Drama und Glanz der Kirche

Der Papst sieht viele Schatten in der Kirche. Aber noch mehr Licht

Guido Horst Die Tagespost, 17. Januar 2014, von Guido Horst

Es war schon häufiger so, dass Papst Franziskus in der Predigt während seiner Frühmesse im vatikanischen Gästehaus Dinge ausbreitet, die ihm Sorgen bereiten. Vielleicht sind es Sünden oder Missstände in der Kirche, die ihn zuvor während seiner privaten Meditation vor dem Tabernakel beschäftigt haben, die ihm, dem universalen Hirten, durch den Kopf gegangen sind. Dann aber kommt auch immer wieder die grosse Predigt, eine schriftliche Botschaft oder gar ein Apostolisches Schreiben, in dem Franziskus in der ihm eigenen Weise die ganze Schönheit des christlichen Ereignisses, das Positive, die Freude, aus dem Evangelium zu leben, kraftvoll zusammenfasst.

Vor genau einer Woche hatte Franziskus in der Frühmesse vor “schmierigen Priestern” gewarnt, vor jenen im Klerikerstand, die “ihre Kraft auf die künstlichen Dinge setzen, auf die Eitelkeiten, auf eine Haltung, auf eine gezierte Sprache. Doch wie oft hört man voll Schmerz sagen: ‘Das ist aber ein Schmetterling-Priester‘, weil er immer in den Eitelkeiten herumflattert. So einer hat keine Beziehung mit Jesus Christus! Er hat die Salbung verloren: Er ist schmierig.” Deftige Worte, denen der Papst am Donnerstag, ebenfalls bei der Frühmesse, die Warnung vor dem “vergifteten Brot der verdorbenen Priester” folgen liess. Er ging auf die Skandale in der Kirche ein: “So viele Skandale”, klagte der Papst, “von denen einige viel Geld gekostet haben: gut! Das muss man so machen. Die Schande der Kirche! Aber haben wir uns für jene Skandale geschämt, für jene Niederlagen von Priestern, Bischöfen, Laien?” Jene Männer und Frauen hätten keine Verbindung mit Gott. “Sie hatten eine Position in der Kirche, eine Position der Macht, auch der Annehmlichkeit. Doch das Wort Gottes: Nein!” Ein Leben, wie Franziskus sagte, “ohne die lebendige Beziehung mit Gott und mit dem Wort Gottes!”

Doch dann ist vorgestern die Botschaft des Papstes zum Welttag der geistlichen Berufe am 11. Mai erschienen (s. Seite 9), in der Franziskus die ganze Freude einer geistlichen Berufung herausarbeitet und in dem Satz gipfeln lässt: “Je mehr wir uns durch das Gebet, die Heilige Schrift, die Eucharistie, die in der Kirche gefeierten und gelebten Sakramente und durch die gelebte Brüderlichkeit mit Jesus zu vereinigen wissen, desto mehr wird in uns die Freude wachsen, mit Gott zusammenzuarbeiten im Dienst des Reiches der Barmherzigkeit und der Wahrheit, der Gerechtigkeit und des Friedens.”

Der Papst sieht viele Schatten in der Kirche. Aber noch mehr Licht. Allerdings nur da, wo der Glaube wirklich erstrahlt.

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