Planmässige Zerstörung der Ehekultur
Die deutsche Verfassung stellt Ehe und Familie unter einen besonderen Schutz
Die Tagespost, 29.07.2011
Die deutsche Verfassung stellt Ehe und Familie unter einen besonderen Schutz. Neue Förderprogramme spiegeln das aber nicht wider. Die gut vernetzte Homo-Lobby treibt eine vollständige Gleichstellung immer weiter. Mit Erfolg. Von Norbert Geis
In unserer Verfassung werden Ehe und Familie als höchste Rechtsgüter herausgestellt. Sie stehen beispielsweise in einer Reihe mit Artikel 1 GG, Würde des Menschen, oder mit Artikel 2, Recht auf Freiheit und Recht auf Leben. Wörtlich heisst es in Artikel 6 I GG: “Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung“. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus: Wir erleben täglich, dass in den Massenmedien die zentrale Bedeutung von Ehe und Familie heruntergespielt wird.
Die Ehe wird als eine überholte Lebensform von Mann und Frau abqualifiziert. Staat und Justiz wehren sich kaum gegen diese Angriffe. Tatenlos nehmen sie alle Bestrebungen hin, die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften gleichwertig neben die Ehe zu stellen. Das Ziel ist, die Privilegierung der Ehe abzuschaffen und sie als gleichrangige Personengemeinschaft mit anderen Gemeinschaften zu egalisieren. Dies widerspricht dem klaren Gebot unserer Verfassung, es wird aber mehr und mehr zur Realität.
Dabei ist es wahr, dass sich viele junge Menschen nicht mehr trauen, den Bund fürs Leben einzugehen. Die Zahl der Eheschliessungen ist seit Jahren rückläufig. Zwar scheint dieser Trend inzwischen gestoppt. Die Eheschliessungsrate hat sich 2008/2009 auf niedrigem Niveau stabilisiert: 2008 haben sich 377 055 Paare vor dem Standesbeamten das Ja-Wort gegeben, 2009 waren es 378 439. Dem stehen aber im gleichen Zeitraum im Verhältnis zu den Eheschliessungen knapp 50 Prozent Scheidungen mit jährlich 200 000 Scheidungskindern gegenüber. Die folgenschweren Auswirkungen dieser Entwicklung auf die Gesellschaft sind enorm.
Ehe und Familie gehören zu den Grundlagen des Staates
Diese “fortwährende Zerstörung der Ehekultur”, wie Manfred Spieker diese Entwicklung bezeichnet, destabilisiert unsere Gesellschaft. Ehe und Familie gehören zu den Grundlagen unseres Staates und unserer Kultur. Deswegen stehen sie “unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung”. Statt vor dieser zerstörerischen Entwicklung zu kapitulieren, wäre es Aufgabe der Politik, sich dieser allmählichen Zerstörung zu widersetzen. Wir erleben jedoch, dass dieser Missstand allenfalls verwaltet, nicht aber beseitigt wird. Dabei hätte die Politik die Mehrheit der Bevölkerung auf ihrer Seite. Allensbach stellt seit Jahren immer wieder fest, dass die meisten jungen Frauen und Männer entgegen der Gender-Mainstreaming eine dauerhafte, eheliche Beziehung, geprägt von gegenseitiger Treue, als Ideal ansehen. Sie haben den Wunsch nach Kindern. Über 80 Prozent sind der Meinung, dass die beste Voraussetzung für das Heranwachsen der Kinder ein gegenseitig gutes Verständnis der Eltern ist. Die frühere Familienministerin von der Leyen favorisiert dagegen andere Lebensformen als die Ehe (7. Familienbericht, Deutscher Bundestag, Drucksache 16/1360, Seite 126). Eine solche Politik hilft nicht weiter. Sie ignoriert ihren Auftrag. Sie findet sich kraftlos mit den Verhältnissen ab, statt sie zu verändern.
Dabei stellt der Staat für die Familienpolitik durchaus viel Geld zur Verfügung. Bund, Länder und Gemeinden bringen jährlich etwa 115 Milliarden Euro für die Familien auf. Mit diesem vielen Geld werden aber zum Teil falsche Akzente gesetzt. Das gilt insbesondere für das Elterngeld, für das 2009 4,45 Milliarden Euro und 2010 4,583 Milliarden Euro aufgewendet wurden. Diese gewaltige Summe kommt jedoch nur den erwerbstätigen Frauen, wenn sie ein Kind bekommen, zugute. Die nicht erwerbstätigen Mütter werden benachteiligt. Früher bekamen sie nach der Geburt eines Kindes für 24 Monate ein Erziehungsgeld von monatlich 300 Euro. Jetzt erhalten sie diesen Betrag nur noch für 12 Monate. Das Erwerbsleben hat Vorrang. Gefördert werden nicht Ehe und Familie, sondern der Arbeitsmarkt.
Genau in die gleiche Richtung geht das Kinderförderungsgesetz vom Dezember 2008. Danach sollen 750 000 Kita-Plätze ausgebaut werden, damit die erwerbstätige Mutter möglichst früh wieder in ihren Beruf zurückkehren kann. Die Kosten, die die Öffentliche Hand für die Betreuung der Kleinkinder in der Kita aufwenden muss, betragen monatlich 800 Euro pro Kind. Die Mütter, die in den ersten drei Jahren ihr Kind daheim umsorgen und erziehen wollen, gehen leer aus. Viele Frauen wollen aber ihre Kinder nicht in die Kita schicken. Sie haben jedoch keine andere Wahl. Sie müssen sich eine Erwerbstätigkeit suchen und ihr Kind in der Kita abgeben, weil das Familieneinkommen nicht ausreicht. Man gönnt ihnen nicht einmal das geplante Betreuungsgeld von nur 150 Euro. Dies ist keine Politik im Sinne von Artikel 6 I GG. So werden Ehe und Familie geschwächt. Dabei ist die Familie der wichtigste Ort für die Erziehung der Kinder. Das gilt insbesondere für die Kinder unter 3 Jahren. Die Kita kann die Familie nicht ersetzen.
Den grössten Angriff gegen Ehe und Familie leistet sich aber die Homo-Lobby. Ganz ungeniert und offen, ohne jegliche Rücksicht auf den verfassungsmässigen Vorrang von Ehe und Familie, versucht sie seit Jahren, die Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften mit der Ehe durchzusetzen. Dabei ist sie sehr erfolgreich. Weite Teile der Politik und auch das Verfassungsgericht in seiner Verfassungsvergessenheit helfen mit, diese Gleichstellung so schnell als möglich zu schaffen.
Die Homo-Lobby unterhält mit grossem Erfolg in der Politik ein dichtes Kommunikationsnetz. Sie hat enge Kontakte zu Bündnis 90/Die Grünen. Die SPD zieht mit. Auch in der CDU hat sie sich längst eingenistet. SPD und Bündnis 90/Die Grünen sahen nach der Regierungsübernahme 1998 eines der wichtigsten Ziele darin, die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften mit der Ehe durchzusetzen. Dies geschah mit dem ersten Gleichstellungsgesetz von 2001. Kurz vor Ende ihrer Regierungszeit im Jahre 2005 hatten sie mit dem Ergänzungsgesetz zum Lebenspartnerschaftsgesetz ihr Ziel schon fast erreicht. Schliesslich ist aber auch die jetzige Koalition in diesem Fahrwasser geblieben. Am 30. Juni 2011 verabschiedete der Bundestag einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, mit welchem die vollständige Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften mit der Ehe im Recht des Öffentlichen Dienstes des Bundes, soweit es sich um ehebezogene Regelungen handelt, hergestellt wurde.
Blauäugige Argumentation des Verfassungsgerichts
Zu ihrem Gesetzentwurf sah sich die Bundesregierung durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 7. Juli 2009 gezwungen. Schon mit Urteil vom 17. Juli 2002 öffnete das Verfassungsgericht die Türen zur vollständigen Gleichstellung dieser beiden Institute. Allerdings hat das Gericht 2002 noch anerkannt, dass es sich bei der Ehe um ein “aliud” handele, also um etwas ganz anderes. Diese Argumentation des Gerichtes war jedoch blauäugig. Ungleiches kann man nicht gleich behandeln, ohne es gleich zu machen. Dennoch glaubte das Gericht damals, dass durch die Gleichstellung der Lebenspartnerschaft der Vorrang der Ehe nicht berührt werde. Die Privilegierung der Ehe bleibe ja erhalten, auch wenn ein anderes Institut – die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft – daneben gestellt werde, so das Verfassungsgericht. Dass der Verfassungsgeber nur für die Ehe den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung vorgesehen hat, übersieht das Gericht.
Fatale Reduktion auf die sexuelle Orientierung
Mit Urteil vom 7. Juli 2009 hat das Verfassungsgericht diese mit Urteil vom 17. Juli 2002 eingeschlagene Richtung noch übertroffen. Es leitet aus dem Gleichheitssatz (Artikel 3 GG) ab, dass beide Personengruppen, die Eheleute und die gleichgeschlechtlichen Partner oder Partnerinnen, deshalb gleich zu behandeln seien, weil sie beide eine sexuelle Orientierung hätten. Man darf die beiden Institutionen jedoch nicht auf die sexuelle Orientierung reduzieren und diese zum wichtigsten Vergleichspunkt erheben. Das ist viel zu trivial und wird beiden Institutionen nicht gerecht. Das Gericht hat ganz offensichtlich nicht begriffen, weshalb in der Verfassung Ehe und Familie als Höchstwert normiert sind. Die Verfassung normiert ausschliesslich nur höchste Rechtsgüter. Dazu zählen Artikel 1 GG Würde des Menschen oder Artikel 2 GG Recht auf Freiheit und Recht auf Leben. Dazu zählt der Gleichheitssatz in Artikel 3 GG. In der Reihe dieser höchsten Rechtsgüter steht auch Artikel 6 GG, Ehe und Familie. Die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, die das Gericht auf eine Stufe mit der Ehe stellen möchte, stehen dort nicht. Es handelt sich bei Artikel 6 GG nicht um eine unverbindliche Deklaration, sondern um einen Befehl der Verfassung an alle Staatsorgane, Ehe und Familie ganz besonders zu schützen. Dieser Befehl gilt ausdrücklich nicht für andere Personengemeinschaften. Ehe und Familie haben vom Verfassungsgeber diesen Vorrang deshalb erhalten, weil durch die Ehe und durch die Familie die Generationenfolge, also der Bestand des Volkes, gewährleistet wird und weil Ehe und Familie den wichtigen Auftrag haben, das Humanvermögen zu erhalten, weiterzugeben und zu vermehren. Diese vitalen Funktionen von Ehe und Familie verbieten es, gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ehegleiche Rechte einzuräumen und die Nichtberücksichtigung dieser Partnerschaften in der Rechtsordnung als Diskriminierung zu bezeichnen, wie Spieker ausführt.
Diesen klaren Willen des Verfassungsgebers haben Parlamente, haben Regierung und Verwaltung und haben vor allem die Wächter der Verfassung zu achten. Wer diese Entscheidung verändern will, muss die Verfassung ändern, aber nicht durch einfaches Gesetz, sondern mit der dafür in Artikel 79 II GG vorgesehenen 2/3 Mehrheit im Bundesrat und Bundestag. Weder im Bundestag noch im Bundesrat wird sich aber eine solche qualifizierte Mehrheit für eine Änderung der Verfassung finden.
Es ist an der Zeit, dass sich die Fachwelt, die Politik und vor allem das Verfassungsgericht mit der Frage beschäftigt, ob entgegen dem Willen des Verfassungsgebers in unserer Rechtsordnung die angestrebte Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit der Ehe durch einfaches Gesetz durchgesetzt werden darf. Wird die Lebenspartnerschaft genauso privilegiert wie die Ehe, werden auch andere Gemeinschaften nach dieser Privilegierung rufen. Dann wird es die Privilegierung von Ehe und Familie nicht mehr geben. Die Ehe wird ihre Vorrangstellung verlieren. Die Zerstörung der Ehekultur wird weiter voranschreiten.
Norbert Geis (CSU) ist Mitglied der Unions-Bundestagsfraktion.
Hintergrund
Bedenken von Verfassungsrechtlern, entschiedene Kritik von der katholischen Kirche und der Unionsfraktionen hatten nichts genutzt: Seit dem 1. August 2001 können homosexuelle Paare eine Homo-“Ehe” schliessen. Zehn Jahre nach der Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft in Deutschland haben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes mehr als 23 000 Homosexuelle diesen Schritt gewagt. Bei der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes 2001 boten eingetragene Lebenspartnerschaften im Vergleich zu bürgerlichen Ehen weniger Rechte. Seitdem haben sich weite Teile der Politik, insbesondere die Grünen, für eine weitgehende Gleichstellung homosexueller und heterosexueller Paare stark gemacht und eine Gleichstellung mit der bürgerlichen Ehe in weiteren Bereichen erzielen können. Unionspolitiker kritisierten vergeblich, dass der besondere Schutz von Ehe und Familie im Grundgesetz ausgehebelt werde. Kurz vor der Sommerpause hat der Bundestag eine weitgehende Gleichstellung von Homo-Paaren im Dienstrecht der Bundesbeamten verabschiedet. Und auch bei der Erbschaftssteuer dürfen Homosexuelle nicht mehr benachteiligt werden. Doch die Gleichstellung soll noch weiter gehen: Als ein neues Betätigungsfeld hat sich die Homo-Lobby nun das Adoptionsrecht sowie die Ungleichbehandlung bei der Einkommenssteuer ausgesucht. Ein Gesetzesentwurf der Grünen, der die Adoption für gleichgeschlechtliche Ehepaare ermöglichen soll, wurde bereits in Bundestagsausschüssen diskutiert. Gegner kritisierten, dass die Interessen Homosexueller im Vordergrund stehen und nicht das Kindeswohl. Bei der Einkommenssteuer will das Bundesverfassungsgericht noch in diesem Jahr eine Entscheidung fällen. Nach dem Entscheid bei der Erbschaftssteuer ist mit einer Gleichstellung auch hier zu rechnen.
Sakrament.der.Ehe
Das.Sakrament.der.Ehe: Die Vorbereitung: Päpstlicher Rat für die Familie
Sakramentale.Ehe: Papst Benedikt XVI.
Tag.der.Ehe: Bistum Chur
Päpstlicher.Rat. für die Familie
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