“Schmieden der Heiligkeit”

Massenfest in Rom

Rino Erzbischof FisichellaVolksfrömmigkeit Evangelientreue, Kirchlichkeit, Missionsstreben

Am Sonntag kamen Bruderschaften aus aller Welt mit Papst Franziskus zusammen. Von Guido Horst

Rom, Die Tagespost, 6. Mai 2013

Ein zweites Mal hat Papst Franziskus bei einer Begegnung mit den Gläubigen auf Vatikangelände die Grenze des kleinen Kirchenstaats überschritten und ist auf italienisches Staatsgebiet “vorgedrungen”. Am Sonntag waren zu einem Gottesdienst mit dem Papst auf dem Petersplatz trotz starken Regens so viele Menschen gekommen, dass sie sich bis weit in die Via della Conciliazione hinein stauten.

Franziskus wies bei der Ausfahrt nach der Messe den Fahrer seines Gefährts – diesmal das oben mit Glas gedeckte Papamobil, nicht der weisse offene Jeep – an, über den Petersplatz hinauszufahren, dessen Ende auch das Ende des Staats der Vatikanstadt markiert. Für die italienischen Polizeikräfte dürfte die spontane “Ausfahrt” des Papstes kein protokollarischer Regelverstoss gewesen sein – eher schon eine Frage der Sicherheit, denn auf der Via della Conciliazione stieg der Papst aus und ging zu den Menschen, wie er es bereits nach seiner ersten Messe in der kleinen Sankt Anna-Kirche im Vatikan getan hatte. Franziskus schüttelte Hände, küsste Kinder, einer alten Dame fiel vor lauter Freude die Handtasche aus dem Arm, Papst Franziskus bückte sich und hob sie auf.

Eine besondere Initiative zum “Jahr des Glaubens”

Der Grund für den grossen Andrang bei der Sonntagsmesse mit dem Papst waren katholische Bruderschaften aus aller Welt, die der Vatikan schon vor geraumer Zeit nach Rom eingeladen hatte – eine besondere Initiative zum “Jahr des Glaubens”.

Bereits am Wochenende hatten die bunten Trachten und Standarten, die Banner und oft reich mit Blumen geschmückten Kruzifixe dieser Bruderschaften das Strassenbild um den Vatikan herum und in der Innenstadt Roms geprägt. Auch katholische Schützenbruderschaften aus Deutschland waren dabei, die anderen kamen aus Italien, Spanien, Polen und Mitteleuropa, Lateinamerika und sogar Afrika. Etwa fünfzigtausend Angehörige solcher Vereinigung füllten zusätzlich den Petersplatz, auch wenn das Meer von Regenschirmen die Folge hatte, dass man die bunte Kleidung der Trachtengruppen kaum noch erkennen konnte. Für viele sind diese Bruderschaften ein wenig bekannter, aber immer noch lebendiger Teil der Volksfrömmigkeit, der auch einen Beitrag zur Neuevangelisierung der ehemals christlichen Regionen Europas beitragen kann.

Päpstlicher Rat zur Förderung der Neuevangelisierung

So war es kein Zufall, dass Erzbischof Rino Fisichella in seiner Eigenschaft als Präsident des Päpstlichen Rates für die Neuevangelisierung den Papst zu Beginn der Messe begrüsste und die einleitenden Worte sprach. Fisichella wies darauf hin, dass einige der Bruderschaften, die sich dem Herrn, der Muttergottes oder einem Heiligen geweiht hätten, zum Teil eine uralte Tradition hätten, die für manche dieser Gemeinschaften bis ins zwölfte Jahrhundert zurückgehe, während andere Bruderschaften erst in den zurückliegenden hundert Jahren entstanden seien, etwa in einzelnen afrikanischen Ländern.

Papst Franziskus hatte – wie immer – “drei Punkte” oder drei Gedanken, die er in den Mittelpunkt seiner Predigt stellte. Er sprach über die Treue zu den Evangelien, die Kirchlichkeit und den missionarischen Geist. Alles drei müsse die Bruderschaften auszeichnen, denen er bescheinigte, dass sie teilweise über Jahrhunderte “Schmieden der Heiligkeit” vieler Menschen gewesen und Ausdruck einer Volksfrömmigkeit seien, die die Beziehung zwischen dem Glauben und der Kultur der jeweiligen Völker aufrecht erhalte. Volksfrömmigkeit sei nichts etwas rein Äusserliches, sondern ein Hinweis auf die Zentralität des österlichen Geheimnisses. Sie bezeuge für die jeweilige Umwelt, dass man ganz konkret mit dem eigenen Leben Christus nachfolgen könne.

Ein Zeichen für seine Wertschätzung der Frömmigkeit und seine tiefe Marienverehrung hatte Papst Franziskus bereits am Samstagabend – es war der erste Samstag im Marienmonat Mai – gesetzt, als er zu einem öffentlichen Gebet des Rosenkranzes in Roms grösster Marienbasilika, Santa Maria Maggiore, gefahren war. Bereits am Freitag hatte er in einer Twitter-Botschaft vor allem die Familien zum Rosenkranzgebet aufgerufen: “Es wäre schön, im Marienmonat Mai in den Familien gemeinsam den Rosenkranz zu beten. Denn das Gebet festigt das Familienleben”, so der Papst. In seinem Tweet vom Samstag rief er dann dazu auf, sich an Maria zu wenden, um den Glauben im Alltag zu stärken.

Nach der Sonntagsmesse folgten beim Gebet des “Regina coeli” noch zwei besondere Grüsse des Papstes: an die orientalischen Christen, die dem Julianischen Kalender folgen und an diesem Sonntag das Osterfest feierten, sowie an die von einem italienischen Priester gegründete Vereinigung “Meter”, die sich um Kinder kümmert, die Opfer sexuellen Missbrauchs sind.

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