Vor dem Papstbesuch in Deutschland
Der Papst kommt nach Hause – und trotzdem wird ein bisschen gefremdelt
Rom, Radio Vatican, 06.09.2011
Denn Benedikt XVI., der jetzt schon seit etwa dreissig Jahren im Ausland lebt, sieht sein Mutterland ähnlich wie Spanien oder Frankreich: als ein vom Säkularismus befallenes Gebiet, das dringend wieder fürs Christentum zurückerobert werden muss. Nicht der Islam und auch nicht die Kirchen der Reformation sind für den Papst das eigentliche Problem, sondern vielmehr die “neue Welle einer drastischen Aufklärung oder Laizität”, wie er das nennt. Den deutschen Bischöfen sagte Benedikt vor ein paar Jahren in einer frei gehaltenen Rede:
“Wir sind in Deutschland gewöhnt, und ich als Professor auch ganz besonders, dass man vor allem Probleme sieht…
Nicht wenige Menschen verlassen die Kirche, oder, wenn sie bleiben, akzeptieren sie doch nur ein Auswahlchristentum, einen Teil der katholischen Lehre. Besorgniserregend bleibt die religiöse Situation im Osten, wo ja, wie wir wissen, die Mehrheit der Bevölkerung nicht getauft ist und keinerlei Kontakt zur Kirche hat, oft überhaupt nichts von Christus und von der Kirche weiss.”
“Wir sind zum Missionsland geworden”, so zitiert der Papst den deutschen Bekennerjesuiten Alfred Delp. Und nicht umsonst führt ihn sein Besuch in der zweiten Septemberhälfte erstmals als Papst auch auf das Gebiet der früheren DDR – eine Region, wo nach seinem Eindruck gar nicht Neuevangelisierung, sondern eigentlich “Erstevangelisierung” geleistet werden müsste.
“Die Menschen kennen Gott nicht, kennen Christus nicht. Ein neues Heidentum ist da, und es genügt nicht, dass wir versuchen, die bestehende Herde zu erhalten – das ist sehr wichtig –; aber es drängt sich die grosse Frage auf: Was ist eigentlich das Leben? Und wir müssen, denke ich, alle miteinander versuchen, neue Weisen zu finden, wie wir in diese heutige Welt hinein wieder das Evangelium tragen, dort wieder Christus verkünden und den Glauben aufrichten können.”
Deutschland, ein Missionsland: Dabei hatte es noch vor ein paar Jahren geheissen “Wir sind Papst”!
Ein erster Schwerpunkt der Papstreise – wenn man`s rein chronologisch sieht – ist die Politik: Joseph Ratzinger, übrigens neben Bundespräsident Wulff und Schwedens Königin Silvia das dritte lebende Staatsoberhaupt, das aus Deutschland kommt, ist Staatsgast. Und er hält eine Rede vor dem Deutschen Bundestag in Berlin, die mit Spannung erwartet wird. Ein zweiter Schwerpunkt der Reise wird die Ökumene.
Dazu äussern sich u.a. der Päpstliche Nuntius Erzbischof Jean-Claude Périsset, Erzbischof Robert Zollitsch von Freiburg, der Unionspolitiker Hans-Gert Pöttering und – zur Ökumene – der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider.
(rv/domradio/adenauer-stiftung)
Schreibe einen Kommentar