Der Papst in Arezzo

Geistliche Erneuerung gegen die Wirtschaftskrise

Benedikt XVI.: Solidarisch mit den Armen zu sein heisst, den Plan des Schöpfergottes anzuerkennen, der aus allen eine Familie gemacht hat. Materialistische Logiken überwinden. Regina caeli: ethische Erneuerung. Von Armin Schwibach

Rom, kath.net/as, 13. Mai 2012

Seine 26. Reise innerhalb Italiens führte Papst Benedikt XVI. am heutigen Sonntag nach Arezzo in der Toskana, wo er vor dem Dom “Santo Donato” eine heilige Messe feierte.

Tausende von begeisterten Gläubigen begrüssten Benedikt XVI. bei seiner Ankunft. Am Nachmittag wird der Papst das Franziskus-Heiligtum auf dem Berg La Verna 45 Kilometer nördlich von Arezzo im Casentino-Tal besuchen und mit den verschiedenen Minoritengemeinschaften, den Klarissenschwestern der Toskana und den Ordensschwestern von Chiusi della Verna zusammentreffen. Für Benedikt XVI. hat La Verna eine besondere Bedeutung, an die er noch als Kardinal bei einem früheren Besuch im Jahr 1988 erinnert hatte: Der Ort inspirierte den Kirchenlehrer Bonaventura (1221-1274) und Lehrer Joseph Ratzingers zu seinem mystisch inspirierten Hauptwerk “Itinerarium mentis in Deum”.

Den Abschluss der Reise wird ein Privatbesuch in der Konkathedrale von Sansepolcro mit einer darauffolgenden Begegnung mit der Bürgerschaft der Stadt auf der Piazza Torre di Berta bilden. Die Rückkehr in den Vatikan ist für 21:15 Uhr geplant.

Für die Stadt Arezzo handelte es sich im eine doppelte Premiere: zum ersten Mal kam Benedikt XVI. als Papst in die Stadt. Am selben Tag stattete der italienische Ministerpräsident Mario Monti, der auch an der Messe mit dem Papst teilnahm, dem Zentrum der Schmuckindustrie und Goldschmiedkunst seinen Antrittsbesuch ab. Durch die Weltwirtschaftskrise der letzten Jahre ist es zu einem großen Anwachsen der Armut in der Gegend sowie im Bistum Arezzo-Cortona-Sansepolcro gekommen. Jede vierte Familie habe mittlerweile Probleme, mit dem zur Verfügung stehenden Geld bis zum Monatsende zu gelangen, so der Bischof von Arezzo Riccardo Fontana in seinem Grußwort an den Papst. Dazu kommen eine hohe Arbeitslosigkeit sowie der Mangel von Perspektiven für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum.

Auch in seiner Predigt ging Benedikt XVI. auf das Problem der Wirtschaftskrise ein, deren Komplexität es erschwere, schnellere und wirksamere Lösungen auszumachen, um aus der gegenwärtigen Situation herauszukommen. Die Aufmerksamkeit gegenüber den anderen habe die Kirche von jeher dazu bewegt, konkret mit den Bedürftigen solidarisch zu sein, Ressourcen zu teilen und einen wesentlicheren Lebensstil zu fördern, indem sie sich der Kultur des Oberflächlichen und Flüchtigen widersetze, “die viele getäuscht und eine tiefe geistliche Krise erzeugt hat”. Der Papst rief die Kirche in Arezzo auf, bereichert durch das Zeugnis des “Poverello” von Assisi weiterhin solidarisch zu sein. Vor allem aber solle sie es verstehen, “auch zur Überwindung von rein materialistischen Logiken zu erziehen, die oft unsere Zeit gezeichnet haben und dabei enden, den Sinn für die Solidarität und Nächstenliebe zu verdecken”.

Das Zeugnis für die Liebe Gottes in der Aufmerksamkeit gegenüber den Letzten verbinde sich auch mit der Verteidigung des Lebens. Die Verteidigung der Familie durch gerechte Gesetze, die fähig seien, auch die Schwächsten zu schützen, müsse immer einen wichtigen Punkt für die Aufrechterhaltung eines festen sozialen Gewebes bilden und Perspektiven der Hoffnung für die Zukunft bilden. Auch heute müsse wie im Mittelalter der Einsatz fortgeführt werden, eine Stadt von einem immer menschlicheren Antlitz zu fördern. Dazu biete die Kirche ihren Beitrag, “damit die Gottesliebe immer von der Nächstenliebe begleitet werde”.

Zu Beginn seiner Predigt erinnerte Benedikt XVI. daran, dass Kirche in Arezzo in den vergangene Jahrhunderten von vielfältigen Ausdrucksformen des Glaubens bereichert worden sei. Der heilige Donatus, Schutzherr der Stadt, habe das mittelalterliche Christentum fasziniert und sei noch immer aktuell. Donatus sei ein unermüdlicher Evangelisierer gewesen, damit sich alle von den heidischen Bräuchen befreiten und im Wort Gottes die Kraft fänden, die Würde eines jeden Menschen und den wahren Sinn der Freiheit zu bekräftigen. Der von Donatus zerbrochene und wieder zusammengesetzte Kelch sei ein Bild für das befriedende Wirken der Kirche innerhalb der Gesellschaft zugunsten des Gemeinwohls.

Benedikt XVI. erinnerte dann an seinen seligen Vorgänger Gregor X., der in der Kathedrale von Arezzo bestattet ist. Gregor X. habe sich mit Hilfe des Lichts, das aus den entstehenden Bettelorden strömte, mit den großen Problemen seiner Zeit gemessen.

Ausgehend vom Text der ersten Lesung betonte der Papst, dass der Gestus des Petrus (“Da begann Petrus zu reden und sagte: Wahrhaftig, jetzt begreife ich, dass Gott nicht auf die Person sieht, sondern dass ihm in jedem Volk willkommen ist, wer ihn fürchtet und tut, was recht ist”; Apg 10, 34-35) zum Bild der Kirche werde, die für die ganze Menschheit offen sei.

Gott habe den Menschen zuerst geliebt, so der Papst. Er habe die Sünden des Menschen auf sich genommen und sie mit dem Blut Christi gewaschen. Gott wolle, dass der Mensch in seine Gemeinschaft der Liebe eintrete, um an seinem Erlösungswerk mitzuarbeiten. Das Wort Gottes bilde eine grosse Einladung, die Liebe Gottes gegenüber allen zu leben: “Solidarisch mit den Armen zu sein heisst, den Plan des Schöpfergottes anzuerkennen, der aus allen eine Familie gemacht hat”.

Vor dem die heilige Messe abschliessenden Gebet des “Regina caeli” lud Benedikt XVI. die Gläubigen ein, sich im Geist vor das im Dom bewahrte Bild der Gottesmutter vom Trost zu begeben. Der Papst empfahl der Fürsprache Mariens alle Menschen und Familien der Stadt, die sich in Schwierigkeiten befinden.

Gleichzeitig bat Benedikt XVI durch Maria Gott um den moralischen Beistand, damit die Gemeinde von Arezzo und ganz Italien auf die Versuchung der Entmutigung reagieren und, gestärkt durch die grosse humanistische Tradition, entschlossen den Weg der geistlichen und ethischen Erneuerung einschlagen. Allein dieser könne zu einer echten Verbesserung des sozialen und bürgerlichen Lebens führen. Jeder müsse hierzu seinen Beitrag leisten.

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KathTube Regina coeli
Donatus von Arezzo

Papst Benedikt XVI. musste den Besuch in La Verna wegen schlechtem Wetter absagen

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