Streit um Geld für Abtreibungen bei der Bündner Landeskirche
Bischof Huonder kann Kirchenaustritte “verstehen”
Im SonntagsBlick macht Bischof Vitus Huonder eine brisante Aussage: Er könnte Leute, die aus den Kantonal- und Landeskirchen austreten, verstehen.
Von Philippe Pfister, 06.11.2011
Im Bistum Chur scheinen die Fronten verhärtet wie nie. Auf der einen Seite steht das Bistum mit Bischof Vitus Huonder an der Spitze. Auf der anderen Seite die Kantonal- und Landeskirchen, die die Kirchensteuern einziehen und verteilen. Nicht immer werde das Geld im Sinne der katholischen Kirche eingesetzt, moniert der Bischof. Besonders stossend findet er einen Zustupf von 15‘000 Franken an die Familien-Beratungsstelle Adebar. Die unterstützt unter anderem abtreibungswillige Frauen.
“Das verstösst gegen katholische Prinzipien, wie jeder weiss”, sagte Huonder dazu gegenüber dem SonntagsBlick. Die Abtreibungsfrage sei in der Glaubenslehre nicht nur eine Nebensächlichkeit, sondern zentral.
Die Landeskirche ist Rom nicht zwingend verpflichtet
Die Präsidentin der Exekutive der Bündner Landeskirche, CVP-Grossrätin Claudia Kleis, verteidigt den Beitrag an Adebar: die Landeskirche sei eine weltliche Organisation – und damit Roms Grundsätzen nicht zwingend verpflichtet.
Eine Aussage, die wiederum den Bischof erstaunt: “Diese Aussage schafft eine neue Situation”, sagt Vitus Huonder im Gespräch mit SonntagsBlick.
Bisher sei er immer davon ausgegangen, dass die Landeskirche zwar das Geld verwalte. “Die pastoralen Ziele aber muss die Kirche definieren.”
Dass die Landeskriche formaljuristisch unabhängig sei, treffe zwar zu. Inhaltlich sei sie aber der Kirche verpflichtet.
Huonder will jetzt geklärt haben, wie Kleis ihre Äusserung versteht.
Aus der Kirche austreten – aber katholisch bleiben
Offenbar wird der Anti-Rom-Kurs der Landeskirche Graubünden längst nicht von allen Gläubigen unterstützt.
So haben sich in Chur die Anfragen von Leuten gehäuft, die aus den Kantonal- oder Landeskirchen austreten, aber katholisch bleiben wollen.
Das ist seit zwei Jahren möglich. Anstelle der Steuern zahlt man dem Bistum direkt einen – frei wählbaren – Betrag.
Gegenüber SonntagsBlick sagte Huonder auf die Frage, ob er Gläubige, die diesen Schritt machen, verstehe: “Ja, das verstehe ich. Die Gläubigen kennen die Positionen der Kirche und der Landeskirche und können nach Massgabe ihres Gewissens handeln.”
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