Papst: Dialog von Wissenschaft und Glauben überlebensnotwendig

Vom Dialog von Glaube und Wissenschaft hängt das Schicksal der Menschheit ab

Das hat der Papst an diesem Donnerstag vor Vertretern der päpstlichen Akademie der Wissenschaften im Vatikan unterstrichen. In einer Grundsatzrede über den Sinn und Zweck des wissenschaftlichen Fortschrittes ging der Papst ausführlich auf das Thema der Plenarsitzung der Akademie ein, die am Mittwoch zu Ende ging: “Komplexität und Analogie in der Wissenschaft: Theoretische, methodologische und epistemologische Aspekte”.

Benedikt XVI.:

“Im grossen menschlichen Unternehmen des Strebens nach Entschlüsselung der Geheimnisse der Menschheit und des Universums bin ich überzeugt davon, dass wir einen fortgesetzten Dialog und weitere Zusammenarbeit zwischen den Welten der Wissenschaft und des Glaubens brauchen, um eine Kultur des Respektes für die Menschheit, die menschliche Würde und Freiheit, die Zukunft der Menschheitsfamilie und für eine langfristige und nachhaltige Entwicklung unseres Planeten aufzubauen. Ohne dieses Zusammenspiel verlassen die grossen Fragen der Menschheit den Bereich der Vernunft und Wahrheit und werden dem Irrationalen, dem Mythos, der Gleichgültigkeit preisgegeben, was der Menschheit, dem Weltfrieden und unserem letzten Schicksal sehr schadet.”

Die heute zunehmend interdisziplinär betriebene Forschung habe “fruchtbare Berührungspunkte” zum Naturverständnis der christlichen Philosophie und Theologie, so der Papst. Beide verwiesen auf ein Verständnis der Natur als “einheitlich”, “verständlich”, “harmonisch” und “unbestritten komplex”, in der jede Kreatur individuell Anteil habe am göttlichen Kosmos.

“Das Universum ist nicht Chaos oder Ergebnis des Chaos. Es erscheint eher zunehmend klarer als eine geordnete Komplexität, die es uns erlaubt, von der Spezialisierung durch komparative Analyse und Analogie zu einer verallgemeinernden Perspektive zu kommen und umgekehrt.”

Dank neuer Instrumente und Experimente komme die Wissenschaft heute den Grundelementen der materiellen Realität zunehmend auf die Spur, so der Papst, auch dann, wenn sie dabei nicht vollständig die “letzte Einheit”, das Verbindende dieser Strukturen, verstehe. Der Papst nannte hier als Beispiel das Bemühen der Wissenschaftler, alle Energieformen auf eine elementare Form der Energie zurückzuführen, die sich letztlich aber nicht als einfach, sondern wiederum als komplex herausgestellt habe – als neues Universum im Mikrokosmos, sozusagen.

Die Komplexität und Grösse des wissenschaftlichen Fortschritts und der damit verbundene Zuwachs an Wissen über die Natur haben direkte Auswirkungen auf den Menschen, fuhr Benedikt XVI. fort. Vom Potential der modernen Wissenschaften leitet er hier eine Verantwortung gegenüber der Schöpfung ab:

“Nur der Mensch kann sein Wissen der Wahrheit konstant erweitern und es weise zum eigenen Wohl und dem Wohl seiner Umwelt ordnen.” Dem Papst hörte u.a. der Präsident der Akademie der Wissenschaften zu. Professor Werner Arber hatte auch auf der vergangenen Synode zur Neuevangelisierung im Vatikan vorgetragen – ein Zeichen dafür, dass der Vatikan in die Neuevangelisierung auch die Wissenschaften miteinschliessen will. Die dreitägige Plenarsitzung der päpstlichen Akademie der Wissenschaften ging am Mittwoch in dieser Woche zu ende.
(rv 08.11.2012 pr)

Das Universum ist kein Ergebnis des Chaos

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