Piusbrüder: Den Kairos verpasst

Es war der deutsche Papst, der im Vatikan das Thema Pius-Bruderschaft auf die Tagesordnung gesetzt hat

Vatikan, 06.02.2012, von Guido Horst

Von dem einen oder anderen unterstützt, etwa dem kolumbianischen Kurienkardinal Darío Castrillón Hoyos, hat Benedikt XVI. Schritt für Schritt getan, um ein Schisma zu überwinden, dessen Entstehung er als Glaubenspräfekt an vorderster Front miterlebt hatte. Jetzt hat die von Erzbischof Lefebvre gegründete Bruderschaft die zum Greifen nahe Einigung mit Rom abgelehnt. Der Obere spricht davon, man werde nun wohl noch fünf, zehn Jahre warten müssen.

Doch wie sieht die Kirche in fünf, zehn Jahren aus? Papst Benedikt oder Kardinal Castrillón Hoyos werden nicht ewig leben. In Italien ist die Pius-Bruderschaft kaum präsent und daher unbekannt, im Vatikan interessiert sich kaum einer für sie. Schismen haben nicht die Eigenschaft, langsam aufzuweichen, sondern sich im Gegenteil zu verfestigen. Christliche Konfessionen, Gemeinschaften und Splittergruppen gibt es wie Sand am Meer. Und für den Vatikan gibt es ökumenische Partner, die wesentlich interessanter als die Pius-Brüder sind. Man denke an die Orthodoxen, die Anglikaner, ja sogar einige orientalische Kirchen. Die Piusbruderschaft hat ihren Kairos, was die Einheit mit dem Papst angeht, gehabt. Sie hat ihn nicht genutzt.

Jetzt richtet sich der Blick nicht mehr auf den Generaloberen Bernard Fellay und die anderen Leiter der Gemeinschaft, sondern auf die einfachen Priester, die Mitglieder der Bruderschaft sind, und vor allen Dingen auf die Gläubigen, die Kirchen, Priorate und Einrichtungen der Piusbrüder besuchen. Sie sind alle im Herzen katholisch. Zum Katholisch-Sein gehört die Einheit mit dem Nachfolger Petri. Nur dem Fischer hat der Herr zugesagt, dass die Mächte der Finsternis diesen Felsen nicht überwinden werden. Die Geschichte des Papsttums ist bewegt, sehr bewegt. Aber heute, im einundzwanzigsten Jahrhundert, wissen wir, dass Jesus Christus sein Versprechen gehalten hat. Man kann, muss da aber gar nicht theologisch argumentieren. Die Einheit mit dem Papst ist dermassen tief in den Genen des Katholischen verankert, dass die Gläubigen, die sich als Anhänger Lefebvres verstehen, weil sie die katholische Kirche und deren Glaubensgut lieben, mit der Nachricht vom Nein der Bruderschaft gar nicht glücklich sein können. Wann kommt je wieder ein Papst wie Joseph Ratzinger, der ihnen so barmherzig und liebevoll die Hand zur Versöhnung reicht?

Die Hardliner in der Lefebvre-Truppe haben sich durchgesetzt, kommentierten einige wenige Beobachter die Entscheidung der Spitze der Bruderschaft. Die Medien haben sich jetzt kaum für sie interessiert, obwohl der “Fall Williamson” noch vor drei Jahren die Schlagzeilen erobert hatte. Aber da ging es ja auch um den Holocaust. Seit Benedikt XVI. haben die Traditionalisten in der Kirche ihren festen, garantierten Platz. Es gibt Schwierigkeiten, aber im Grunde ist jeder frei, die “alte” Messe zu besuchen oder zu feiern und aus dem wahren Glaubensgut der Kirche heraus zu leben. Auch gibt es eine traditionalistische Priesterbruderschaft, die in Einheit mit den Päpsten steht. Warum da noch Schismatikern folgen?

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