Die Ehevorbereitung muss bereits im Schulalter beginnen

Im gegenwärtigen Sytem wird die Ehevorbereitung zu spät angesetzt

Hochzeit zu Kana Quelle

In unserem gegenwärtigen System der Ehevorbereitung ist auffallend, dass selbige viel zu spät ansetzt.

Wir beginnen die Heiratswilligen erst dann vorzubereiten, wenn es längst schon zu spät ist. Ein Gastkommentar von Mag. Michael Gurtner

Salzburg, kath.net, 18. Februar 2014

Die jüngsten vom Apostolischen Stuhl angeregten weiträumigen Erhebungen zur Situation der Ehe und Familie haben an sich keine wirklichen Neuigkeiten ans Licht gehoben.

Die Ergebnisse waren jenem entsprechend, was die Erfahrung der letzten Jahrzehnte sind. Im Grunde genommen hätte es dieser Erhebung nicht wirklich bedurft, allerdings kann nun auch niemand mehr die Augen vor der Realität verschliessen und weiterhin so tun als wäre alles in Ordnung.

Denn die Ergebnisse haben es uns nun hochoffiziell auf den Tisch gelegt, dass die Art der Verkündigung des katholischen Glaubens in den letzten Jahrzehnten deutlich gescheitert ist. Dies nicht nur wegen dem Faktum, dass es nicht offenbar gelungen ist die Lehre der Kirche so zu verkünden, dass sie angenommen wird, sondern noch mehr auf Grund der Tatsache, dass es die Lehre selbst ist, welche nicht mehr gekannt wird. Wie soll jemand auch den katholischen Glauben vollkommen annehmen, wenn ihm dessen Inhalte, und besonders auch dessen inneren Gründe, Ursprünge und Zusammenhänge niemals mit der notwendigen Gründlichkeit und Sorgfalt dargetan wurden?

Die mit der Katechese Beauftragten trifft hierbei wohl mehr Schuld als die Gläubigen! Es handelt sich einerseits um Unterlassungssünden, aber darüber hinaus zu einem bestimmten Teil wohl auch um aktive Fehlinformation, indem in Schulen, Kirchen und Universitäten Dinge gelehrt wurden, welche schlicht nicht der katholischen Lehre und dem Schöpfungsplan Gottes entsprechen. Die Inhalte zahlreicher Artikel und Interviews von Theologen und sonst in der Kirche tätigen Personen geben ein ernüchterndes Zeugnis davon, woher die gegenwärtige Situation herrührt.

Die Ehe und Familie, so wie sie von Gott gedacht und gewollt ist, wird von immer weniger Priestern und Bischöfen verteidigt, während gleichzeitig unter ihnen die Zahl derer ständig wächst, welche selbst die katholische Lehre preisgeben und Änderungen herbeizuführen suchen.

Die unerhörten Forderungen im Bereich der Ehe vieler Theologen und Geistlicher geben dabei beredtes Zeugnis von der eigenen Unkenntnis der theologischen Zusammenhänge – oder deren Nichtannahme, was dann wiederum schwere Glaubensdefizite wären.

Das allgemeine Verständnis der Menschen von dem, was Ehe ist, wozu sie ist und wie sie umzusetzen ist zeugt von Unkenntnis und Unwillen, sich der göttlichen Schöpfungsordnung zu unterstellen. Um so höher sind daher jene Familien zu achten, welche sich trotz einem gegenteilig denkenden Umfeld zu einem bewusst katholischen Familienleben entscheiden. Bei weitem nicht überall dürfen diese Familien auf moralische Unterstützung seitens ihrer Hirten hoffen!

Die generelle Situation der Familien und Ehen ist dabei lediglich einer von vielen Bereichen, in welchen das Scheitern der Verkündigung sichtbar geworden ist. Sicher ist hier nicht die einzige Ursache zu suchen, solches zu behaupten wäre höchst ungerecht, aber umgekehrt ist hier doch ein besonders wichtiger Faktor neben anderen zu suchen. Eine gediegene religiöse Bildung hätte das eine oder andere auffangen können. Im weiteren wollen wir uns auf den Bereich der Ehe und Familie beschränken, auch wenn es noch zahlreiche weitere Felder gäbe, in welchen analoge Mängel zu konstatieren sind.

Was die katholische Vorbereitung auf das Ehe- und Familienleben anbelangt, so muss man sich erstaunt fragen, weshalb dieser wichtige Bereich dermassen vernachlässigt wird.

Gerade hier ist ein enorm wichtiges Feld gelegen, weil es einerseits das konkrete Leben zweier Menschen sowie deren Nachkommenschaft betrifft, als auch die gesamte Gesellschaftsentwicklung. Denn die Entwicklung der einzelnen Familien zusammengenommen macht unterm Strich einen guten Teil der Gesellschaftsentwicklung aus. Will man die Gesellschaft ändern (zum Guten wie zum Bösen), so muss man an der Familie ansetzen.

Die Kirche könnte hierbei einen wertvollen Beitrag leisten, welcher sowohl den einzelnen Personen zugute kommt, als sich auch positiv auf die gesamte Gesellschaft auswirkt. Doch dazu bedarf es einer profunden Ehevorbereitung, und anschliessend einer gesunden Familienpastoral.

In unserem gegenwärtigen System der Ehevorbereitung ist auffallend, dass selbige viel zu spät ansetzt. Wir beginnen die Heiratswilligen erst dann vorzubereiten, wenn es längst schon zu spät ist. Wer zu den Ehevorbereitungskursen kommt, der hat nämlich bereits entscheiden zu heiraten, und nicht nur das, sondern er hat auch bereits entscheiden wen er heiraten wird. Die Würfel sind also schon gefallen, und die Entscheidung steht.

Doch die Ehevorbereitung muss bereits viel früher ansetzen! Sie muss den einzelnen Menschen befähigen, einen Ehepartner zu wählen, mit dem er auch tatsächlich eine gültige, katholische, dem Willen Gottes entsprechende Ehe eingehen kann! Dieser wichtige Aspekt geht vollkommen unter, wenn die Ehevorbereitung erst dann beginnen, wenn Hochzeit und Gatte entschieden sind. Man wird kaum eine bestehende Verlobung lösen, wenn man erst im Ehekurs erfährt, welches die Anforderungen sind, erst recht nicht, wenn vielleicht bereits gemeinsame Projekte ins Leben gerufen worden sind und gemeinsame Finanzen im Spiel sind (gemeinsames Geschäft, gemeinsamer Wohnungskauf, gemeinsame Darlehen etc.).

Setzt die Ehevorbereitung jedoch bereits früh an, so werden im Idealfall bereits bei der Wahl des Ehegatten andere Kriterien angewandt. Was wir derzeit jedoch tun ist, dass wir den Verlobten im nachhinein sagen, worauf sie hätten achten müssen. Freilich sind sie zum Zeitpunkt der Ehevorbereitung noch nicht verheiratet, aber die Entscheidungen sind de facto gefallen.

Die Ehevorbereitungskurse, so wie sie vielerorts abgehalten werden, sind oft nur noch die letzte Pflichtübung, bei welcher man präsent sein muss, um sozusagen das “Zeugnis” zu bekommen um kirchlich heiraten zu dürfen. Um diesen “Zeugnis” zu erhalten, wird man sich die vorgeschriebenen Vorträge geduldig anhören und die Veranstaltungen über sich ergehen lassen. Man wird jene Antworten geben, von denen man weiss, dass sie einen ohne weitere Schwierigkeiten zum erwünschten Ziel führen. Ob diese Kurse nun mehrere Monate dauern oder geblockte Wochenendveranstaltungen sind, spielt dabei keine Rolle mehr. Die Ehevorbereitungskurse einfach zeitlich zu verlängern würde nichts ändern – die Ehevorbereitung müsste von Grund auf neu konzipiert werden, und dabei auch “natürlicher” und inhaltlich wesentlich weitläufiger.

Die Vorbereitung auf die Ehe und das katholische Familienleben muss bereits im Schulalter beginnen!

Hier ist der erste Ansatzpunkt gelegen. Freilich nicht in Form von Ehekursen, sondern durch eine gezielte und geeignete Sakramentenkatechese. Man könnte dabei etwa daran denken, ab der ersten Klasse Gymnasium oder Hauptschule bis zum Ende der Schulzeit in der Sakramentenlehre einen besonderen Schwerpunkt auf die Ehe und Familie zu legen.

Ideal wäre dabei, wenn diesem in der zweiten Klasse Volksschule die Vorbereitung auf die Erstbeichte, in der dritten Klasse die Vorbereitung auf die Firmung – die man bereits in diesem Alter anstatt erst in der Pubertät oder noch später spenden sollte – und in der vierten Klasse die Erstkommunion vorangegangen wäre.

Sind die drei Initiationssakramente abgeschlossen, könnte in den verbleibenden Jahren der Schulzeit als Schwerpunkt der Sakramentenlehre das Standessakrament der Ehe mitsamt seinen “Verästelungen” kontinuierlich behandelt und immer weiter vertieft werden. Insofern es einen katholischen Schulunterricht gibt, sollte die auch (!) hier erfolgen, aber generell wäre anzuraten vom schulischen Religionsunterricht abzusehen und die Katechese vermehrt in eigene pfarrlich oder überregional organisierte, wöchentlich stattfindende Kinder- und Jugendkatechesen zu verlagern.

Was den inhaltlichen Aspekt anbelangt, so müsste man wörtlich “bei Adam und Eva” beginnen. Die ersten Kapitel der Genesis sind ein extrem wichtiger Ansatzpunkt, weil hier die Grundlagen für alles Kommende gelegt werden. Die Genesis muss gut erklärt werden: es darf nicht der Eindruck entstehen, als wäre sie ein Mythos oder eine Fabel. Die theologische Wahrheit, welche in einer bestimmten literarischen Gattung verdichtet und zum Ausdruck gebracht wird, muss Schritt für Schritt herausgearbeitet und erklärt werden.

Dies wird ideal in mehreren “Kreisen” geschehen, weil eine einmalige Erklärung nicht genügen kann.

Eine erste Erklärung gibt einen Eindruck, doch mit dem weiteren Wissen, das man erlangt, erschliessen sich in späteren Erklärungen immer wieder neue Dinge und vertiefen sich, wenn mit diesem “Gepäck” des vergrösserten Vorwissens Dinge, welche man an sich bereits behandelt hat, nun neu erklärt werden. Erst im Laufe der Zeit können manche Zusammenhänge verständlich werden. Erkenntnisse müssen reifen und sich durch beständiges Vertiefen entwickeln. Auf bestimmte Themen wird man immer wieder zurückkommen müssen, damit sie verstanden werden können. In einer ersten Phase sollte man dabei mehr auf das Wissen abzielen als auf das Verstehen (ohne dies freilich zu vernachlässigen), und mit dem erworbenen Wissen wird dann in der zweiten Phase das Verstehen in den Vordergrund rücken können und erleichtert sein.

All dies braucht aber Zeit um reifen und sich entwickeln zu können! Und es muss genügend weit vorangeschritten sein, bevor es dann wirklich zur Partnerwahl kommt, denn diese soll ja bereits unter den rechten Aspekten erfolgen. Das ist das eigentliche Ziel der rechten Ehevorbereitung. Würde diese in rechter Weise erfolgen, dann wären die Ehevorbereitungskurse in unserem Sinne weitgehend überflüssig.

Doch die Ehevorbereitung bezieht sich nicht nur auf die Ehe als Sakrament, sondern auch auf deren konkrete Umsetzung im familiären Leben. Dies wird aber erst dann verständlich, wenn vorher klar ist, was das Ehesakrament in den Augen Gottes ist und worauf es abzielt. Auch hier sind die allgemeinen Grundlagen in der Schulzeit zu legen, besonders gegen die letzten Schuljahre hin.

Die Ehevorbereitung, so wie eben grob skizziert, kann aber nicht mit dem Eingehen des Ehebundes einfach abgeschlossen sein! Sie muss dann, möglichst nahtlos und natürlich, in eine geeignete Familienpastoral übergehen.

Diese wird nicht nur allgemein sein können (wie es die Ehevorbereitung grössten Teils sein wird), sondern stark konkret und zeitgeprägt. Eine gesunde Ehe- und Familienpastoral wird in ihrem allgemeinen Teil immer wieder wichtige Grundsätze erneut ins Gedächtnis rufen, in ihren Zusammenhängen erklären und präsent halten, aber besonders wird sie auch auf die jeweiligen Gefahren und Strömungen der Zeit eingehen, welche Ehe und Familie bedrohen. Sie wird die jeweils aktuelle politische und gesellschaftliche Debatte und Entwicklung von katholischem Standpunkt aus kommentieren und argumentations- wie auch praktische Hilfen anbieten. Sie wird gute Empfehlungen für Lektüre und Film bereitstellen, und dabei zugleich die menschlichen Bedürfnisse abzudecken wissen (Unterhaltung, gesellschaftliche Ereignisse, Kulturereignisse etc.). Sie wird vermitteln: “du kannst alles tun, solange es nicht dem Willen Gottes widersprüchlich ist, aber alles was du tust, das tu als Katholik!”.

Gewisse menschliche Bedürfnisse sind zwar nicht genuin religiöser Natur, aber dennoch vorhanden und solange nicht schlecht, als sie in geordnete Bahnen gelenkt werden. Ansonsten können sie leicht in Sünde ausarten. Beispielsweise muss nicht jeder Film, den man sich ansieht, auch ein religiöser Film sein, aber gewisse Filme, die dem Glauben widersprechen, sind gleichsam “moralischen Index”.

Nur wenn genügend Alternativen zu Verfügung stehen, werden die Sünden vermieden und nicht als Mangel empfunden. Doch sich aus diesem Angebot zu bedienen und ein rechtes Urteil zu treffen, welches auch in der Lage ist, den eigenen Nachwuchs anzuleiten und zu erziehen, das muss bereits von der Schulzeit an vermittelt werden. Hier werden die Grundlagen gelegt, und hier gibt man den künftigen Ehegatten – selbst wenn es erst zwanzig oder dreissig Jahre später konkret werden sollte – das Instrumentarium in die Hand, mit Hilfe dessen gute Entscheidungen getroffen und rechte Urteile gefällt werden können. Von einer so gearteten Ehevorbereitung sind wir derzeit allerdings meilenweit entfernt.

Wir müssen ganz generell, aber speziell auch auf die Ehevorbereitung bezogen neu lernen, dass wir uns einer traumhaften Illusion hingeben, wenn wir meinen, auf einen “schnellen Erfolg” hinarbeiten zu können. Unsere gesamte Erziehung, Katechese und Pastoral muss auf eine langfristige Wirkung hinarbeiten. Saat und Ernte haben einen grossen zeitlichen Abstand zueinander. Ausnahmen und wird es immer wieder geben, aber generell entscheidet sich eine gute Ehe noch bevor sich die Ehepartner kennengelernt haben. Deshalb muss die Ehevorbereitung bereits im Schulalter beginnen!

Mag. theol. Michael Gurtner ist katholischer Theologe aus der Erzdiözese Salzburg

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