Er nahm sie auf in seine eigene Wirklichkeit
– In sein eigenes Sein
Mit dem Papst durch den Marienmonat Mai. Auf kath.net jeden Tag eine Betrachtung zur Gottesmutter aus dem Lehramt Benedikts XVI. zu Maria. Von Armin Schwibach
Rom, kath.net, 28. Mai 2012
Die Bezeichnung als Gottesmutter, die so eng mit dem Weihnachtsfest verbunden ist, ist daher der grundlegende Name, unter dem die Gemeinschaft der Gläubigen, so können wir sagen, schon immer die allerseligste Jungfrau verehrt hat. Sie bringt die Sendung Marias in der Heilsgeschichte gut zum Ausdruck. Alle anderen Titel, die Unserer Lieben Frau zuerkannt werden, haben ihre Grundlage in ihrer Berufung, die Mutter des Erlösers zu sein, das menschliche Geschöpf, das von Gott auserwählt wurde, um den Heilsplan zu verwirklichen, in dessen Mittelpunkt das grosse Geheimnis der Menschwerdung des göttlichen Wortes steht. In diesen Festtagen haben wir vor der Krippe innegehalten, um die Darstellung der Geburt Christi zu betrachten.
Im Mittelpunkt des Geschehens finden wir die Jungfrau Maria, die denen, die zum Heiland kommen, um ihn anzubeten, das Jesuskind zur Betrachtung darbietet: den Hirten, den armen Menschen von Betlehem, den Sterndeutern, die aus dem Osten gekommen sind. Später, am Fest der “Darstellung des Herrn”, das wir am 2. Februar feiern, werden es der alte Simeon und die Prophetin Hanna sein, die aus den Händen der Mutter das kleine Kind empfangen und es anbeten. Die christliche Volksfrömmigkeit hat stets die Geburt Jesu und die Gottesmutterschaft Marias als zwei Aspekte des einen Geheimnisses der Menschwerdung des göttlichen Wortes betrachtet, und daher hat sie die Geburt Christi nie als eine Sache der Vergangenheit angesehen. Wir sind “Zeitgenossen” der Hirten, der Sterndeuter, des Simeon und der Hanna, und während wir mit ihnen gehen, sind wir voll Freude, weil Gott der “Gott mit uns” sein will und eine Mutter hat, die unsere Mutter ist.
Vom Titel “Gottesmutter” leiten sich auch alle anderen Titel ab, mit denen die Kirche Unsere Liebe Frau ehrt, aber dieser ist der grundlegende. Denken wir an das Privileg der “Unbefleckten Empfängnis”, also daran, dass sie von ihrer Empfängnis an frei von Sünde war: Maria wurde vor jedem Sündenmakel bewahrt, weil sie die Mutter des Erlösers sein sollte. Dasselbe gilt für den Titel “die in den Himmel Aufgenommene”: Sie, die den Heiland hervorgebracht hat, konnte nicht der Verwesung unterworfen sein, die aus der Erbsünde kommt.
Und wir wissen, dass all diese Privilegien nicht gewährt wurden, um Maria von uns zu entfernen, sondern um sie im Gegenteil in unsere Nähe zu bringen; in der Tat ist diese Frau, da sie vollkommen bei Gott ist, uns sehr nahe und hilft uns als Mutter und als Schwester. Auch der einzigartige und einmalige Platz, den Maria in der Gemeinschaft der Gläubigen einnimmt, entspringt ihrer grundlegenden Berufung, die Mutter des Erlösers zu sein. Gerade als diese ist Maria auch die Mutter des mystischen Leibes Christi, der die Kirche ist. Zu Recht erkannte Paul VI. daher während des II. Vatikanischen Konzils, am 21. November 1964, Maria feierlich den Titel “Mutter der Kirche” zu.
Gerade weil sie die Mutter der Kirche ist, ist die Jungfrau auch Mutter eines jeden von uns, die wir Glieder des mystischen Leibes Christi sind. Am Kreuz hat Jesus die Mutter jedem seiner Jünger anvertraut, und gleichzeitig hat er jeden Jünger der Liebe seiner Mutter anvertraut. Der Evangelist Johannes schliesst den kurzen und eindrucksvollen Bericht mit den Worten: “Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich” (Joh 19,27).
So lautet die deutsche Übersetzung der griechischen Worte “eis tà ídia”: Er nahm sie auf in seine eigene Wirklichkeit, in sein eigenes Sein. So gehört sie zu seinem Leben, und die beiden Leben durchdringen einander; und dieses Sie-Aufnehmen (eis tà ídia) in das eigene Leben ist das Vermächtnis des Herrn. Im erhabensten Augenblick der Erfüllung der Sendung als Messias hinterlässt Jesus also jedem seiner Jünger als kostbares Erbe seine Mutter, die Jungfrau Maria.
Generalaudienz: 2. Januar 2008
KathTube: Mater Ecclesiae, Paul VI. Feierliche Proklamation Mariens als “Mutter der Kirche”.
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