Russland und Heiliger Stuhl

Zusammenarbeit für den Frieden und den Schutz der christlichen Kultur (Zweiter Teil)

Gürtel der seligen Jungfrau Maria

Interview mit Alexander Awdejew, russischer Botschafter beim Heiligen Stuhl

Rom, 12. Dezember 2013, zenit.org, Federico Cenci

Der Besuch Putins beim Papst und die gemeinsame Verehrung Mariens haben die weltweite öffentliche Meinung sehr beeindruckt. In der Tat stellt eine enge Zusammenarbeit zwischen Russland und dem Vatikan zur Sicherung des Friedens, zur Hilfestellung für die verfolgten Christen und zum Schutz des ungeborenen Lebens und der natürlichen Familie eine grosse gute Neuigkeit dar, die die Schicksale Europas und der Welt in positivem Sinn verändern könnte. Glauben Sie das nicht auch?

Alexander Awdejew: Diese Zusammenarbeit nützt allen. Sie hat ihren eigenen “Anwendungsbereich”, ihre Perspektiven und Verantwortungen. Sie ist auch nicht auf die aussenpolitische Sphäre beschränkt. Ein weiterer tragender Pfeiler unserer Zusammenarbeit liegt in den ethischen und moralischen Werten, in der Unterstützung für Leben und Familie. Für uns sind die “junge” Demokratie sowie der Aufbau eines Sozialstaates und einer Zivilgesellschaft wichtige Ziele.

Im November 2011 haben mehr als drei Millionen Gläubige in Moskau der Kälte getrotzt, um den heiligen Gürtel der Jungfrau Maria zu verehren, der vom Berg Athos in die Christ-Erlöser-Kathedrale gekommen war. Diese Episode zeigt, dass Russland heute eine grosse Wiedergeburt des christlichen Glaubens erlebt. Woran liegt das?

Alexander Awdejew: Die Wurzeln dieser Wiedergeburt liegen in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als mit Zusammenbruch des kommunistischen Regimes ein Vakuum entstand und die Russen das Bedürfnis nach einer neuen geistigen Stütze spürten.

Heute denken sowohl gläubige als auch nicht-gläubige Menschen viel über die Ursprünge unserer nationalen Kultur nach, in der die christlichen Werte eine überragende Rolle gespielt haben. Trotzdem muss man bedenken, dass Russland ein in gewisser Hinsicht einzigartiger Staat ist, in dem schon seit mehr als fünf Jahrhunderten Christen und Muslime Seite an Seite zusammenleben. Wir sind ein Land des interreligiösen Friedens und haben auf diesem Gebiet viel Erfahrungen gesammelt.

Wie hat das russische Volk die Nachricht von der Begegnung zwischen dem Präsidenten Putin und Papst Franziskus aufgenommen?

Alexander Awdejew: Ich will diese Frage ganz kurz beantworten: mit grosser Genugtuung. Die Russen haben eine grosse Hochschätzung für Papst Franziskus.

Auch die Beziehungen zwischen der katholischen und der russisch-orthodoxen Kirche haben sich sehr gebessert. Noch nie in ihrer Geschichte standen die beiden Kirchen sich so nah wie heute. Wer weiss, ob demnächst Patriarch Kyrill nach Rom oder Papst Franziskus nach Moskau reisen könnte. Was meinen Sie dazu?

Alexander Awdejew: Hier geht es um die Beziehung zwischen den beiden Kirchen. Ich kann nur wiedergeben, was der Leiter des Aussenamtes der russisch-orthodoxen Kirche, der Metropolit Hilarion, erklärt hat: “Jeder Tag, der vergeht, bringt uns dieser Begegnung einen Schritt näher.”

Die Zusammenarbeit zwischen Rom und Moskau dehnt sich auch auf den kulturellen Bereich aus, besonders auf das Gebiet der Kunst und Literatur. Können Sie uns hierzu etwas sagen?

Alexander Awdejew: Als ich noch in Moskau tätig war, habe ich miterlebt, welchen grossen Erfolg das “Italienische Jahr” erzielte. Der italienische Botschafter, Antonio Zanardi Landi, hatte sich in Zusammenarbeit mit den italienischen Museen viel Mühe gegeben und verschiedene der bedeutendsten italienischen Kunstwerke nach Moskau bringen lassen, wo Hunderttausende von Russen sie gesehen haben.

Zur Zeit steht das Jahr des Tourismus auf der Tagesordnung. Dabei spielt die Anziehungskraft, die der Vatikan auf die Russen ausübt – als Ziel religiöser Wallfahrten, aber auch als Kulturzentrum von Weltbedeutung –, eine grosse Rolle.

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