblingswort von Johannes XXIII. zu gebrauchen, geschieht für die gesamte Kirche. Deswegen muss auch die ganze Kirche auf geeignete Weise einbezogen sein, besonders die Bistümer auf der ganzen Welt. Vor allem aber geschieht jede Veränderung durch begleitendes Gebet.

Veränderungen beginnen durch Umkehr

Es ist normal, dass in einer Gesellschaft, welche sich im Umbruch befindet, viele Menschen Fragen haben. Gerade weil es sich um Fragen handelt, ist es nicht selbstverständlich, dass die Antwort eine Angleichung an die vorherrschende Kultur sein muss. Die Erfahrung zeigt, dass dann, wenn man den Glauben an die jeweils dominierenden Ansichten angleichen will, die Kirche nur noch fade und uninteressant wird.[xiii] Wenn man nicht von der Beziehung zu Gott ausgeht, also auch von der Spiritualität im Leben, hört man sehr schnell und zurecht damit auf, sich für die Kirche zu interessieren. Die Bitte nach aufmerksamem Verständnis der Situation der Menschen ist immer nötig. Die Kirche kann hier bestimmt noch mehr tun, und wir Bischöfe sind für alle guten Anregungen dankbar. Aber der Wegfall des Rufs nach Umkehr, die immer Teil des christlichen Lebens ist, bedeutet den Verlust des Geschmacks der Kirche als Salz der Erde.[xiv] Die Umkehr betrifft zuerst den Glauben. Die Kirche verbindet uns im Glauben an Jesus Christus. Im Glauben der Kirche sind wir vereint. Diesen Glauben wachzuhalten, zu leben und zu bezeugen, ist die erste Aufgabe, die uns das Konzil in diesem Jubiläumsjahr aufgibt.

Die Schweizer Bischöfe

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